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In Ihrer Ausgabe vom 8. Februar 2016 berichtet die in Kalifornien beheimatete US-Terrarienzeitschrift REPTILES über eine geglückte Blasenstein-Operation bei einer juvenilen Spornschildkröte (Geochelone / Centrochelys sulcata). Der Besitzer des etwa 6 Jahre alten und bereits rund 25 kg schweren Tieres stellte seine Schildkröte zunächst wegen Nasenblutungen bei seinem örltichen Tierarzt vor. Als dieser die Schildkröte röntgte, entdeckte er einen Blasenstein im Abdomen, der die Größe eines Softballes besaß. Daraufhin wurde der Besitzer an eine Spezial-Tierklinik der BluePearl Veterinary Partners in Tampa, Florida, verwiesen, wo sich der Tierarzt Dr. Peter Helmer der Schildkröte annahm. In einer insgesamt fünfstündigen Operation eröffnete er den Bauchpanzer (Plastron) mit einer chirurgischen Spezialsäge, entfernte den Stein (siehe Bild) und verschloss anschließend die Öffnung wieder mit enem besonderen Epoxidharz. In den Tagen nach dem Eingriff bekam die Schildkröte Schmerzmittel und ein Antibiotikum. Nach dem Bericht in REPTILES erholte sie sich rasch wieder. Ohne die OP wäre sie wohl langsam und unter Schmerzen an Nierenversagen verendet.
Dieses Bild zeigt den Blasenstein nach der Entnahme aus dem Körper der Spornschildkröte im Vergleich zu einer amerikanischen Geldmünze. Foto: BluePearl Veterinary Partners, USA.
Blasensteine entstehen oft bei überwiegender Verfütterung von Schildkrötenfutter mit hohem Eiweißgehalt (Proteingehalt) und/oder bei zu trockener Haltung. Zu den besonders eiweißreichen Futtersorten für Landschildkröten zählen beispielsweise die Brennnessel mit 25 % Eiweiß in der Trockensubstanz (TrS) sowie einige handelsübliche Salatsorten, wie z.B. Endivien oder Ruccola mit jeweils etwa 30 % Eiweiß i. d. TrS, während in der Fachliteratur für Wiesenheu nur 12 % i. d. TrS und für Möhren nur 8 % i.d. TrS angegeben werden.
Horst Köhler
Dieser Beitrag wurde am 29. Februar 2016 online gestellt.
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von Horst Köhler, Friedberg
Umfrage von Gunda Meyer De Rojas
Die Schildkröten-Expertin Gunda Meyer De Rojas hat auf ihrer Internetseite testudoland.npage.de/ sowie im Schildkrötenportal "Testudowelt" am 19.9.2014 interessante Ergebnisse über eine von ihr durchgeführte Umfrage zur Überwinterung von Landschildkröten (Hibernation) veröffentlicht.
Im Frühjahr 2014 hatte Frau Meyer insgesamt 321 Schildkrötenhalter aus ihrem Bekanntenkreis und aus Schildkröten-Foren danach befragt, wie sie ihre Schildkröten überwintern. Fast genau die Hälfte, nämlich 159 Halter, hatten ihre Tiere im letzten Winter 2013/14 im Kühlschrank überwintert, 33 % im Frühbeet bzw. Gewächshaus, 12,5 % im Keller und der Rest von 3,5 % in der Garage, im Schuppen, Gartenhaus bzw. im Freiland. Jeder zweite Schildkrötenbesitzer überwintert also seine Tiere nach dieser (natürlich nicht ganz repräsentativen) Umfrage im Kühlschrank, vielleicht eine Folge der Empfehlung vieler reptilienerfahrener Tierärzte, Landschildkröten im Kühlschrank zu überwintern.
