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Einleitung
Landschildkröten benötigen zu ihrem Wohlbefinden neben artgerechter Ernährung, Wärme und Helligkeit auch eine bestimmte Menge von auf die Haut wirkender UV-B-Strahlung, die ihnen in der freien Natur durch die Sonne in ausreichender Menge fast das ganze Schildkrötenjahr über zur Verfügung steht, die Zeit der Winterruhe ausgenommen. Bei einer Innenhaltung von Schildkröten, beispielsweise während der Übergangsperioden im Frühjahr und im Herbst, aber auch in Gewächshäusern aus Glas (die UV-B nicht durchlassen), müssen zur UV-B-Versorgung deswegen entsprechende UV-Speziallampen eingesetzt werden. Erst durch die UV-B-Strahlung können Schildkröten für ihren Knochenstoffwechsel das essentielle Vitamin D3 aus dessen Vorstufen in der Nahrung bilden: die Fachbezeichnung für diesen körpereigenen Vorgang ist Vitamin D3-Synthese. Nur dann können die Tiere die Elemente Kalzium und Phosphor in der notwendigen Menge aus dem Nahrungsbrei im Darm aufnehmen, was wiederum die Voraussetzung für einen funktionierenden Kalziumhaushalt und damit für ein ungestörtes Knochenwachstum ist. Wenn die UV-B-Strahlung fehlt, nützt auch ein über das Futter erreichter Kalzium- und Vitamin D3-Überschuss nicht sehr viel.
Weitgehend unbekannt war bis jetzt, wie viel UV-B eine europäische Landschildkröte benötigt oder, besser gesagt, durch die Sonnenstrahlung tatsächlich erhält. Es gab dazu bisher nur sehr grobe und unsichere Abschätzungen. Meine Beobachtungen im Terrarium und vor allem entsprechende UV-Strahlungsmessungen in Schildkröten-Biotopen machen es jedoch möglich, „Licht in das Dunkel“ zu bringen. Dazu war es unter anderem nötig, jeden Tag einer anderen wild lebenden Schildkröte möglichst viele Stunden lang unbemerkt zu folgen und genau zu messen und zu protokollieren, wie lange und bei welcher UV-B-Strahlungsintensität sie bei ihren Wanderungen und Ruhepausen von der Sonne bestrahlt wird.
1. Prolog: einige Behauptungen - sind sie wahr oder falsch ?
- Solange die Sonne stark blendet, gibt sie auch viel UV-B ab (Bild 1).
- Ist die Sonne von Wolken bedeckt, kommt auch kein UV-B mehr am Boden an.
- Die UV-B-Intensität ist mittags immer höher als am Vormittag oder am Nachmittag.
- In Deutschland reichen im Sommer zur Mittagszeit nur 6 Minuten Sonnenbestrahlung aus, um den Tagesbedarf einer Schildkröte an Vitamin D3 zu decken.
- Eine UV-Spezialleuchtstoffröhre mit 7 % UV-B emittiert mehr UV-B als eine mit 5 %.
- Ich habe mir eine UV-Lampe angeschafft, die sogar noch mehr UV-B als die Sonne abgibt. Damit tue ich meinen Schildkröten nur Gutes.
- Meine UV-Lampe hat die gleiche UV-B-Intensität wie die Sonne; deshalb ist die Vitamin D3-Synthese bei meinen Reptilien genau so wie im Biotop.
- Die Osram-Lampe Ultra-Vitalux ist das Nonplusultra in der UV-Schildkrötenbestrahlung
- Mein Reptilien-Spotstrahler für 10 € aus dem Zoohandel gibt ausreichend UV-B ab.
Die Liste derartiger Aussagen könnte noch verlängert werden. Was sie gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass sie, zumindest in obiger verallgemeinender Formulierung, allesamt unzutreffend sind, d.h. mit einem Nein zu beantworten sind, auch die Aussage zur Osram-Lampe Ultra-Vitalux. Ehrlich: hätten Sie es so gesehen? Dies zeigt, dass die Thematik nicht einfach zu verstehen ist. Davon zeugen die zahlreichen Falschinformationen speziell auf diesem Gebiet im Fachhandel und sogar auch durch so manchen Lampenhersteller, wobei in den letzten beiden Jahren zum Glück in der Kundeninformation eine Wende zum Besseren beobachtet werden kann. Mein persönlicher Eindruck ist aber nach wie vor: nirgendwo anders wird so viel Halbwissen verbreitet wie auf diesem Gebiet, meist im Internet, aber auch in Fachbüchern. Obwohl ich auf eine Ingenieurausbildung und eine 40-jährige Berufspraxis verweisen kann, musste ich mich einige Monate lang intensiv mit Optik und speziell der Lichttechnik befassen, um zwischen Wahrem und Unwahrem bei den Werbeaussagen für die zahlreichen Wärme- und UV-B-Lampen unterscheiden zu können. Doch allein theoretisches Hintergrundwissen genügt meiner Meinung nach nicht: geht es um die UV-B-Versorgung von Landschildkröten, darf das genaue Studium der Verhältnisse in der Natur, speziell in den Herkunftsgebieten der Schildkröten, keinesfalls fehlen, ja, dies ist sogar das Allerwichtigste. Dies schließt entsprechende Untersuchungen vor Ort ein. Aber wie viele Schildkrötenfreunde gibt es denn, die die im Süden Europas gelegenen Schildkrötenländer mit Lichtmessgeräten, wie z.B. einem UV-B-Radiometer, bereisen? Wer unterzieht sich schon der Anstrengung, einer bestimmten Schildkröte mehrere Stunden lang messend und beobachtend und protokollierend durch "Dick und Dünn" zu folgen? Allenfalls wird doch meist nur der Fotoapparat mitgenommen mit dem Ziel, möglichst viele Schildkröten zu fotografieren...
Bild 1: Sonnenuntergang am Indischen Ozean Ende Januar um 18.45 Uhr Ortszeit im örtlichen Sommer, wenige Minuten bevor schlagartig die tropische Nacht einsetzt. Die Sonnenstrahlung besteht aus einem Gemisch zahlreicher Strahlungswellen mit unterschiedlichen Strahlungsintensitäten bzw. -Frequenzen. Obwohl die Sonne selbst zu diesem späten Zeitpunkt noch stark blendete und wärmte (Temperatur ca. 30 °C), ergab eine Strahlungsmessung, dass ihr Licht praktisch kein UV-B mehr enthält: dieser Teil der Strahlung wurde nämlich bei dem sehr tiefen Stand der Abendsonne beim entsprechend weiten Weg durch die Erdatmosphäre bis zum Boden fast ganz absorbiert. Es ist also nicht zwangsläufig so, dass eine noch strahlend helle Sonne immer auch eine entsprechend hohe UV-B-Intensität am Boden erzeugt. Aufnahme vom Verfasser am Strand von Sansibar bei 6 Grad südllicher Breite.
So allgemeinverständlich wie möglich möchte ich in dieser Artikelserie versuchen, die besondere Thematik, über die es meines Wissens bisher kein entsprechendes Buch und auch keinen vergleichbar umfassenden Fachartikel in einer Fachzeitschrift gibt (schon gleich gar nicht mit Blick auf die Pflege von Landschildkröten), Schritt für Schritt aufzuarbeiten. Die dafür gewählte Veröffentlichungsform (Artikel in mehreren Folgen) und die Publikation in dieser Website hat gegenüber einem im Umfang zwangsläufig immer sehr begrenzten ein- oder höchstens zweiteiligen Zeitschriftenaufsatz weitere Vorteile, wie z.B. eine stufenweise Heranführung an die Thematik und die Möglichkeit, aufgrund von Lesererfahrungen oder auch neuerer eigener Erkenntnisse auch noch zu einem späteren Zeitpunkt frühere Kapitel oder Textabschnitte zu ergänzen, zu korrigieren oder zu kommentieren. Es lohnt sich also durchaus, gelegentlich nochmals die ersten und damit früheren Kapitel dieser Abhandlung durchzulesen. Außerdem kann der Beitrag in seinen wesentlichen Teilen sofort präsentiert werden, während man als Fachautor auf die Veröffentlichung seiner Arbeit in einer Fachzeitschrift oft ein volles Jahr warten muss.
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2.1 Allgemeines zur Sonnenstrahlung
Dass im Gegensatz zu allen anderen Planeten unseres Sonnensystems Leben auf der Erde entstehen konnte und existieren kann, hängt neben anderen Faktoren damit zusammen, dass unser Planet gerade so weit von der Sonne entfernt ist, dass es auf ihm weder zu kalt noch zu heiß ist und dass sich im Verlauf der Evolution eine dichte, "ungiftige" Atmosphäre ausbilden konnte, die Leben schützt und nicht etwa vernichtet. Dass es auf der Erdoberfläche für uns Menschen angenehm warm und hell ist, verdanken wir der Sonne. Von ihrer mit etwa 5.800 K (ca. 5.530 °C) heißen Oberfläche geht schon seit ihrer „Geburt“ vor etwa 4,6 Milliarden Jahren nach allen Richtungen mit Lichtgeschwindigkeit eine ständige Strahlung aus, die so genannte extraterrestrische Sonnenstrahlung (Solarstrahlung, Sonnenwind, elektromagnetisches Spektrum). Dieses Spektrum umfasst einen Wellenlängenbereich von mehr als neun Zehnerpotenzen, von den kurzwelligen Röntgenstrahlen bis hin zu den extrem langen elektromagnetischen Wellen. Bild 2 zeigt davon lediglich einen kleinen Ausschnitt.
