Frage: Ich habe mal eine Frage: unsere Schildkröten füttern wir mit Gewächsen, die auf unserem Rasen wachsen, also Klee, Löwenzahn usw. Da unser Rasen jetz im Frühjahr wieder mal dringend eine Dünguing bräuchte, wollte ich nachfragen, ob ich nach der Düngung trotzdem das Futter weiterhin verwenden  kann. Haben Sie andere Erfahrungen und Tipps für mich?
S.A.
 
Antwort: Ich würde die Futterpflanzen von einem frisch gedüngten Rasen sicherheitshalber nicht sofort an Schildkröten verfüttern. Warten Sie damit zumindest die ersten Regenfälle, nach Möglichkeit aber den ersten Rasenschnitt jetzt im Frühjahr ab.
 

Eine der Schildkröten-Futterpflanzen, die im zeitigen Frühjahr in einigen Gärten und häufig auch im Schatten feuchter und nährstoffreicher Laubwälder gedeihen, ist der Bärlauch (Allium ursinum). Dieses Bild meines Bärlauchfeldes unter unserem Haselnussstrauch im Garten entstand vor wenigen Tagen, zu einer Zeit mit noch frostigen Nächten, wo es auf Wiesen, Äckern und Waldrändern noch kaum andere Wildkräuter gab. Da meine noch nicht abgegebenen Schildkröten-Babys normalerweise Ende Februar wach sind, ist der nach Knoblauch riechende, wurmtreibende, gesunde Bärlauch ein gutes Futter zum Untermischen unter ausgewählten Salaten und geraspelten Möhren. Sobald meine adulten Schildkröten vom Keller-Überwinterungsraum ins Freigehege kommen, wird ihnen ebenfalls Bärlauch angeboten. Mit der Blüte im April/Mai ist dann allerdings die Bärlauch-Zeit vorüber; wenig später vergilben die Pflanzen und ziehen ein. Foto: Horst Köhler

 
Vorschlag: Sie können Klee, Löwenzahn, Spitzwegerich, Breitwegerich, die auch im Winter verfügbare Sternmiere und so manche anderen Futterpflanzen für Landschildkröten in eine Ecke des Rasens setzen; diese Fläche sparen Sie dann beim regelmäßigen Düngen - und Rasenmähen - aus. Denken Sie daran, dass die Schildkröten in ihrem natürlichen Lebensraum nur im Frühjahr und dann wieder im Spätherbst saftige Grünpflanzen vorfinden, nicht aber in der heißen Jahreszeit, in der die Vegetation in Südeuropa zunehmend verdorrt. Solche dürren Sommerpflanzen sind arm an Kalorien, Eiweiß und Kohlenhydraten, dafür aber reich an Rohfasern, Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen. Bieten Sie also im Sommer mögllichst rohfaserrreiche oder selbst getrocknete Futterpflanzen an oder überstreuen Sie das angefeuchtete Grünfutter mit im Zoohandel erhältlichem zerkleinertem Trockenfutter (Quelle: Schildkröten-Internethändler oder z.B. Dehner oder Acrobs). Natürlich fressen dies die Schildkröten nicht von Anfang an mit großer Begeisterung: geben Sie also zunächst nur wenig ballaststoffreiches Trockenfutter auf das gewohnte Grünfutter. Während Sie Letzteres immer mehr reduzieren, erhöhen Sie den Trockenfutteranteil mehr und mehr. Bei größeren Pellets, Presslingen oder Heu dauert es nach meiner Erfahrung sehr viel länger, bis die Tiere es fressen.
Sollten Sie gepresstes Trockenfutter im Zoogeschäft kaufen, dann achten Sie auf einen möglichst hohen Rohfaseranteil, z.B. 20-30 % und auf ein Verhältnis von Calcium zu Phosphor von etwa 1,5 oder mehr.
 
Wichtig erscheint mir, dass Sie möglichst viele Futterpflanzen gleichzeitig anbieten und nicht etwa ausschließlich nur Löwenzahn oder nur Zaunwicken. Denn nur ein breites Futterangebot enthält auch die große Bandbreite an Inhaltsstoffen, die Landschildkröten zur ausgewogenen Ernmährung benötigen. Wer schon einmal eine wild lebende Landschildkröte für ein paar Stunden auf ihrem Weg durch ihr Terrain verfolgt hat, wird feststellen, dass sie mal von dem Pflänzchen ein kleines Stück abbeißt, dann von einem anderen vielleicht zwei oder drei Blätter anfrisst, um sich ansschließend auf die Suche nach weiteren Wildpflanzen zu machen.
 
Weitere Informationen zum Thema Futterkunde bei Landschildkröten finden Sie z.B. in meinem Buch "Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys" (Inhalt und Bestellmöglichkeiten siehe Rubrik "Schildi-Buch").
 
Dieser Beitrag wurde am 29. März 2015 online gestellt.