Im Winter 2012/13 überlebten 22 Schildkröten der damals Befragten die Überwinterung nicht, im letzten Winter 2013/14 waren es mit 21 Tieren fast genauso viel. Zu 40 von diesen 43 in zwei aufeinanderfolgenden Wintern eingegangenen Schildkröten wurde auch der exakte Überwinterungsort angegeben. Und nun das Überraschende: 31 von 40 der während oder kurz nach der Winterruhe gestorbenen Schildkröten, also 77,5 %, wurden im Kühlschrank überwintert. In den allermeisten Fällen trat der Tod überraschend ein (keine bekannten Vorerkrankungen, keine eingewinterten Risikokandidaten, korrekte Vorgehensweise wie Temperaturüberwachung, Luftaustausch im Kühlschrank usw.); nur sechs Halter gaben zu, möglicherweise Risikotiere eingewintert zu haben.
Gerade die Kühlschranküberwinterung wird, wie erwähnt, von reptilienkundigen Fachtierärzten besonders gerne und nachhaltig empfohlen. Doch wenn nachweislich von 40 während oder kurz nach der Überwinterung eingegangenen Landschildkröten 31 im Kühlschrank überwintert hatten und lediglich 9 an anderen Orten (Frühbeet, Keller usw.), muss dies nachdenklich stimmen.
Was sind nun aber die Ursachen der offensichtlich wenig sicheren Überwinterungsstätte "Kühlschrank"? Sind es die über Wochen hinweg konstanten Temperaturen? Waren es in ihnen zu kalt? War es zu feucht oder zu trocken? Haben vielleicht die ständigen Vibrationen des Kühlschranks mit den erhöhten Ausfällen zu tun?
Kommentar des Autors
Die vermeintlich ideale Überwinterungsmöglichkeit für unsere mediterranen Landschildkröten weicht in vielerlei Hinsicht von der tatsächlichen Situation im natürlichen Lebensraum ab. Der markanteste Unterschied für mich ist, wie bereits im vorstehenden Absatz angedeutet, die Temperatur während der Hibernation. Viele Halter stellen ihren Kühlschrank auf Werte von 5 °C und noch weniger ein und überwintern ihre Schildkröte(n) bei diesen unverändert tiefen Temperaturen vier bis fünf Monate lang. In der Natur gibt es jedoch derartige gleichbleibende Umgebungsbedingungen nicht. Wer sich der Mühe unterzieht, Schildkrötenbiotope in Südeuropa nicht in der Touristensaison, sondern im zeitigen Frühjahr und/oder im November und Dezember aufmerksam zu durchstreifen, wird schon in der ersten, spätestens der zweiten Februarhälfte bzw. noch Ende November bis Mitte Dezember immer wieder Schildkröten entdecken, die sich bei schönem Wetter an der Sonne erwärmen und sogar ab und zu ein Stück von einer Futterpflanze abbeißen. Sobald sich dann Schatten über das Areal ausgebreitet hat, verschwinden sie nach ein oder zwei Stunden wieder in ihren Überwinterungsverstecken. Sie setzen sich also recht unterschiedlichen Umgebungstemperaturen zwischen 5 °C (nachts) und etwa 20 °C (an der Sonne gemessen) aus. Auffällig ist auch, dass sich die Wildtiere im sehr zeitigen Frühjahr vorübergehend sogar bei Regen außerhalb ihrer Verstecke aufhalten, um bewusst Wasser aufzunehmen. Dies dient dazu, die während der Hibernation zwangsläufig entstehenden Giftstoffe im Organismus zu verdünnen und über Niere und Blase auszuscheiden (G Jennemann: "Panzerröte bei Landschildkröten nach der Hibernation - was sind die Ursachen? SCHILDKRÖTEN IM FOKUS 10 (2), 2013, S. 3 ff).
Wie man leicht aus den im Internet zugänglichen Wetterdaten der Schildkrötengebiete ersieht, gibt es dort im Dezember und Januar durchaus Tage, an denen das Thermometer auf 12 °C oder mehr klettert. Zwar kommen diese Temperaturpeaks nicht in voller Höhe in den schützenden Verstecken der Schildkröten unter dichten Büschen oder unter der Erde an, doch warum die meisten Schildkröten-Autoren vor Überwinterungstemperaturen von mehr als z.B. 6 °C warnen, ist mir angesichts der Gegebenheiten in der Natur unverständlich.