Mit einer auf die Fläche bezogenen Energie von durchschnittlich etwa 1.350 W/m2 (dieser Wert wurde 1982 von der Genfer Weltorganisation für Meteorologie festgelegt und wird als Solarkonstante bezeichnet) prallt die Strahlung auf die äußeren Bereiche der Erdatmosphäre auf. "Durchschnittlich" ist der hier angegebene Wert für die Solarkonstante deswegen, weil die exakte Leistung vom jeweiligen Abstand Sonne-Erde und darüber hinaus auch noch vom 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus abhängt. Zum Glück für Mensch und Natur lässt die Erdatmosphäre bei Weitem nicht die gesamte ankommende Strahlung durch; dies betrifft in erster Linie den Ultraviolett- und den Röntgenbereich. Andere Teile des Spektrums werden an Eis- und Staubpartikeln in der Atmosphäre reflektiert und erreichen die Erdoberfläche deswegen ebenfalls nicht oder nur abgeschwächt.
Von der für den Menschen unsichtbaren und auch nicht mit anderen Sinnesorganen wahrnehmbaren solaren Ultraviolett-Strahlung (UV-Strahlung) von ungefähr 135 W/m2 (solche Werte werden mit Hilfe von wissenschaftlichen Satelliten an der äußeren Erdatmosphäre gemessen) kommt am Erdboden nur noch zwischen 20 und 60 W/m2 an. Im Gegensatz dazu ist die Atmosphäre für jenen Teil der Gesamtstrahlung, die wir sehen und fühlen können, und die wir „Licht“ nennen, gut durchlässig (siehe Abschnitt 2.3).
Die rechnerische mittlere Leistungsdichte der Sonnenstrahlung am Erdboden (räumlicher und zeitlicher Mittelwert), also das Produkt aus Energie und Bestrahlungszeit, liegt bei 1.445 kWh je m2 und Jahr. Je nach Lage des Standortes (Breitengrad) und der Jahres- und Tageszeit streuen diese Werte stark. So beträgt die Jahres-Leistungsdichte in Deutschland „nur“ etwa 1.000 kWh/m2 , in der viel weiter südlich gelegenen Sahara aber mit etwa 2.500 kWh/m2 zweieinhalbmal so viel. Betrachtet man den Verlauf der Leistungsdichte der Sonnenstrahlung während eines einzelnen Tages, steigt sie am frühen Morgen von einem Wert bei Null sehr steil auf einen Höchstwert (Maximum) um die Mittagszeit an, um dann bis zum Abend wieder abzufallen. Die Werte schwanken je nach den örtlichen Gegebenheiten. Der Maximalwert hängt außerdem von der Jahreszeit ab: für einem typischen süddeutschen Standort ist die am Boden ankommende mittlere Sonnenleistung im Dezember zur Mittagszeit etwa 0,07 kW/m2 , im Juni jedoch etwa 0,21 kW/m2 , also drei Mal so viel. Deswegen lässt sich ja mit Photovoltaik-Modulen auf dem Hausdach im Sommer bekanntlich sehr viel mehr Strom erzeugen als im Winter und im Süden sehr viel mehr als im Norden des Landes.
Wie wir an späterer Stelle (Kapitel 5.2) noch sehen werden, hat der Tagesverlauf der UV-B-Sonnenstrahlung eine ganz ähnliche Charakteristik: einen steilen Anstieg am Morgen ausgehend von einem Wert bei Null, Erreichen des Maximums gegen Mittag bzw. am frühen Nachmittag und danach Abfall bis zum Sonnenuntergang wieder auf Null.
2.2 Mehr über elektromagnetische Spektren, Wellenlängen, Frequenzen
Die Einheit für die Wellenlänge der Sonnenstrahlung ist Meter, Zentimeter oder Millimeter (m, cm, mm). Doch die meisten für das vorliegende Thema relevanten Strahlen (Infrarot-, Licht- und UV-Strahlung) haben deutlich kürzere Wellenlängen als 1 Millimeter (1 mm). Diese werden daher in der kleinen Längeneinheit Nanometer (nm) angegeben, eine Dimension, die uns im Verlauf dieses Artikels noch häufig begegnen wird. Ein Nanometer (1 nm) ist nämlich nur ein Milliardstel Meter oder ein Millionstel Millimeter (1 nm = 10-9 m = 10-6 mm). Dies ist so wenig, dass ich die „Länge“ eines Nanometers durch einen Vergleich mit dem menschlichen Haar verdeutlichen kann: nimmt man den Durchmesser des dicksten menschlichen Haares zu rund 100 Mikrometer (100 µm = 10-4 m) an, ist ein Nanometer nur der Hunderttausendste Teil davon! Die Wellenlängen von kurzwelligen Strahlungen sind also ungleich kürzer als etwa die Längen der Wellen, die sich im Wasser ringförmig nach allen Seiten ausbreiten, nachdem wir einen Stein hineingeworfen haben. Doch es gibt auch Langwellen mit Wellenlängen von einigen Metern, ja sogar einigen Kilometern, die jedoch für unser Thema nicht relevant sind.
Sichtbares Licht nimmt einen Wellenlängen-Bereich beginnend von etwa 380 - 400 nm bis hin zu etwa 750 - 780 nm ein (die Bereichsgrenzen der einzelnen Strahlungen sind „leicht variabel“; in der Physik bzw. der Fachliteratur findet man geringfügig voneinander abweichende Angaben zu den Bereichsgrenzen). Die UV-Strahlung (etwa 100 – 400 nm) ist kurzwelliger als Licht, die sich an das sichtbare Licht anschließende Infrarot-Strahlung ist mit ca. 750 nm bis ca. 1 mm (1 Millimeter) Wellenlänge langwelliger (Bild 2). Noch kürzere Wellenlängen als die UV-Strahlung haben Röntgenstrahlung und die kosmische Strahlung. Auf der anderen Seite, also rechts vom Infrarot-Bereich (in Bild 2 nicht mehr dargestellt), folgen die extrem langwelligen Kurz-, Mittel- und Langwellen sowie die technischen Wechselströme.
Von diesem Gesamtspektrum der elektromagnetischen Wellen interessiert den Reptilienhalter nur der optische Strahlungsbereich; spezielles Thema dieser Artikelserie ist der schmale UV-B-Bereich.
Bild 2: Diese Grafik hat mir freundlicherweise Dr. Frances Baines aus Wales zur Verfügung gestellt. Sie zeigt einen Ausschnitt aus dem so genannten optischen Strahlungsbereich der Sonnenstrahlung: das sichtbare Licht (etwa Mitte, visible light) wird eingerahmt in Richtung zu größeren Wellenlängen, also nach rechts hin, durch die Infrarot-Strahlung (infra red; sie erstreckt sich, was hier nicht dargestellt ist, bis zu einer Wellenlänge von 1 mm) und in Richtung kürzerer Wellen, also nach links, durch die kurzwelligere Ultraviolett-Strahlung (ultraviolet light). Die UV-Strahlung ist in die drei Bereiche UV-A, UV-B und UV-C unterteilt. Man sieht daraus, dass der UV-B-Bereich nur ein sehr schmaler Bereich des gesamten elektromagnetischen Spektrums ist.
Da sich die Sonnenstrahlung wie schon gesagt mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet (im Vakuum: 300.000 km/sec), muss ein direkter Zusammenhang zwischen der Lichtgeschwindigkeit und der Wellenlänge existieren: diese Verbindung ist durch die Schwingungsfrequenz gegeben. Es gilt folgender Zusammenhang:
Wellenlänge = Lichtgeschwindigkeit : Frequenz
So ist es logisch, dass die Frequenz einer Strahlung, die in Hertz (Hz; 1 Hz = 1 Schwingung je Sekunde) angegeben wird, umso größer ist, je kleiner ihre Wellenlänge ist. Die UV-Strahlung beispielsweise ist eine hochfrequente Strahlung.
Rechenbeispiel: welche Schwingungsfrequenz besitzt die UV-B-Strahlung bei 320 nm Wellenlänge?
Lösung: Frequenz = Lichtgeschwindigkeit : Wellenlänge =
= 300 x 106 (m/sec) / 320 x 10-9 (m) = 0,94 x 1015 (1/sec) = 0,94 x 1015 (Hz).
Im Vergleich dazu die Schwingungsfrequenz von elektrischem Strom: je nach Land nur 50 bzw. 60 (Hz).
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Energie eines Strahlungsteilchens und seiner Frequenz und damit auch seiner Wellenlänge: je kürzer die Wellenlänge ist (d.h. je höher die Frequenz), desto härter, und damit desto schädigender und durchdringender ist die Strahlung. Zu jeder Teilstrahlung gehört somit eine individuelle Intensität, also eine Leistung, die je nach ihrer Größe in Watt je Quadratmeter (W/m2 ) oder Mikrowatt je Quadratzentimeter (µW/cm2 ) angegeben werden kann. Beide Einheiten lassen sich leicht umrechnen,
denn 1 W/m2 ist 100 µW/cm2 .
Geht es um Werte für die Gesamt-Strahlungsleistung der Sonne, ist die größere Einheit W/m2 zweckmäßiger, für Intensitätsangaben aus dem engen UV-Bereich gibt die Dimension µW/cm2 handlichere Zahlen, wie wir später noch oft genug sehen werden.
