Frage: Wir haben zwei Griechische Landschildkröten, die geschätzt etwa fünf Jahre alt sind und 178 g (Soki) bzw. 165 g (Morti) wiegen. Wir haben sie von einer Halterin übernommen, die wohl nicht alles richtig gemacht hat; die beiden waren bei der Übernahme auch schon etwas höckrig. Bis vor Kurzem waren sie draußen auf dem Balkon, und zwar in einem Terrarium mit einem eigenen Freilaufgehege-Anbau. Vor einigen Tagen waren wir mit den beiden zur Untersuchung bei unserer Tierärztin, die feststellte, dass die Schildkröten für ihr Alter zu wenig wiegen. Sie meinte, dass mit diesem Gewicht eine Winterstarre eher gefährlich wäre. So haben wir uns dazu entschieden, die Tiere im kommenden Winter nicht in die Winterruhe zu geben.

Die Tierärztin machte uns außerdem darauf aufmerksam, dass die von uns verwendete Ultra Vitalux-Bestrahlungslampe von Osram nach etwa einem Jahr Betriebszeit schon sehr an Leistung verloren hat und wir eine neue kaufen sollen, damit die Schildkröten besser mit UVA- & UVB-Strahlung versorgt werden. Sie meinte, dass der Organismus durch die Lampe positiv beeinflusst wird. Wir haben ihren Rat befolgt und jetzt eine neue Osram-Lampe im Einsatz.
Optisch und von der Panzerhärte und vom Verhalten her sind die beiden Schildkröten unauffällig. Sie fressen auch normal: Löwenzahn, Klee, Spitzwegerich usw.
Ihr Urin ist weißlich... eine Sepiaschale liegt im Terrarium. Wasser ist natürlich auch vorhanden. Hin und wieder werden sie gebadet. Jetzt hoffen wir, dass sie noch an Gewicht zulegen werden, ohne dass wir sie mästen müssen!
Nachdem ich Ihren UVB-Fachartikel auf schildi-online.eu gelesen habe, wurde ich ein wenig skeptisch bezüglich der Eignung dieser UV-Lampe, da wir ja nicht vorhaben, die Tiere zu "grillen". Dass es eine Einbrennzeit gibt, war mir zum Beispiel bis jetzt völlig unbekannt. Auch die Tierärztin hatte nichts darüber gesagt. Aktuell läuft die Vitalux bei uns 20 Minuten täglich. Möglichkeiten sich zu verstecken haben die Tiere; sie sind also nicht dauerhaft zwangsweise der Strahlung ausgesetzt.
Können Sie mir ein paar gute Tipps & Ratschläge zu diesen beiden Punkten geben?
Herzlichen Dank für Ihre Hilfe und liebe Grüße, A. Sch.

 

Antwort: Auf Rückfrage hin hatte der Besitzer die Umfänge seiner beiden Griechischen Landschildkröten wie folgt durchgegeben:
Soki: Querumfang = 19,5 und Längsumfang = 23 cm
Morti: Querumfang = 20 und Längsumfang = 23 cm.

Zunächst zu den Gewichten Ihrer fünfjährigen Schildkröten, die etwa gleich groß sind: Gehen wir einmal davon aus, dass sie wirklich ein Alter von fünf Jahren haben - Sie können dies aus der hoffentlich vorhandenen EU-Bescheinigung entnehmen; gfls. ist die Vorbesitzerin zu fragen - sollten Griechische Landschildkröten etwa 300 - 350 g wiegen. Geht man aber von den von Ihnen erbetenen, mit einem Zentimetermaß einfach zu messenden Umfängen längs und quer über die höchste Carapaxwölbung aus, dann passt bei Griechischen Landschildkröten nach den von mir ermittelten Wachstumskurven die von Ihnen genannten Gewichte von 178 bzw. 165 g recht gut zu meinem "theoretischen Wert" (= 180 g) (siehe u.a. mein Artikel "Über Schwimmverhalten, Gewichte und Gewichtskurven (Wachstumskurven) von Landschildkröten" in dieser Website; zum Auffinden einfach links am Rand unter der Rubrik "Meist gelesene Artikel" auf den dritten Beitrag klicken). Die Frage ist nur, warum Ihre Schildkröten für ein Alter von (angeblich) fünf Jahren im Wachstum so zurückgeblieben sind. Sind sie aber jünger, was ja nicht ausgeschlossen ist, haben sie Appetit und geben sich (in der warmen Jahreszeit) nicht lethargisch, würde ich mir keine großen Sorgen machen. Ich rate aber zu einer Kotuntersuchung und zur regelmäßigen Gewichtskontrolle: abnehmen sollten die Schildkröten jedenfalls nicht.