Ich selbst werde nicht unruhig, wenn in meinem Keller, in dem ich meine Landschildkröten überwintere, das Thermometer an wärmeren Wintertagen kurzzeitig mal 15 °C erreichen sollte, selbst dann nicht, wenn sich dann einige Tiere durch leichte Scharrgeräusche bemerkbar machen: zwei oder drei Tage später ist es wieder kälter und die Tiere sind wieder ruhig.
Aufnahme einer adulten männlichen Griechischen Landschildkröte (Testudo hermanni boettgeri) während der letzten Oktobertage, die hier vor der Schildkröten-Schutzhütte die letzten schwachen Sonnenstrahlen genießt. Dieses 1 kg schwere und etwa 20 Jahre altes Tier beschert mir mit seinem Weibchen Jahr für Jahr robuste Nachzuchten. Temperatur zum Aufnahmezeitpunkt außerhalb der sonnenbeschienenen Fläche: 12,5 °C. Foto von Horst Köhler.
Da die Hibernationsdauern in der Natur meist kürzer sind als beim Schildkröten-Halter, versuche ich die Phasen konstant tiefer Temperaturen nicht zu lange werden zu lassen. Meine adulten Schildkröten verbringen deshalb den gesamten Spätherbst bis Anfang Dezember in ihrer Schutzhütte im Freien (im Fall von nächtlichen Minustemperaturen habe ich die Möglichkeit, eine unter dem Substrat liegende 15-W-Wärmematte einzuschalten), wo sie wie in der Natur schwankenden Temperaturen ausgesetzt sind. Sie haben ständig die Möglichkeit, durch eine Flattertüre im Schutzhaus ins Freie zu gelangen, wo sie sich feuchter und frischer Luft und der (schwachen) Sonnenstrahlung aussetzen und Feuchtigkeit oder Wasser aufnehmen können. Hauptvorteil: die Tiere können sich im Verlauf von mehreren Wochen auf die bevorstehende kalte Jahreszeit einstellen. Wenn dann im Dezember die ersten (stärkeren) Nachfröste auftreten, sind die Tiere eingeschlafen und können leicht in die bereitgestellten Überwinterungskartons im Keller umgesetzt werden. Im zeitigen Frühjahr, meist Anfang bis Mitte März (da kann es bei uns im Raum Augsburg durchaus nochmals schneien), beschreite ich den umgekehrten Weg: die teilweise noch schlafenden, teilweise gerade erwachenden Tiere kommen wieder in ihre gesäuberte und mit frischem Substrat gefüllte Schutzhütte im Freigelände, schlafen dort weiter und können frei entscheiden, wann sie das Schutzhaus zum ersten Mal für ein kurzes Sonnenbad verlassen.
Auf diese Weise (siehe auch Horst Köhler: "Aufzucht europäischer Landschildkröten-Babys"; Infos über dieses Buch finden sich nach dem Anklicken des Buttoms "Schildi-Buch" in der Hauptmenü-Leiste) erreiche ich eine weitgehend artgerechte Überwinterung bei schwankenden Temperaturen und vermeide außerdem mögliche weitere Nachteile der Hibernation von Schildkröten im Kühlschrank (die erst noch diskutiert werden müssten), wie z.B. ständige Dunkelheit, möglicherweise unzureichender Luftaustausch, zu trockenes oder zu feuchtes Substrat, Betriebsvibrationen des Gerätes.