Ein Spektrum gibt an, aus welchen Strahlungsanteilen es zusammengesetzt und wie die Stärke der Strahlung in den einzelnen Wellenlängenbereichen ist (siehe Bild 3). Es entsteht dadurch, dass die bei den verschiedenen Wellenlängen gemessenen Intensitäten über der Wellenlänge aufgetragen werden. Zur Messung werden so genannte Spektrometer verwendet (siehe Abschnitt 4.1).
Die Sonne emittiert ein kontinuierliches Spektrum ohne jegliche Lücken, d.h. es sind alle Wellenlängen vertreten; das Spektrum im Bereich der Sonne selbst bildet eine geschwungene, weitgehend gerundete Kurve, die an eine etwas verschobene Glockenkurve erinnert: die Intensität steigt von Null auf ein Maximum bei etwa 460 nm Wellenlänge an, um dann zu größeren Wellenlängen hin zuerst rasch und dann langsamer abzunehmen. Diese Energieverteilung der auf die äußere Atmosphäre der Erde aufprallenden Sonnenstrahlung kann man mit Hilfe von Erdsatelliten messen, sie lässt sich aber auch berechnen (Planck’sche Strahlungsformel).
Man darf sich das Sonnenspektrum also nicht etwa als gleichförmige Strahlung mit „ausgeglichenen“ Eigenschaften vorstellen; vielmehr besteht die Sonnenstrahlung aus einer unendlich großen Zahl ganz unterschiedlicher Einzelstrahlungen, die sich in Wellenlänge und Energie unterscheiden. Nur ein relativ kleiner Abschnitt aus dem Sonnenspektrum, das Licht (zwischen ca. 380 und ca. 780 nm), ist für das menschliche Auge sichtbar. Andere Strahlungen können wir fühlen, z.B. die Infrarot-Wärmestrahlung (Hinweis: neben der Infrarotstrahlung tragen auch die UV-Strahlung und das Licht zur gesamten Wärmestrahlung der Sonne bei), wieder andere können wir weder sehen noch fühlen.
Die Strahlung ist wellenförmiger Natur.
Bei der Energie (Intensität) der Sonnenstrahlung ist zu unterscheiden zwischen dem vollen, ungestörten Spektrum am äußeren Rand der Erdatmosphäre (extraterrestrisches Spektrum) und dem, was davon noch am Erdboden ankommt (terrestrisches Spektrum).
In der Erdatmosphäre werden nämlich Strahlungen teilweise unterschiedlich stark zurückgehalten (absorbiert), z.B. kürzere Wellenlängen durch die für uns so lebenswichtige Ozonschicht, längere durch den atmosphärischen Wasserdampf. Andere Strahlen werden in das Weltall zurückgestreut (derartige Streueffekte in der Lufthülle haben für uns Folgen, die so selbstverständlich sind, dass wir gar nicht mehr darüber nachdenken. Beispiele dafür: weil der kurzwellige blaue Anteil vor allem an den Luftmolekülen viel stärker gestreut wird als der langwellige rote Anteil, ist der Himmel blau; und weil Staub und Wassertröpfchen auch langwelliges Licht streuen, erscheinen uns die Wolken weiß; je mächtiger und größer die Wolken werden, desto dunkler erscheinen sie uns - weil das Sonnenleicht nun mehrfach gestreut wird). Die tatsächlich von der äußeren Sonnenstrahlung noch am Erdboden auftreffende (terrestrische) Strahlung, und nur die interessiert für die Schildkrötenhaltung, hat deutlich andere Eigenschaften als die extraterrestrische Strahlung. Die Strahlungsleistung am Boden bildet keine ideale geschwungene Kurve mehr wie noch im Bereich der Sonne, sondern eine scharf „gezackte“ Kurve mit mehreren markanten schmalen "Einbrüchen" bei bestimmten Wellenlängen (z.B. bei 430, 485 und 520 nm), aber nach wie vor mit einem deutlichen Intensitätsmaximum (Peak) im Bereich des sichtbaren Lichts, wie man aus Bild 3 gut erkennen kann. Der Grund für Letzteres ist, dass die sichtbare Strahlung beim Durchdringen der Erdatmosphäre weder qualitativ noch quantitativ nennenswert verändert wird.
Bild 3: Sonnenspektrum vom 7. Juli 2007, gemessen um 12.03 Uhr bei 60,7 Grad Sonneneinfallswinkel und bei klarem Himmel. Standort ist ein Ort in Süd-Wales (UK) bei 51°49’ nördlicher Breite und 3°04’ westlicher Länge. Aufgetragen ist die Strahlungsintensität in µW/cm2 über der Wellenlänge in Nanometer (nm). Besonders hervorgehoben sind die uns besonders interessierenden UVB- und UVA-Bereiche (links) sowie der Bereich des sichtbaren Lichtes (visible light), hier bei 400 nm Wellenlänge beginnend. Grafik mit freundlicher Genehmigung von Frances Baines (www.uvguide.co.uk).
Je nach Messort, der Tageszeit und der Witterung und Bewölkung fallen Spektren unterschiedlich aus: bei klarem sonnigen Himmel ist z.B. die Strahlungsintensität deutlich höher als bei starker Bewölkung. Ein Sonnenspektrum, das im natürlichen Lebensraum unserer Landschildkröten in Süd- oder Südosteuropa im Sommer um die Mittagszeit aufgenommen wurde, sieht ganz anders aus als ein Spektrum aus Berlin, gemessen an einem bewölkten Vormittag im Herbst.
Trotzdem ist es möglich, dass ein an einem bestimmten Punkt der Erde gemessenes Sonnenspektrum auch für viele weit davon entfernte andere Ort gilt, allerdings nur dann, wenn zwei Voraussetzungen zutreffen:
1. Die Sonne steht an diesen verschiedenen Orten zum Zeitpunkt der Messung exakt gleich hoch am Himmel.
2. Die Wetterbedingungen sind an all diesen Punkten identisch, also beispielsweise überall Sonnenschein bei wolkenlosem Himmel oder überall gleich starke Bewölkung oder überall Regen.
Treffen beide Bedingungen zu, sind die Sonnenspektren gleich, unabhängig davon, ob der Messort am Äquator oder auf dem Nordpol oder in Bayern liegt.
Man wird an dieser Stelle vielleicht einwenden, dass die Sonne z.B. in Finnland gar nicht so hoch am Himmel stehen kann wie etwa in Afrika und die Spektren deswegen unterschiedlich ausfallen müssen. Doch dieser Gesichtspunkt wäre nur dann zu berücksichtigen, wenn die Spektren in Finnland und in Afrika gleichzeitig aufgezeichnet werden. Denn: auch am Äquator in Afrika steht am frühen Vormittag die Sonne nicht höher als beispielsweise in Bayern gegen Mittag oder in Finnland am frühen Nachmittag. Ist dann auch noch der Himmel gleich klar oder gleich stark bedeckt, erhält man tatsächlich gleiche Spektren.
Wie sich ein Sonnenspektrum für den gleichen Standort und bei unveränderten Wetterbedingungen während einer Tageshälfte verändert, veranschaulicht Bild 4.
Bild 4: Fünf Sonnenspektren, aufgezeichnet zwischen Mittag (12.30 Uhr) und Sonnenuntergang (18.40 Uhr) am gleichen Standort und bei gleichen Witterungsbedingungen. Mit freundlicher Genehmigung von Frances Baines (www.uvguide.co.uk).
Die fünf Spektren in Bild 4 entstanden innerhalb von zwei Tagen, am 2. und 3. Mai 2007, bei unveränderten Wetterbedingungen.
Die oberste, ockerfarbene Kurve charakterisiert die Verhältnisse zur Mittagszeit: die Sonne steht zu diesem Zeitpunkt am höchsten und die Strahlungsintensitäten erreichen demzufolge bei allen Wellenlängen ihren Höchstwert. Die in Gelb angelegte Kurve darunter entstand zwei Stunden später, um 14.32 Uhr Ortszeit. Der Verlauf der Strahlungsintensität ist verblüffend ähnlich, nur das Niveau liegt etwas niedriger als um 12.30 Uhr. Die Lichtfarbe ist ebenfalls ungefähr gleich, d.h. die prozentuale Verteilung von UV-A, Violett, Blau, Grün, Geld und Rot (siehe dazu das nachfolgende Kapitel 2.3) ist weitgehend unverändert. Sobald jedoch die Sonne am späteren Nachmittag am Himmel deutlich fällt (blaue Intensitätskurve für 16.36 Uhr), verschieben sich die Proportionen merkbar. Genauer gesagt, die Intensitäten der Strahlungen für die kürzeren Wellenlängen (UBV-B, UV-A, Violett, Blau) fallen schneller ab als die für die längeren Wellenlängen (Gelb, Orange, Rot). Der Grund dafür ist, dass die Strahlung der nunmehr tiefer stehenden Sonne zunehmend dickere Schichten der Erdatmosphäre durchdringen muss; dabei werden die kürzeren Wellenlängen stärker absorbiert als die längeren. Dies ist besonders gut an der in hellem Lila gehaltenen untersten Kurve für 18.40 Uhr Ortszeit zu sehen: sie signalisiert sehr viel mehr Rot in der Lichtfarbe als Blau – der Sonnenuntergang ist nicht mehr fern.
2.3 Das Licht
Wie aus Abschnitt 2.2 hervorgeht, ist Licht ein vom menschlichen Auge wahrnehmbarer kleiner Teil der gesamten elektromagnetischen Sonnenstrahlung. Auch wenn Licht und Helligkeit nicht Hauptthemen dieses Artikels sind, möchte ich dennoch einige Ausführungen dazu machen: immerhin bringt Sonnenlicht - nicht nur für Landschildkröten (Bild 6) - Helligkeit und Wärme und ist daher für alles Leben von zentraler Bedeutung.