Die UVB-Versorgung von Landschildkröten ist zugegebenermaßen ein recht schwieriges Gebiet, das gründliches Erarbeiten erfordert. Nicht umsonst ist mein UVB-Fachartikel in schildi-online.eu so umfangreich ausgefallen. Wer sich aber die Mühe macht, ihn von Anfang an mehrmals durchzuarbeiten, weiß worauf es ankommt und wird beim Erwerb einer UV-Strahlungslampe und ihrem Einsatz im Schildkrötengehege bzw. -terrarium nie mehr einen Fehler begehen. Es würde auch Tierärzten und den Verkäufern in den Zoogeschäften nicht schaden, wenn sie sich diesen Beitrag vornehmen.

Sie haben Ihre Osram-Lampe meiner Meinung nach zu früh ausgetauscht. Nach Herstellerangaben (vgl. die entsprechenden Ausführungen in meinem Buch "Aufzucht europäscher Landschildkröten-Babys") gibt dieses Produkt, eine starke Bräunungslampe zur Anwendung für uns Menschen (!), nach z.B. 700 Betriebsstunden in 50 cm Abstand vom Tier immer noch eine UVB-Dosis von 200 µW/cm2 ab, bei geringerem Abstand natürlich mehr. Bei nur 20 Minuten Bestrahlungsdauer täglich sind 700 Stunden erst nach 5 1/2 Jahren Brenndauer erreicht. Über das Jahr gerechnet, ist die durch die künstliche UVB-Bestrahlung erzeugte Dosis auf Ihre beiden Schildkröten ein Mehrfaches im Vergleich zur Versorgung im natürlichen Lebensraum (allerdings ist mir der genaue Bestrahlungsabstand in Ihrem Terrarium unbekannt): denn zum einen gibt es auch dort Tage, an denen die Sonne nicht scheint, es regnet oder die Schildkröten im Dickicht verschwunden sind, z.B. weil es an heißen Sommertagen in den  Mittagsstunden viel zu heiß ist, andererseits bewirkt die Sonne auf Ihrem Balkon dann eine zusätzliche UVB-Versorgung, wenn die Sonnenstrahlen frei auf die Schildkröten auftreffen können.

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Europäische Landschildkröten, hier ein Pärchen Griechischer Landschildkröten mit einem Maurischen Männchen in meinem Freigehege,  benötigen bei vorwiegender Außenhaltung keine eigene UVB-Bestrahlung durch Lampen. Wie das gegen 9.30 Uhr aufgenommene Bild zeigt, erwärmen sich die Tiere vorwiegend am Morgen an der noch tief stehenden Sonne und erhalten dabei ihre - im Gegensatz zur Meinung vieler Terrarianer eher mäßige - UVB-Versorgung. Wenn die Sonnenstrahlung gegen Mittag intensiver ist und damit auch die am Boden ankommende UVB-Intensität, sitzen die Tiere nicht mehr ungeschützt an der Sonne, sondern vorwiegend im Halb- und Vollschatten. An solchen Ruheplätzen ist die UVB-Intensität in der Regel gering, obwohl die Sonne zu diesem Zeitpunkt ihr UVB-Maximum im Tageslauf erreicht hat. Gleiches gilt auch für wild lebende Europäische Landschildkröten. Foto von Horst Köhler.

Aus diesen Gründen setze ich zur UVB-Versorgung meiner tropischen Schildkröten, die sich ab Herbst bis zum Frühjahr in ihrem Innengehege im Haus befinden, einen 26-W-UVB-Kompaktstrahler ein, der über eine Zeitschaltuhr etwa 6-7 Stunden täglich in Betrieb ist. Meine europäischen Landschildkröten, die ganzjährig im Freigehege leben, erhalten überhaupt keine künstliche UVB-Strahlung; die natürliche Sonnenstrahlung reicht zur UVB-Versorgung völlig aus, auch wenn die Schildkröten an kühlen oder regnerischen Tagen nicht aus ihrer Schutzhütte kommen.

Horst Köhler (29. September 2014)