Aufruf an unsere Besucher
Das Thema so kurz vor der kommenden Winterruhe unserer Lieblinge ist wichtig genug, weitere Erfahrungen zur Überwinterung von Landschildkröten zu sammeln. Ich lade deshalb alle Besucher von schildi-online.eu ein, ihre Erfahrungen mit der Überwinterung 2013/14 zu schildern. Geben Sie bitte kurz an, wieviele Landschildkröten Sie wie und wo, wie lange und bei welcher Temperatur im letzten Winter überwintert haben (bitte auch das Alter der Tiere angeben) und ob es Todesfälle gab. Halten Sie sich dabei bitte möglichst kurz, da wir Ihre Rückmeldungen im Anschluss an diesen Artikel zeitnah online stellen wollen. Wer nicht mit vollem Namen, sondern nur mit Ihren Initialen aufgeführt werden möchte, soll dies bitte erwähnen. Schildkrötenfreunde, die ihre Erfahrungen im Frühjahr 2014 bereits Frau Meyer mitgeteilt hatten, sollten sich allerdings nicht mehr melden.
Zuschriften werden per Email an schildi-online(at)web.de oder an Fax 0821/781149 erbeten. Natürlich können Sie auch einen Brief schicken - die Postanschrift finden Sie im Hauptmenü unter "Impressum & Kontakte". Ich weiß, dass die Website schildi-online.eu erfreulicherweise zwar sehr gut besucht wird, dass aber Zuschriften (Pro- oder Contra-Stellungnahmen, eigene Erfahrungen, Artikel- und Fotoangebote) leider eher die Ausnahme darstellen. Es wäre deshalb schön, wenn es bei diesem wichtigen Thema einmal anders wäre. Warten wir's ab...
Dieser Beitrag wurde am 26. Oktober 2014 online gestellt.
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Ein sehr interessanter und zugleich äußerst umfangreicher Haltungs- und Zuchtbericht über die Ägyptische Landschildkröte (Testudo kleinmanni), die kleinste Landschildkrötenart des Mittelmeerraumes, füllte unlängst die gesamte August-Ausgabe 2011 der Zeitschrift Radiata, die von der DGHT-AG Schildkröten herausgegeben wird: 30 Druckseiten, 43 Farb- und Schwarzweißfotos und mehrere ganzseitige Tabellen über Details der Gelegeentwicklung aller Weibchen der Autorin Sabine Branser aus Sachsen stellen eine genaue Dokumentation ihrer Haltungsbedingungen und ihrer Zuchterfolge dar. Das Heft kann über die DGHT-Geschäftsstelle, Postfach 1421, 53351 Rheinbach, Tel. 02225 / 703 333 bezogen werden.
Doch nicht die für Schildkrötenbeiträge ungewöhnliche Länge des Artikels ist das Bemerkenswerte, sondern die Tatsache, dass Pflege und Zucht in einigen wesentlichen Punkten von den Aussagen anderer Autoren zum Thema T. kleinmanni deutlich abweichen. Und trotzdem kann die Autorin auf vitale und gesunde Nachzuchten verweisen, bisher bis hin zur F2-Generation.
Sabine Branser hält ihre Ägyptischen Landschildkröten in ihrer Wohnung in mehreren geschlossenen, handelsüblichen Terrarien (Bild 1). Die Abmessungen des größten Behälters sind 120 x 60 x 60 cm. Das nächst kleinere Terrarium misst 100 x 60 x 50 cm. Darin hält sie jeweils drei bis vier adulte Tiere. In beiden Terrarien befindet sich auch je ein Eiablagehügel. Als Bodengrund für semiadulte und adulte Schildkröten verwendet sie Sand (teilweise mit Lehm vermischt) und Pinienrinde mittlerer Körnung. Zur Einrichtung zählen Korkeichenrindenstücke, Weidebrücken, Blumentopfteile und tropische Pflanzen.
Da Frau Branser keinen Garten besitzt, sondern nur einen Balkon hat, setzt sie ihre Tiere (bei entsprechend warmer bzw. sonniger Witterung) für einige Stunden in oben offene Terrarien auf den Balkon, um ihnen gelegentlich den Aufenthalt im natürlichen Sonnenlicht zu ermöglichen.