Oft sprechen wir im Zusammenhang mit der Besonnung bzw. Bestrahlung von Terrarien von Tageslicht, das im Freien genau genommen ein Gemisch aus Sonnen-, Himmels- und Wolkenlicht ist. Tageslicht ist also recht schwer zu definieren, weil es stark von saisonalen, tageszeitlichen und wettbedingten Veränderungen abhängt. Entsprechend ändert sich auch die Spektralverteilung ständig: ein „richtiges“ Tageslicht gibt es im Grunde eigentlich gar nicht.
Aus dem Schulunterricht ist uns vielleicht noch in Erinnerung, dass ein Lichtstrahl, wenn er auf ein Glasprisma fällt, aus diesem nicht mehr als weißes Gemisch austritt, sondern in folgende Spektralfarben zerlegt wird; in Klammern dazu die jeweiligen - ungefähren - Wellenlängenbereiche in Nanometer (nm):
· violett (390 – 420 nm)
· blau (420 – 490 nm)
· grün (490 – 575 nm)
· gelb (575 – 585 nm)
· orange (585 – 650 nm)
· rot (650 – 760 nm)
Diese Farben sind in Bild 2, 3 und 4 den jeweiligen Wellenlängen zugeordnet, wobei sich die Farben etwas "überlappen“; die Bereichsgrenzen sind nicht absolut fest. In jedem Längenbereich hat das farbige spektrale Licht eine andere Intensität (Energie). Deswegen werden die Wellen auch beim Durchgang durch ein Prisma unterschiedlich stark abgelenkt. Lässt man die entstehenden Einzelfarben anschließend wieder durch eine Linse treten, tritt hinter ihr wieder das ursprüngliche Weiß aus.
Das Gemisch von bunten Lichtwellen kennen wir übrigens auch vom Regenbogen her (Bild 5): bei ihm übernehmen die kleinen Wassertröpfchen die Funktion eines Glasprismas und spalten Licht in seine Einzelbestandteile.
Bild 5: Auswirkung eines optischen Gesetzes, das jeder von uns in seinem Leben schon oft gesehen und vielleicht sogar bewundert hat: der Regenbogen. Fallen die Lichtstrahlen der Sonne auf Regentröpfchen, werden sie wie beim Durchgang durch ein Prisma in ein Farbband (Farbspektrum) zerlegt. Violett wird dabei am stärksten, rot am schwächsten abgelenkt. Die Farben des Spektrums sind rot, orange, gelb, grün, blau und violett. Wie diese Aufnahme zeigt, sind die Farben nicht scharf voneinander getrennt, sondern gehen allmählich ineinander über. Foto vom Autor.
Das menschliche Auge tut sich mit Unterscheidungen unterschiedlicher Lichtstrahlen sehr schwer – es ist einfach kein zuverlässig anzeigendes „Messinstrument“, zumal einige Mitmenschen einzelne Farben gar nicht erkennen können. Einige Beispiele: auch ein (künstliches) Lichtgemisch, das nur aus rotem, grünem und blauem Licht besteht, erscheint uns weiß, obwohl es ganz andere Eigenschaften als das Sonnenmischlicht hat. Wir merken im Allgemeinen auch nicht, dass das Licht im Schatten bläulich ist oder dass künstliches Licht mehr gelb als Sonnenlicht ist. Wie sehr sich das menschliche Auge täuschen kann, verdeutlicht folgendes Beispiel: fahren wir nachts Auto, erscheinen die von vorn auf uns zufahrenden und im Rückspiegel die normalen Lichtscheinwerfer der uns folgenden Fahrzeuge weiß; kommt jedoch ein Fahrzeug mit Halogen-Scheinwerfern mit seinem bläulichen Licht hinzu, erscheint uns das Licht der anderen Auto-Schweinwerfer plötzlich gelb.
Weil sich das Auge täuschen lässt und weil wir Licht, auch das von Lampen abgegebene, „für den Hausgebrauch“ in der Regel nicht selbst messen können, wird Licht in der Physik durch eine Reihe von Größen beurteilt. Die uns für unser Hobby am meisten interessierenden Größen sind:
a) Farbtemperatur [K]: die Farbe des Lichts eines Strahlers wird als Farbtemperatur angegeben. So hat gelbes Licht z.B. 2.000 K (Grad Kelvin), weißes Licht 5.000 K und bläuliches Licht 8.000 K. Die sonnenlichtähnliche Strahlung (Tageslicht) hat 4.000 – 6.500 K, der blaue Himmel 20.000 K. Für eine typische Glühlampe ist 2.800 K ein üblicher Wert, für Quecksilberdampf-Hochdrucklampen 2.900 – 4.200 K.
b) Farbwiedergabewert [Ra]: dieser Wert gibt an, wie gut (wie echt) ein Lampenlicht genau festgelegte Standardfarben im Vergleich zur Sonnenstrahlung aussehen lässt. Mit echter Sonnenstrahlung wird gemäß Definition der höchste Farbwiedergabeindex von 100 erreicht (übrigens auch mit dem Licht einer Glühbirne). Für die Reptilien-Innenhaltung empfehlen sich Lichtstrahler mit möglichst hohem Ra-Wert.
c) Beleuchtungsstärke [Lux]: dieser in der Schildkrötenliteratur oft zu findende Wert bewertet die Helligkeit von Licht und gibt an, wie viel Licht auf eine Fläche auftrifft. So werden bei klarem Sonnenschein im Sommer am sonnenbeschienenen Boden bis 100.000 Lux gemessen, bei bewölktem Himmel im Sommer aber nur 13.000 – 20.000 Lux, unter Bäumen und Sträuchern nur ungefähr 1500, an einem trüben Tag im Winter 400 – 500, bei Dämmerung etwa 50 und in einer Vollmondnacht lediglich 1 Lux. Für die Bürobeleuchtung strebt man rund 500 Lux an.
Es gibt in der Physik des Lichts noch weitere Messgrößen, wie den in Lumen (lm) angegebenen Lichtstrom, die Lichtmenge, die in der Einheit Candela angegebene Lichtstärke und die Leuchtdichte. Ein näheres Eingehen auf diese Größen unterbleibt, weil es in diesem Artikel nicht um die Bewertung von Strahlern geht, die sichtbares Licht und Wärme erzeugen.
Bild 6: Landschildkröten wollen es nicht nur hell und nicht nur warm, sondern beides gleichzeitig. Nur dann entwickeln sie richtigen Appetit und erst dann ist ihr Verdauungssystem in der Lage, das Gefressene zu verdauen. Im Bild ein maurisches Schildkrötenpaar des Autors (rechts das Weibchen) der Unterart Testudo graeca ibera, das sich im Außengehege zwischen den Pflanzen sonnt. Bisher war weitgehend unbekannt, in welchem Ausmaß das Sonnen auch der Aufnahme von UVB-Strahlung dient. Dieser Frage wird im Verlauf dieses Artikels nachgegangen. Foto vom Autor.
2.4 Zusammenfassung Kapitel 1 und 2
Als Fazit zu den bisherigen Ausführungen kann man festhalten, dass die Sonne seit ihrer Entstehung elektromagnetische Strahlen aussendet, die wellenförmiger Natur sind und die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Diese Strahlung ist ein Gemisch aus einer unvorstellbaren großen Zahl von Einzelstrahlen mit jeweils unterschiedlichen Wellenlängen (bzw. Frequenzen). Zu jeder Wellenlänge gehört eine gewisse Strahlungsintensität (Energie). Die für uns wichtigste Teilstrahlung des elektromagnetischen Spektrums ist das sichtbare Licht, weil es die Grundvoraussetzung für das Leben auf der Erde ist. Ein anderer Bereich des solaren Strahlungsgemisches ist der Ultraviolett-Bereich, eigentliches Thema dieser Artikelserie. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass die Sonnenstrahlung beim Durchgang durch die Erdatmosphäre teilweise erheblich verändert wird. So wird z.B. - ein für uns Menschen sehr glücklicher Umstand - durch das atmosphärische Ozon die gefährlichste UV-Teilstrahlung (UV-C) praktisch ganz zurückgehalten, während andererseits Licht nahezu unverändert durchgeht.
Das Sonnenspektrum am Erdboden ist ein so genanntes kontinuierliches Spektrum, in dem es keine Lücken gibt; alle Wellenlängen sind vorhanden. Die Natur, Fauna wie Flora, ist daran seit Langem angepasst. Würde man die Sonnenstrahlung durch einen künstlichen Strahler ersetzen, dessen Spektrum Lücken aufweist, weil es aus nur wenigen „Banden“ besteht (Linienspektrum), kann dies auf Organismen eine ganz andere physiologische Wirkung haben als natürliches Sonnenlicht – selbst dann, wenn die gemessene Lichtintensität die gleiche wäre.
Nur der Vergleich eines Sonnenspektrums mit dem Vollspektrum einer Bestrahlungslampe (für Terrarien) erlaubt schon auf den ersten Blick eine Aussage darüber, wie naturnah bzw. naturfremd das Licht einer Lampe oder einer Leuchtstoffröhre ist. Auch die beste und teuerste Terrarienlampe ist zurzeit nicht in der Lage, eine dem natürlichen Tageslicht voll entsprechende Licht- bzw. Wärmestrahlung abzugeben, auch wenn die eine oder andere Werbeaussage von Herstellern genau diesen Anschein erweckt. Denn Lampenspektren sind, wie wir aus Bild 7 ersehen, Linienspektren mit nur wenigen Einzel-Spektrallinien (Banden). Liegen dann derartige Banden nicht konzentriert im Wellenlängenbereich von 440 – 540 nm (Maximum des Sonnenlichts, siehe Bild 3 und 4), kann man das erzeugte künstliche Licht auch nicht als sonnenähnlich bezeichnen.