Die feuchtigkeitsliebenden Schlüpflinge werden in ihren ersten Lebenswochen sicherheitshalber auf Küchenrollenpapier gehalten.Dem Flüssigkeitsbedarf der Babys wird dadurch nachgekommen, dass flache, mit Trinkwasser befüllte Blumentopfuntersetzer im Terrarium stehen und darauf geachtet wird, dass stets Wasser darin ist. In den Schlafhöhlen sorgt zusammengeknülltes befeuchtetes Küchenrollenpapier für eine feuchte Umgebung und kühlere Rückzugsmöglichkeiten. Das Papier wird regelmäßig nachgefeuchtet.
Auch in den Terrarien für die semiadulten Schildkröten befinden sich Blumentopf-Untersetzer mit Trinkwasser. Die Luftfeuchtigkeit in den Behältern mit den adudlten Tieren wird durch das angefeuchtete Futter (ein bis zwei Mal täglich diverse Wildkräuter, Blüten und Salatsorten, gelegentlich auch dünn geschnittene Obststückchen), das Gießwasser für die Pflanzen und durch eine gelegentliche Befeuchtung des Sandes bzw. Sand-Lehmgemisches kontrolliert. Vernebelungsgeräte kommen nicht zum Einsatz, ja, es wird nicht einmal regelmäßig Wasser gesprüht.
Für die Versorgung der Schildkröten mit Kalk verwendet die Autorin zerstoßene (vorher abgekochte) Eierschalen, Sepiaschalen und gelegentlich ein Nahrungsergänzungs-Präparat namens "Calci delice", eigentlich für Hunde und Katzen gedacht.
Bild 1: Korkrindenstücke und Weidenbrücken schaffen nicht nur Versteck- und Schlafplätze sowie Klettermöglichkeiten, sondern erweitern den Bewegungsraum.
Bei der Bestrahlung der Ägyptischen Landschildkröten wird nicht an Kosten gespart und auch nicht auf gefälliges Aussehen geachtet, denn es werden HQI-Strahler, Leuchtstoffröhren, UVB-Kompaktlampen und Spotstrahler in Kombination eingesetzt. Damit stellen sich folgende Temperaturen in den Terrarien, z.B. für adulte und semiadulte Tiere, ein: Schlafplätze/Versteckhöhlen 23 – 25 °C, Sonnenplatz 30 – 42°C und im Sommer an Nachmittagen am Eiablageplatz bis zu 45 °C. In den Behältern für die Schlüpflinge werden an den Sonnenplätzen 32 – 36 °C erreicht. Diese Werte können je nach Jahreszeit und damit der Zimmertemperatur schwanken.
Was bei anderen Züchtern von Testudo kleinmanni wohl nicht üblich ist: täglich erfolgt zwischen 12 und 14 Uhr eine Beleuchtungspause.
Zu den markantesten Unterschieden zu früheren Berichten über die Haltung der Ägyptischen Landschildkröte zählt, dass die Tiere bei Sabine Branser eine Sommerruhe nur in sehr abgeschwächter Form halten. Fast alle ihre Schildkröten fressen den gesamten Sommer über, wenn auch deutlich weniger als in der übrigen Zeit. Nur ein einziges Tier hielt bei der Autorin bisher einmal eine mehrwöchige Sommerruhe ein.
Ein weiterer großer Unterschied fällt beim Wachstum auf, denn die Schildkröten der Autorin des hier referierten Artikels wachsen schneller und sind auch früher geschlechtsreif, als dies von anderen Publikationen her bekannt ist (Bild 2). Leider gibt es entsprechende Angaben über wild lebende Ägyptische Landschildkröten nicht, so dass man die Erfahrungen von Frau Branser, ebenso wie die anderer Autoren, auch nicht bewerten kann; nicht einmal Wachstumskurven mit dem Gewicht wild lebender Tiere aufgetragen über ihrer Größe (als Produkt des Längs- und Querumfanges), wie ich sie für wild lebende Maurische Landschildkrölten ermittelte und veröffentlichte, existieren als Orientierungshilfe.