Bild 7: Spektrum einer modernen Mischlichtlampe, die häufig zur Wärme- und UVB-Bestrahlung von Landschildkröten verwendet wird. Hersteller, Lampentyp und elektrische Leistung sind bewusst nicht angegeben. Mit freundlicher Genehmigung von testudolinks.de (Sarina Wunderlich).
Bild 7 ist das Spektrum einer typischen Mischlichtlampe der gehobenen Preisklasse, wie sie heute vom Terraristik-Fachhandel angeboten wird. Bei einer Mischlichtlampe handelt es sich um eine Kombination aus Glühlampe und Quecksilberdampf-Hochdrucklampe in einem gemeinsamen Glaskolben. Diese Lampen sind mit einem E27-Sockel ausgestattet und werden deswegen wie eine Glühlampe direkt in die normale Standard-Fassung eingeschraubt. Ein Vorschaltgerät ist nicht erforderlich.
Die Unterschiede zum Spektrum des natürlichen Sonnenlichts sind schon beim ersten Vergleich der Bilder 3 und 4 mit Bild 7 unverkennbar: zwar weist das Spektrum der Lampe im sichtbaren Lichtbereich bei etwa 410, 440, 545 und 575 nm Wellenlänge stark ausgeprägte, allerdings nur sehr schmale Intensitätsmaxima (Peaks) auf, doch schon bei wenig kleinerer bzw. größerer Wellenlänge fällt die Strahlungsintensität praktisch wieder auf Null. Dagegen ganz anders die Sonnenstrahlung: das Sonnenlicht weist ein kontinuierliches Spektrum mit relativ hohen Strahlungsintensitäten bei praktisch allen Wellenlängen auf, wenn auch auf leicht abfallendem Niveau in Richtung zu größeren Wellenlängen (siehe Bild 3 und 4).
2.5 Glühlampen in der Schildkröten-Terraristik, ja oder nein?
Glühlampen kommen für die UV-B-Versorgung von Reptilien nicht in Frage, weil sie keine UV-B-Strahlen abgeben.
Doch an dieser Stelle erscheint es angebracht, ihre Eignung als Terrarienlampe zur Erzeugung von Helligkeit und Wärme sachlich zu betrachten. Bevor ich mich im Rahmen dieser Serie intensiver mit Bestrahlungslampen und ihren Eigenschaften befasste, war ich noch geneigt, die einfachen und preiswerten „Glühbirnen“ zum Preis von etwa 50 Cents und weniger, die seit September 2009 nach und nach in Deutschland den Energiesparlampen weichen müssen (in Australien dürfen Glühlampen schon ab Oktober 2009 nicht mehr verkauft werden), nicht für die Landschildkröten-Bestrahlung zu empfehlen.
Der dünne Wolframdraht der Glühlampen wird beim Stromeinschalten auf eine Temperatur von rund 2.800 K gebracht. Wie die Sonne wirkt also auch die Glühlampe als Temperaturstrahler, allerdings mit einer sehr schlechten Lichtausbeute (höchstens 20 Lumen/Watt). Höchstens 15 % der elektrischen Leistung wird in Licht umgewandelt, der Rest ist Wärme – im normalen Haushalt also ein großer Verlust. Doch im Schildkröten-Terrarium ist die gleichzeitige Erzeugung von Wärme und Helligkeit ein Vorteil, ja geradezu ein Muss, was bei einer Eignungsbewertung dieses Leuchtmittels zu berücksichtigen ist. Dazu kommt, dass das Infrarot-Licht der Glühlampe als therapeutisch besonders wertvoll gilt (Wunsch, 2007). Eines steht jedenfalls fest: es gibt heute kaum ein anderes Leuchtmittel, das ein dem Sonnenlicht ähnlicheres Spektrum erzeugt als die „alte Glühbirne“. Sie sendet eine hochwertige und vor allem naturnahe Strahlung mit homogener Farbverteilung aus, ihr Licht ist angenehm warm-weiß und flimmert nicht, die Farbwiedergabe ist besser als beispielsweise bei dem weißer erscheinenden Licht einer Quecksilberdampf-Lampe. Doch obwohl das Glühlampenlicht ein quasi kontinuierliches Spektrum wie das Sonnenlicht zeigt, gibt es in den einzelnen Bereichen wegen der unterschiedlichen Farbtemperaturen (Sonne: ca. 5.800 K, Glühlampe: nur ca. 2.800 K) dennoch gewisse Unterschiede bei der Spektralverteilung: der Blaubereich bei niedrigeren Wellenlängen ist bei der Glühlampe schwächer vertreten als bei der Sonne, der Rotbereich (höhere Wellenlängen) dagegen stärker.
Dennoch ist Glühlampenlicht sonnenähnliches Licht und eignet sich meiner Meinung nach gut zur Bestrahlung von Landschildkröten, auch Schildkröten-Babys: sinnvoll ist die Verwendung von klaren „Glühbirnen“ zwischen 60 und 100 Watt Leistung (die Strahlung muss dabei durch einen Reflektor bzw. Lampenschirm nach unten gelenkt werden) in Kombination mit einer UV-Lampe. Letztere kann dann entfallen, wenn die Tiere in der wärmeren Jahreszeit regelmäßig zur natürlichen UV-B-Versorgung ins Freie gebracht werden (Köhler, 2008). Wird das Gehege durch eine einzelne Glühlampe nicht genügend erhellt und erwärmt, sind zwei Glühlampen vorzusehen, beispielsweise 1 x 75 W (über dem Sonnenplatz der Tiere) und 1 x 60 W (im übrigen Bereich). Natürlich ist die Lebensdauer der Glühbirne mit ungefähr 1.000 Betriebsstunden nicht besonders hoch, was jedoch durch den niedrigen Preis wieder wettgemacht wird. Immerhin kostet ein so genannter Reptilien-Spotstrahler mit 2.000 Stunden Lebensdauer, dessen Licht auch nicht besser als das der Glühbirne ist, rund 10 €.
Fazit: gegenüber den Energiesparlampen mit ihrem naturfremden Lichtspektrum haben Glühlampen eine sehr gute, sonnenähnliche Lichtqualität; alle Lichtfarben kommen relativ ausgewogen vor. Es gilt eben immer wieder: maßgebend für die optimale Haltung von Landschildkröten ist die Situation im natürlichen Verbreitungsraum. Und da braucht sich die Glühlampe durchaus nicht zu verstecken.
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Wie aus den Bildern 2, 3 und 4 dieses Artikels ersichtlich ist, schließt sich der Ultraviolett-Bereich des elektromagnetischen Spektrums unmittelbar links an das sichtbare Sonnenlicht an, besitzt also kürzere Wellenlängen als Licht; dafür ist die UV-Strahlung der energiereichste Teil der optischen Strahlung. Menschen können die UV-Strahlung weder sehen noch fühlen, doch kann sie bei zu langer Einwirkung oder bei Überdosierung starke negative biologische Wirkungen vor allem auf die menschliche und tierische Haut und die Augen („Verblitzungen“, Netzhautschäden) haben. Ein Kennzeichen dieser Strahlung, vor allem der UV-B-Teilstrahlung ist, dass ihre Intensität erheblich stärker von der Sonnenhöhe am Himmel bestimmt wird als die solare Gesamtstrahlung. Dies bedeutet, dass die UV-Strahlung im Jahres- und im Tagesverlauf entsprechend größere Änderungen zeigt. Ihr den Erdboden erreichender Anteil variert stark mit dem Sonnenstand, dem Gesamtozongehalt der absorbierenden Luftschsichten und der Bewölkung. Beim derzeitigen Stand der Wissenschaft gilt als sicher, dass die Verringerung des Luft-Ozongehaltes ("Ozonloch") künftig die UV-Belastung deutlich erhöhen wird; Schäden an Menschen, Tieren und Ökosystemen können nicht ausgeschlossen werden.
Viele Tiere, und dazu zählen auch die Reptilien, können im Gegensatz zum Menschen bis in den UV-Bereich hinein "sehen".
Der UV-Bereich wird näherungsweise je nach der biologischen Wirksamkeit in drei Bereiche unterteilt:
UV-A: Wellenlänge 315/320 bis 400 nm (Bild 8)
Ähnlich wie das sichtbare Licht wird die UV-A-Strahlung von der Erdatmosphäre weitgehend durchgelassen. Sie kann bis zu 5 mm tief in die menschliche Haut eindringen und bräunt sie, ohne einen Sonnenbrand zu erzeugen. Durch die Einwirkung von UV-A bilden sich schwarz-braune Farbkörper aus Melanin, die die Haut vor noch tieferem Eindringen der Strahlung schützt.
Vor allem bei tagaktiven Echsen ist die UV-A-Strahlung für die Pigmentbildung und die Regenerierung der Haut von großer Bedeutung: Echsen, die ausreichend mit UV-A bestrahlt werden, häuten sich häufiger und leichter (Drewes, 2005). Im Gegensatz zu Echsen benötigen Landschildkröten primär nicht UV-A, sondern UV-B. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine „Besonnung“ von Schildkröten mit UV-A ihre Aktivität und damit ihr allgemeines Wohlbefinden steigert.
Zahlreiche Haushaltslampen erzeugen Spuren von UV-A, doch nennenswerte Mengen liefern nur die speziellen UV-Lampen.
UV-B: Wellenlänge 280 bis 315/320 nm (Bild 8)
UV-B-Strahlen werden zu einem kleineren Teil von der Lufthülle, genauer gesagt von der Ozonschicht, absorbiert. Vollkommen absorbiert werden die UV-B-Wellenlängen unterhalb von 290 nm Wellenlänge, so dass für die Erdoberfläche nur der Strahlungsbereich zwischen 290 und 315/320 nm relevant ist. Selbst im Hochsommer ist in unseren Breitengraden die UV-Strahlung unterhalb von 290 nm nicht mehr nachweisbar ("UV-B-Kante"). UV-B ist energiereicher und deshalb auch gefährlicher als UV-A. Es kann Hautschäden (Sonnenbrand) und Bindehauterkrankungen hervorrufen; die Eindringtiefe in die menschliche Haut beträgt höchstens 0,1 mm (100 µm). Nüchtern betrachtet ist der einzig positive Effekt der UV-B-Strahlung, dass in der menschlichen und tierischen Haut die Vitamin D3-Bildung verursacht wird (siehe Einleitung). Die dafür nötige Dauer wird oft überschätzt: beim Menschen sollen nämlich nur etwa 10 Minuten Sonnenlicht ausreichen, um genügend Vitamin D3 zu bilden (Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz). Bei (europäischen) Landschildkröten ist die erforderliche Dauer der Sonnenexposition bisher unbekannt, zumindest kenne ich keine entsprechende Literaturquelle; die Folgerungen aus ersten eigenen Beobachtungen und Messungen lesen Sie in Kapitel 5.3.
Obwohl das UV-B-Strahlungsband der Sonne im Vergleich zum gesamten Spektrum ohnehin schon sehr schmal ist (siehe Bild 2 und 3), gibt es zwischen den Wellenlängen 290 und 315/3420 nm sogar einen noch engeren Teilbereich, in dem die Vitamin D3-Synthese (in der menschlichen Haut; näherungsweise übertragbar auch auf die Haut von Landschildkröten) besonders effizient abläuft: nach Untersuchungen von Wissenschaftlern (MacLaughlin et. al., 1982; Lindgren et. al., 2008) erreicht die Umwandlungsrate bei 298 nm ein Maximum und fällt sowohl zu kürzeren als auch zu größeren Wellenlängen hin rasch ab. Rund 60 % der gesamten Vitamin D3-Synthese erfolgt zwischen den Wellenlängen 290 und 300 nm. Nach heutigem Kenntnisstand wird bei der UV-B-Sonnenbestrahlung bei Wellenlängen über 300 nm sogar das bereits erzeugte Vitamin D3 teilweise wieder zerstört (Lindgren, 2004). Eine UV-Lampe, deren UV-B-Intensitätspeak nur zwischen 300 und 320 nm liegen würde, wäre somit wenig geeignet, zur Vitamin D3-Synthese bei Schildkröten beizutragen, ja, sie wäre unter Umständen für diesen Zweck sogar völlig unbrauchbar oder allenfalls als Wärmelampe einsetzbar. Das in Bild 7 gezeigte Spektrum steht für eine derartige - übrigens häufig gekaufte - Lampe, die der Markt als kombinierte UV-B-/Wärmelampe anbietet.
Glas und einige andere Materialien (z.B. diverse Plastikstoffe) lassen UV-B nicht durch: deshalb sind beispielsweise Träger von Glasbrillen gegen UV-B-verursachte Augenschäden besser geschützt sind als Menschen ohne eine derartige Brille. Diese Eigenschaft mancher Werkstoffe ist beim Bau von Schildkröten-Schutzhäusern unbedingt zu beachten, weil z.B. Frühbeet- und Gewächshäuser mit Dächern aus normalem Fensterglas kein UV-B durchlassen: dies ist ein großer Nachteil, wie schon aus der Einleitung zu dieser Veröffentlichungsserie hervorgeht. Selbst wenn, wie ich immer wieder höre und bei Schildkrötenfreunden sehe, ein Glasterrarium zur vermeintlichen UV-B-Versorgung direkt an das Fenster gestellt wird, kommt kein UV-B bei den Schildkröten an, denn die Strahlung wird nicht nur durch eine, sondern gleich durch zwei Glasscheiben (Wohnungsfenster, Terrarienscheiben) abgeblockt. Ohne UV-B-Bestrahlung der Haut (der Panzer von Schildkröten ist hierbei nicht maßgebend) können Reptilien das für den Kalziumstoffwechsel benötigte aktive Vitamin D3 nicht aus seiner inaktiven Vorstufe erzeugen, selbst wenn in der Nahrung ausreichend Kalzium vorhanden ist (Köhler, 2008). Dann wird nämlich Kalzium aus den Knochen und dem Panzer abgebaut – die Folge kann dramatisch sein: Stoffwechselerkrankungen, weiche Knochen, rachitische Erscheinungen, Muskelschwäche usw.
Achtung: Die handelsüblichen Haushaltslampen (z.B. Glühlampen) und auch die meisten der so genannten Vollspektrum-Strahler geben kein UV-B ab. Der Fachhandel bietet jedoch eine große Zahl von UV-Lampen verschiedener Hersteller, Preisklassen, Leistungen und UV-B-Strahlungsintensitäten an. Darauf wird in einem späteren Kapitel (Kapitel 6) noch ausführlich eingegangen.
Bild 8: Diese Grafik von Dr. Frances Baines zeigt die Intensitäten der UV-A- und UV-B-Strahlung der Sonne, gemessen am 7. Juli 2007 in Süd-Wales (UK) bei einem Sonnenstand von 60,7 Grad. Reptilien können den UV-A-Bereich zwischen 350 und 400 nm Wellenlänge noch als "Farbe" erkennen. Vom UV-B-Bereich ist die Strahlung zwischen 290/300 und 315 nm (bzw. 320 nm; Erklärung siehe weiter unten) für die Vitamin D3-Synthese entscheidend. Messbar ist die UV-B-Intensität z.B. in weiten Teilen der USA und auch von Europa mittags an einem sonnigen Sommertag aber erst ab Wellenlängen von über 300 nm. Nur in den Tropen, und da nur bei bei bestimmten Bedingungen, zeigt das Messgerät gelegentlich auch noch bei 290 nm eine sehr geringe Intensität an. Internet-Forenempfehlungen, dass Landschildkröten mit UV-B bei einer Wellenlänge "um 290 nm" bestrahlt werden sollen, sind also, wie ein Blick auf Bild 8 oder Bild 4 sofort zeigt, falsch. Denn bei dieser Wellenlänge hat die UV-B-Strahlung der Sonne zumindest in Süd- und Südosteuropa, dem Lebensraum unserer europäischen Landschildkröten, noch keine messbare Intensität.
Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass für amerikanische Wissenschaftler mit einer Wellenlänge von 320 nm eine andere rechte Grenze des UV-B-Bereiches gilt als in Europa mit nur 315 nm. Die Festlegung der Grenze zum UV-A-Bereich erscheint fast willkürlich: die Wellenlänge 315 nm nahm man nämlich früher als die Grenze für die Schädigung der DNA an, doch heute ist man vor allem in den USA eher der Auffassung, dass von einem Schädigungsrisiko erst unterhalb von 320 nm gesprochen werden kann (Wunderlich, 2008). Die Ergebnisse von UV-B-Messungen, die mit amerikanischen und europäischen bzw. deutschen Messinstrumenten aufgezeichnet wurden, sind aus diesem Grund leider nicht direkt vergleichbar. Dies ist auch verständlich, wenn man sich beispielsweise das Spektrogramm in Bild 8 betrachtet: integriert man nämlich die Fläche unter der UV-B-Kurve nur zwischen 300 und 315 nm Wellenlänge, ergibt sich eine kleinere Fläche - und damit eine kleinere Bestrahlungsstärke in µW/cm2 - als wenn man dies zwischen 300 und 320 nm tut; wie die Grafik zeigt, steigt die Strahlungsintensität mit zunehmender Wellenlänge deutlich an. Amerikanische Strahlungsmessgeräte zur Messung der solaren UV-B-Intensität ergeben demzufolge immer höhere Werte als deutsche. Bei der Messung an UV-Lampen ist für das Ergebnis entscheidend, ob zwischen 315 und 320 nm zufällig gerade eine lampenspezifische UV-B-Spitze liegt oder nicht, wie folgende Messung an der Bräunungslampe vom Typ Ultravitalux (Osram) zeigt (Messabstand 30 cm, Messinstrument: Spektrometer):
Erfasster Bereich: 280 – 315 nm: UV-B = 580 µW/cm2, 280 – 320 nm: UV-B = 610 µW/cm2 (Baines, 2007). Der Unterschied beträgt zwar in diesem Fall nur 5 %, und zwar deswegen, weil der ausgeprägte UV-B-Peak der Ultravitalux-Lampe zwischen 311 und 316 nm zum größten Teil noch unterhalb von 315 nm liegt. Bei Lampen, bei denen ein UV-B-Peak dagegen bei einer Wellenlänge zwischen 315 und 320 nm auftritt, ist die Differenz naturgemäß sehr viel größer.
Um den Umfang dieser Abhandlung zu begrenzen, wird auf eine weitere Erörterung verzichtet (siehe bei Köhler, 2008).