So legte beispielsweise ein im Mai 2007 geschlüpftes Weibchen schon Anfang Februar 2010 seine beiden ersten Eier (allerdings unbefruchtet), vier Wochen später das zweite Gelege (3 Eier, befruchtet) und Anfang April des gleichen Jahres bereits das dritte (2 Eier, befruchtet). Die Männchen der Autorin wiegen nach 1 ½ bis 2 Jahren rund 100 g und befruchten ab einem Gewicht von 150 g erfolgreich. Erstaunlich ist auch die oftmalige Eiabgabe der Weibchen: das älteste Weibchen der Autorin setzt im Jahr 8 bis 12 Gelege mit jeweils 1 bis 3 Eiern je Gelege ab! Kein Wunder, dass das die zuständige Landesnaturschutzbehörde misstrauisch sieht.
Bild 2: Dieses Bild zeigt einen Paarungsversuch von zwei erst im Jahr 2008 geschlüpften Nachzuchten von Sabine Branser. Beide Fotos mit freundlicher Genehmigung von S. Branser.
Sabine Branser brütet die Eier ihrer Weibchen, in feuchtes Vermiculit gelegt (aber nicht vergraben), in zwei Inkubatoren aus, wobei sie neuerdings eine Feuchtigkeit von 70 – 75 % anstrebt. Bei einer Bebrütungstemperatur von ca. 29 °C (Zeitigungsdauer 85-130 Tage) schlüpfen ausschließlich Männchen, bei 32 °C (87-142 Tage) Weibchen. Die Schlüpflinge wiegen zwischen 4 und 6 g, nach drei Monaten erreichen sie bereits etwa das Doppelte.
Referierte Literatur:
Branser Sabine (2011): Langjährige Erfahrungen bei der Haltung und Vermehrung der Testudo kleinmanni. RADIATA, Jahrgang 20, Heft 3, August 2011, S. 2-32
Referat: Horst Köhler (online gestellt am 20. September 2011)
Ein weiterer Haltungs- und Zuchtbericht über diese Schildkrötenart als Referat findet sich in der gleichen Rubrik „Interessante Publikationen“ von www.schildi-online.eu: Ägyptische Landschildkröte (Testudo kleinmanni) – mit der Hauptaktivität im Winter. Erfahrungen der Züchterin Alrun Reinarz aus Lübeck, referiert von Horst Köhler am 4.12.2008.
Außerdem, ebenfalls in "Interessante Publikationen": Ägyptische Landschildkröte in Ägypten stark bedroht. Referat von Horst Köhler vom 20.9.2009
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Die in Südwest-Spanien wild lebenden Maurischen Landschildkröten, Testudo graeca, setzen ihre Gelege drei bis vier Mal zwischen April und Juni in flache Eigruben ab. In der wissenschaftlichen Studie, über deren Ergebnisse in dem (bereits 2006 veröffentlichten) Artikel berichtet wird, wurden im natürlichen Verbreitungsraum der Art die Inkubationstemperaturen in den Nestern im April, Mai und Juni über einen Zeitraum von vier Jahren aufgezeichnet. Die durchschnittlichen täglichen Nesttemperaturen während der Inkubation waren 27,9 °C, zeigten aber erstaunlich starke Schwankungen: die maximalen Durchschnittstemperaturen waren ca. 41 °C (auch über Gelegen, die sich entwickelten) und der oberste gemessene Höchstwert überhaupt betrug gar 50 °C. Die Werte waren bei früh abgesetzten Gelegen (April) niedriger als im Mai und Ende Juni, doch im heißesten Monat (Juli) gab es nur sehr geringe Temperaturabweichungen. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Inkubationstemperaturen weitestgehend von der Art der Vegetation über den Eihöhlen beeinflusst werden.
Züchterpech. Zwei erst drei Monate nach dem Ablegen geöffnete Eier einer Griechischen Landschildkröte, Testudo hermanni boettgeri: der linke Embryo starb praktisch vollständig entwickelt kurz vor dem erwarteten Schlupfzeitpunkt ab, der rechte während der frühen Zeitigungsphase. Man beachte den weißen Pilzbefall in den Nähten der Schilde beim linken Embryo. Foto von Horst Köhler.
Die Länge der Zeit bis zum Schlupf der Eier ist umgekehrt proportional zur Nesttemperatur und variierte bei den Untersuchungen im Lebensraum von Testudo graeca zwischen 67 und 129 Tagen. Früher in der Saison abgesetzte Eier benötigten daher bis zum Schlupf länger als die späteren Gelege. Die Schlupfrate lag im Durchschnitt bei 61 %, wobei ein Zusammenhang mit dem Temperaturniveau festgestellt wurde: nicht schlüpfende Eier waren entweder kurzzeitig sehr hohen Spitzentemperaturen oder höheren Temperaturen über eine längere Zeitdauer hinweg ausgesetzt gewesen. Der Zeitpunkt der Ablage der Eier spielt dabei offensichtlich keine Rolle, eher noch Ort und genaue Lage der Eihöhle. Im Monat Juli wurde die Letaltemperatur für Landschildkröten-Embryos öfters erreicht; daher spielt die Art der Vegetationsbedeckung über der Nesthöhle wahrscheinlich eine sehr wichtige Rolle für die Ausbildung möglicher tödlicher Bedingungen in der Eihöhle.
Leider machen die Autoren über die Feuchtigkeit in den Eihöhlen keine Aussage.
Referierte Literatur:
Diaz-Paniagua C., Andreu A.C. und C. Keller: Effects of temperature on hatching success in field incubation nests of spur-thighed tortoises, Testudo graeca. pp. 249-257
Der vollständige englischsprachige Beitrag kann gegen Zahlung einer Gebühr von 28 $ (plus Mehrwertsteuer) aus dem Internet heruntergeladen werden (http://www.ingentaconnect.com/content/bhs/).
Referat: Horst Köhler (8. August 2010)
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Mini-Wachstum bei meiner Spornschildkröte
von Ute Dörr
Die beiden Artikel von Herrn Köhler in dieser Website über das geringe Wachstum, oder sollte man sagen, eher Null-Wachstum, bei doch relativ vielen von ihm beobachteten und in Pflege genommenen Schlüpflingen und Jungtieren der Spornschildkröte haben mich einerseits schockiert, andererseits aber auch beruhigt. Denn ich habe mit „Tusnelda“ ebenfalls eine junge Spornschildkröte, die für die Art viel zu langsam wächst. Bisher habe ich irgendwie immer mir selbst die Schuld für dieses Mini-Wachstum gegeben, doch nun bin ich sehr erleichtert darüber, dass dem wohl nicht so ist. Und dass meine „Tusnelda“ an Gewicht zulegt, wenn auch nur sehr langsam.
Unsere „Nelda“ war im August 2012 bei einem Züchter in Bayern aus dem Ei geschlüpft; sie kam im Januar 2013 zu uns. Damals wog sie 47 g. Sie war fit und munter, doch von Anfang an sehr wählerisc h mit dem Fressen. Heu oder getrockneten Löwenzahl oder ähnliches Futter ignorierte sie vollkommen. Ackersalat nahm sie gerne, ebenso Gurke oder Zucchini. Obwohl sie eigentlich für ihre Größe immer gut gefressen hat, stagnierte ihr Gewicht bis April 2013 bei 51 g, siehe Gewichtstabelle. Danach wurde sie stetig und – aber nach wie vor sehr langsam - schwerer und hat jetzt, im März 2014, ein Gewicht von 70 g erreicht. Sie hat damit, seit sie bei uns ist, 23 g zugenommen, was immerhin fast 50 % Gewichtszunahme entspricht (Bild 1).
Bild 1: „Tusnelda“ in einer aktuellen Aufnahme von März 2014 im Alter von etwa 1 ½ Jahren.
Trotzdem ist unsere Spornschildkröte ein ausgesprochenes Leichtgewicht, denn nach den Aussagen von Herrn Köhler wiegen „normale“ Spornis im Alter von ca. 1 ½ Jahren 300 – 600 g (je nach Geschlecht). Doch wenigstens erleiden wir keine jener Rückschläge wie Gewichtsabnahme, Fressverweigerung, extreme Lethargie usw.), von denen Horst Köhler in seinen beiden Beiträgen weiter unten in dieser Rubrik berichtet.