Alle UV-B-Messwerte, die in diesem Artikel genannt und diskutiert werden, wurden von mir bzw. von Kolleginnen und Kollegen mit amerikanischen Instrumenten ermittelt (siehe Kapitel 4.2) und gelten daher für den Wellenlängenbereich von 280 bis zu 320 nm.
UV-C: Wellenlänge ca. 180 bis 280 nm
Diese Strahlung ist die energiereichste und damit für alle lebenden Zellen auch die gefährlichste des gesamten UV-Bereiches, wird aber zum Glück, wie weiter oben schon ausgefüfhrt, durch das atmosphärische Ozon fast vollständig absorbiert und kann somit die Erdoberfläche nicht erreichen. UV-C wurde sogar bis zu 100 nm Wellenlänge nachgewiesen, doch derartig kurzwelliges UV-C existiert nur im Vakuum: beim Durchgang durch die Lufthülle wird es dagegen vollständig absorbiert. Bei Wellenlängen um 265 nm hat die Strahlung eine stark keimtötende Wirkung und wird aus diesem Grund zum Beispiel häufig zur Keimreduzierung in der Aquaristik in Form spezieller UV-C-Röhren bzw. -Brenner und auch in bestimmten Bereichen der Technik und Medizin (z.B. Desinfektion) eingesetzt.
Bei UV-Lampen muss angegeben sein, ob und wenn ja, wie viel gefährliches UV-C sie abgeben, denn sie verursachen ebenfalls Sonnenbrand und Bindehautentzündungen. UV-C wird in der Terraristik nicht benötigt; UV-Spezialstrahler sollten also tunlichst kein UV-C abgeben.
UV-, vor allem UV-C-bedingte Krankheiten werden in den kommenden Jahrzehnten infolge der fortwährenden Zerstörung der Ozonschicht der Erde und damit der Schwächung der UV-Filterwirkung zunehmen.
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Kennt man von einer bestimmten UV-Bestrahlungslampe die Verteilung der UV-bzw. der UV-B-Strahlung über der Wellenlänge und besitzt man ferner ein gemessenes Sonnenspektrum aus dem Verbreitungsraum wild lebender Landschildkröten, dann kann sofort beurteilt werden, in wie weit die von der geprüften Lampe abgegebene Strahlung der Situation im Schildkröten-Biotop entspricht, oder ob etwa große Abweichungen bestehen. Allerdings muss für einen genauen direkten Vergleich wegen der unterschiedlichen Bauarten, Genauigkeiten, Toleranzen und Sensoren der auf dem Markt erhältlichen Instrumenten in beiden Fällen jeweils das gleiche Messgerät eingesetzt worden sein. Genau dies ist jedoch nach meinen Recherchen in der Regel nicht der Fall. Es existieren zwar zahlreiche Spektrogramme der „freien“ bzw. direkten, also vollen, ungestörten Sonnenstrahlung (d.h. Sensor direkt auf die Sonne gerichtet), aber kaum aus dem natürlichen Verbreitungsraum europäischer Landschildkröten und schon gleich gar nicht aus ihrem eigentlichen engerem Lebensraum - nämlich am Boden, dort wo die (UV-B-) Strahlung der Sonne durch Bäume, Gestrüpp und Gräser erheblich reduziert wird (siehe Kapitel 5.3). In dem diesem Hauptartikel voranstehenden „Prolog“ ist dies bereits angedeutet. Mein Eindruck ist, dass so manche Anbieter bzw. Hersteller von Bestrahlungslampen deren genaue UV-B-Charakteristik entweder selbst nicht kennen (einige dieser optischen Produkte mit unbekannten Werkstoffen und damit entsprechend unsicheren Eigenschaften kommen auch aus China !) oder sie nicht an den Verbraucher weitergeben.
Informationen über die UV-B-Abgabe der Sonne bzw. von Lampen liefern die beiden folgenden hauptsächlich eingesetzten Gerätetypen:
Spektalradiometer (Spektrometer) und
UV-B-Breitbandradiometer.
Zur Beurteilung der Strahlung gibt es noch ein weiteres Messgerät, das UV-Index-Messinstrument. Es zeigt den Teil der Sonnenstrahlung an, die bei Menschen einen Sonnenbrand auszulösen vermag. Zusammen mit dem Hauttyp gibt der UV-Index (UVI) Hinweise auf die maximale Sonnen-Expositionsdauer und den erforderlichen Lichtschutzfaktor (siehe Kapitel 4.3). Der UVI wird als wichtiger Umweltfaktor weltweit ständig überwacht.
4.1 Spektralradiometer
Von den beiden hier und in Kapitel 4.2 vorgestellten Instrumenten liefert nur das Spektralradiometer die exakte Verteilung der ultravioletten Bestrahlungsstärke über der Wellenlänge in Gestalt von Diagrammen, wie sie in diesem Artikel aus Bild 3, 4 und 8 zu ersehen sind. Die spektrale Auflösung kann am Gerät auf 1 nm oder sogar noch weniger eingestellt werden, d.h. das Instrument misst z.B. tatsächlich die momentane UV-B-Strahlung in kleinsten Schritten von jeweils nur 0,5 nm. Allein für den engen UV-B-Messbereich zwischen 280 und 320 nm besteht das Spektrogramm dann aus beispielsweise 80 Messpunkten. Miteinander verbunden ergibt sich die charakteristische Kurve eines Spektrogrammes.
Die Software des Spektralradiometers kann aus jedem Spektrum in Sekundenbruchteilen auch einen UV-B-Einzelwert ("Mittelwert") berechnen.
Hochauflösende Spektralradiometer sind so genannte Monochromatoren. Sie bilden mit Hilfe holographischer Gitter einen sehr kleinen Bereich der in den Sensor einfallenden Strahlung auf einen Austrittsspalt ab. Dort entsteht ein optisches Signal, das von einem nachgeschalteten Photomultiplier in ein elektrisches Signal umgeformt wird. Dieses Signal, Maß für die Bestrahlungsstärke, wird anschließend verstärkt und digitalisiert und in einem angeschlossenen PC ausgewertet und abgespeichert.
Solche Messinstrumente müssen genau kalibriert (geeicht) werden. Es gibt Messköpfe für unterschiedliche Wellenbereiche, z.B. einen nur für den Bereich zwischen 200 und 280 nm und einen anderen für 280 bis 315 bzw. 320 nm.
Einer der großen Vorteile des Spektralradiometers ist, dass es im Gegensatz zu dem in Kapitel 4.2 besprochenen Breitband-UV-Radiometer einen genauen Messbeginn bei 280 nm gewährleistet und den Scan auch exakt bei 315 nm (bzw. 320 nm) Wellenlänge stoppt. Die Breitbandmeter messen dagegen konstruktionsbedingt noch etwas in den anschließenden UV-A-Bereich hinein. Spektralradiometer sind also in der Tat kleine technische Wunderwerke (Bild 9); sie können jede Sekunde mehrere Hundert Spektren liefern.
Bild 9: So erhält man UV-B-Spektrogramme der Sonne im Freien bequem vom Auto aus. Auf dem Beifahrersitz rechts von der Maus das kompakte Radiospektrometer, das nur etwa 9 x 6,5 x 3,5 cm groß und ca. 200 g schwer ist. Durch das Fenster erkennt man den auf ein Dreifuß-Stativ montierten Spezial-Messkopf. Jede Millsekunde (!) liefert dieses Instrumentarium ein komplettes Spektrogramm, also 1000 jede Sekunde. Foto: privat.
Allerdings ist der relativ hohe Anschaffungspreis für den Privatmann ein gewaltiger Nachteil. Schon das in Bild 9 gezeigte, auf besonders kompakte Abmessungen optimierte kleine und noch relativ einfache mobile Spektralradiometer (USB2000+, Miniature Fiber Optic Spectrometer der US-Firma Ocean Optics) kostet mit Programm-Software und der nötigen Verbindungskabel zurzeit über 2.000 €; dazu kommen noch die Kosten für den Laptop und für das Stativ. Professionelle Laborgeräte sind noch teurer: so kostet beispielsweise das moderne amerikanische Spektralradiometer Optronics OL754 rund 50.000 US-$. Einen weiteren Nachteil für den fortgeschrittenen, im Biotop messenden Terrarianer sehe ich darin, dass das Arbeiten mit einem Spektralradiometer alles andere als bequem und einfach ist, vor allem bei etwaigen Messungen im schlecht zugänglichen Schildkröten-Biotop. Unvorstellbar für mich jedenfalls die Vorstellung, dass ich beim unbemerkten Verfolgen einer Landschildkröte auf ihrem Weg durch Gestrüpp und Gebüsch zum Zwecke fortlaufender UV-B-Messungen am Boden, wie ich sie im Juni 2008 durchführte (siehe Kapitel 5.3), das gesamte Equipment bestehend aus Laptop, Spektralradiometer, Stativ, Kabel. Ersatz-Akkus usw. stundenlang mitschleppen und zur Messung selbst jeweils auf dem unebenen und zum Teil auch schmutzigen Boden aufbauen, platzieren und einstellen müsste (Bild 10). Und wer weiß, wie lange ein bei einer Feldbeobachtung eingesetztes hoch empfindliches Gerät überhaupt hohe Umgebungstemperaturen, Luftfeuchtigkeit und gelegentlich auftretende Regenschauer aushält.