Die Gewichtsentwicklung von „Tusnelda“
Monat |
Gewicht in g |
Januar 2013 |
47 |
Februar 2013 |
51 |
März 2013 |
51 |
April 2013 |
51 |
Mai 2013 |
53 |
Juni 2013 |
53 |
Juli 2013 |
54 |
August 2013 |
57 |
September 2013 |
57 |
Oktober 2013 |
63 |
November 2013 |
63 |
Dezember 2013 |
64 |
Januar 2014 |
67 |
Februar 2014 |
67 |
März 2014 |
70 |
„Tusneldas“ Bauchpanzer ist selbst heute immer noch etwas weich. Außerdem hat sie öfters Hautprobleme; die Haut ist oft schuppig. Wir baden sie deswegen mehr oder weniger regelmäßig in einer septischen Lösung, die uns die Tierärztin mitgegeben hat. Auffällig ist ferner, dass sie zu Ödemen neigt; diese treten in unregelmäßigen Abständen ohne vorherige Anzeichen und ohne dass wir die Ernährung bzw. die Pflegepraxis verändert haben, auf.
Über mehrere Monate hinweg waren wir im Sommer und Herbst 2013 mit „Tusnelda“ in tierärztlicher Behandlung; in dieser Zeit bekam sie regelmäßig Calcium und Vitamin D3 verabreicht. Doch dies führte nicht zur erhofften schnelleren Gewichtszunahme. Die Tierärztin kam dann letztlich zu dem Schluss, dass eine Wachstumsstörung vorliegen muss. Solange die Schildkröte aber frisst, nicht abnimmt und sich munter gibt, sollen wir damit zufrieden sein und nichts weiter unternehmen. Vermutlich dürfte sie allerdings kein hohes Alter erreichen, so die Tierärztin weiter. Damit haben wir uns abgefunden.
„Tusnelda“ lebt in der kalten Jahreszeit und, wenn es für draußen noch zu kühl ist, in einem Terrarium mit der Größe 120 x 40 cm. Doch wenn jetzt im März die Sonne scheint, kommt sie stundenweise ins Freie.
Als Bodengrund für mein Terrarium habe ich mich für Erde, Sand und Steine entschieden; es gibt im Terrarium zwei Höhlen und eine Schale mit Wasser. Das Terrarium wird täglich besprüht. Ich achte stets darauf, dass ein Teil des Substrats feucht ist, denn ich möchte eine Höckerbildung vermeiden. Im Mittel beträgt die Luftfeuchtigkeit etwa 60 %, nach dem Sprühen entsprechend mehr. „Nelda“ ist munter und morgens immer die erste, die wach wird. Zuerst sonnt sie sich, um dann gut zu fressen. Sie buddelt sehr gerne und klettert oft und gerne auch über die Steine.
Als Wärmelampe habe ich im Terrarium eine Bright Sun mit 70 Watt, außerdem einen UVB-10.0-Strahler von ExoTerra.
Seit Herbst des letzten Jahres haben wir „Nelda“ mit zwei kleinen Pantherschildkröten vergesellschaftet (Bild 2). Diese gedeihen hervorragend, so dass die Pflegebedingungen stimmen dürften. Die drei Schildkröten harmonieren gut. Obwohl Spornschildkröten wesentlich größer und schwerer als Pantherschildkröten werden, haben die Panther „Nelda“ im Größenwachstum bereits jetzt überholt. Doch eine Zeit lang wird es sicher noch gehen.
Bild 2: „Tusnelda“ mit „Merle“ (rechts oben) , eine meiner beiden kleinen Pantherschildkröten. Beide Aufnahmen stammen von der Autorin.
Ich hoffe, dass „Nelda“ noch lange munter belibt, denn sie ist mir sehr ans Herz gewachsen.