Bild 10: Nicht sehr viel ausrichten könnte ein Untersucher mit einem UV-B-Spektrometer im Schildkröten-Biotop, wenn sich eine Schildkröte als Ruheplatz in der heißen Mittagszeit im Sommer oder als Versteckplatz (z.B. vor Wildschweinen, die es im fotografierten Schildkröten-Biotop gibt) ausgerechnet einen derartigen Opuntien-Wald ausgesucht hat. Mit einem handlichen Breitbandradiometer kann man dagegen wenigstens fast 1 m tief in das Pflanzendickicht hineinmessen. Foto vom Autor.
4.2 Breitbandradiometer
UV-Breitbandradiometer sind im Gegensatz zu den wesentlich komplizierteren Spektralradiometern erheblich preisgünstiger, leichter und damit viel handlicher und überdies kinderleicht zu bedienen. Die Energiequelle ist ein konventioneller 9-V-Batterieblock. Die Geräte können in der Hemd- oder Hosentasche mitgeführt werden und sind gerade für den fortgeschrittenen Schildkröten-Terrarianer ein fast unentbehrliches Messinstrument wenn es darum geht, UV-B-Feldmessungen im Freiland durchzuführen. Mit meinem nur 10,7 x 6,1 x 2,3 cm großen und 110 g schweren Hand-Radiometer konnte ich selbst im Gestrüpp messen (zumindest bis zu einer Tiefe, die der Armlänge entspricht), siehe Bild 10: die eigentliche Messung dauert bei kurzer Übung in der Handhabung nur etwa eine Sekunde.
Den typischen Einsatzort des Spektralradiometers sehe ich deswegen im Lichtlabor, in anderen wissenschaftlich arbeitenden Instituten oder allenfalls bei schönem Wetter auch noch an einem jederzeit leicht zugänglichen Messort im Freien (Bild 9), doch für Freilandmessungen im Schildkrötengebiet hat trotz der prinzipbedingten Nachteile das UV-B-Radiometer Vorteile. Natürlich muss man dessen Grenzen kennen und die Messergebnisse auch entsprechend zu deuten wissen, worauf unten in Abschnitt 4.2.1 noch ausführlich eingegangen ist.
Wichtig ist mir, festzuhalten: wer die genauen Strahlungseigenschaften der Sonne oder einer beliebigen Lampe ermitteln muss, oder bewertende Vergleiche Lampenstrahlung/Sonnenstrahlung durchführt, oder die Qualität mehrerer Strahlungslampen miteinander vergleicht, kommt am Einsatz eines Spektralradiometers nicht vorbei.
Der Benutzer eines Breitbandradiometers kann bei der UV-B-Strahlungsmessung der Sonne nicht viel falsch machen. Wie in Bild 11 zu sehen ist, wird das Instrument mit seinem Sensor direkt auf die Sonne gerichtet und die Taste auf der Vorderseite gedrückt, worauf sofort die Anzeige in der Dimension µW/cm2 erscheint. Bei gedrückter Messtaste wird daraufhin das Radiometer in der Senkrechten und Waagrechten noch leicht auf und ab bzw. hin und her geschwenkt, bis auf dem Display der höchste Anzeigewert des Scans erscheint. Damit ist die Messung auch schon beendet.
Bild 11: UV-B-Breitbandradiometer vom Typ SolarmeterModel 6.2UVB des amerikanischen Herstellers Solartech für den Ansprechbereich 280-320 nm Wellenlänge. Bezieht man das Messinstrument aus den USA, kostet es incl. Luftfracht, Zustellung und MWSt etwa 360 Euro (Preisstand Ende 2007). Der gerade angezeigte UV-B-Messwert beträgt 350 µW je Quadratzentimeter bestrahlte Fläche. Foto vom Autor.
4.2.1 Die Nachteile der UV-B-Breitbandradiometer
(1) Der Hauptunterschied des Breitbandradiomreters zum Spektralradiometer besteht darin, dass das UV-B-Breitbandmessgerät nur einen einzigen Messwert, einen integralen Wert über alle Wellenlängen im Messbereich, "auswirft" und kein kontinuierliches Spektrum, wie es oben die Bilder 3, 4 oder 8 zeigen. Die Bewertung der Lichtqualität von künstlichen Lichtquellen untereinander oder im Vergleich zur Sonne ist daher nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich (Wunderlich, 2008) - es sei denn man prüft eine Lampe, deren Spektrum dem der Sonne sehr ähnlich ist. Welche Lampen dies sind, geht aus dem Kapitel 6 hervor. Die Ursache für diese Einschränkung, deren Missachtung bis heute zu großen Missverständissen führt, ist eigentlich einfach: die im Fachhandel angebotenen Lampen unterschiedlicher Hersteller, Leistungsstärken und Bauweisen haben verschieden große Anteile von UV-A und UV-B und innerhalb des UV-B-Bereiches unterschiedliche Intensitäts-Charakteristiken, die sich (mit wenigen Ausnahmen) von der natürlichen Sonnenstrahlung unterscheiden. Alle UV-B-Breitbandradiometer sind aber ausschließlich auf die Verhältnisse der Sonnenstrahlung abgestimmt und messen nur diese Verhältnisse richtig.
Da die auf den Erdboden bei einen bestimmten Sonnenstand auftreffende Sonnenstrahlung bei übereinstimmenden Umgebungsbedingungen (z.B. Breitengrad, Höhe, Wetterbedingungen) überall gleiche Eigenschaften besitzt, ist das UV-B-Breitbandradiometer in geradezu idealer Weise für solare UV-B-Strahlungsmessungen im Freiland und zu Hause im Freigehege geeignet. Wie das Kapitel 5 zeigt, lassen sich viele interessante Aufgaben lösen, so etwa die Ermittlung der Abhängigkeit der UV-B-Intensität der Sonne vom Breitengrad, von der Höhe des Standortes, der Verlauf während eines Tages, Veränderungen durch vorüberziehende Wolken oder durch eine teilweise Abschattung am Boden, z.B. durch Grashalme oder Äste, usw. Man kann mit dem kleinen Instrument auch sehr einfach nachweisen, welche Materialien für Schildkrötenschutzhaus-Dächer UV-B durchlassen und welche nicht. Ich erinnere mich noch gut an die großen Augen eines Schildkrötenbesitzers mit einem von einer großen Markise überdachten Freigehege, als ich ihm vorführte, dass die UV-B-Intensität unter der Markise fast Null ist.
(2) Dazu kommt, dass Breitbandradiometer verschiedener Hersteller je nach Konzept der Hersteller und der Kalibrierung unterschiedlich empfindlich auf die Strahlung bei bestimmten Wellenlängen ansprechen. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise bauverschiedene Breitbandradiometer bei der gleichzeitigen Messung der solaren UV-B-Strahlung (oder erst recht bei der Strahlung einer UV-Lampe) unterschiedliche Messergebnisse anzeigen. Dies hat nichts mit der Qualität oder der Preisklasse dieser Instrumente zu tun, sondern mit dem Sensor, der Empfindlichkeitscharakteristik und der Kalibrierung. Als Beispiel einige UV-B-Werte für die Strahlung der Lampe Sylvania 350 (Gehrmann et. al., 2004), die bei der Messung durch vier verschiedene Breitbandradiometer erzielt wurden; der Messabstand Lampe-Sensor betrug in allen Fällen 23 cm:
Tabelle 1: Abweichungen in den UV-B-Messwerten verschiedener Breitbandradiometer
bei der gleichen Strahlungsquelle (Sylvania 350);Bestrahlungsabstand 23cm; Hersteller/Produktbezeichnung UV-B (µW/cm²)
GigaHertz Optik meter |
7 |
UVX meter |
80 |
Spectroline DM300N meter |
17 |
Solarmeter 6.2 meter |
13 |
Da parallel dazu kein Spektrometer eingesetzt wurde, muss offen bleiben, welches der vier Instrumente die "wahre" UV-B-Emission am Genauesten anzeigt. Ist dies schon für viele Anwender irritierend genug, wird es noch "schlimmer": denn schon bei einer anderen UV-Lampe können die Radiometer-Ergebnisse so ausfallen, dass dann beispielsweise das UVX-Gerät aus Tabelle 1 den kleinsten Messwert und das von GigaHertz-Optik den größten liefert.
Zwangsläufig bedeutet dies, dass man mit Hilfe eines UV-B-Breitbandradiometers künstliche Strahler nicht vergleichend bewerten kann. Auch wenn man mit vier oder fünf unterschiedlichen Instrumenten zwei Strahler oder Lampen prüft, ist es nicht möglich zu beurteilen, ob das Produkt A oder das Produkt B mehr UV-B abgibt und welche der beiden Produkte eine sonnenähnliche UV-B-Strahlung produziert. Nur der Einsatz des teuren Spektrometers erlaubt derartige Aussagen.
(3) Der dritte Nachteil wurde unter „Spektralradiometer“ (Kapitel 4.1) bereits angesprochen: UV-B-Breitbandradiometer können keine Scans durchführen, die exakt nur den engen UV-B-Wellenlängenbereich zwischen 280 und 320 nm erfassen, sondern messen stets etwas über diese Grenzen hinaus. Erfasst das Gerät zusätzlich einen gewissen Bereich unterhalb von 280 nm, so beeinflusst dies die Messanzeige allerdings nicht, da bei diesen Wellenlängen kaum UV-B-Strahlung nachzuweisen ist. Von Einfluss ist dagegen die teilweise Einbeziehung der Strahlung etwas oberhalb der Wellenlänge 320 nm, denn dort, im unteren UV-A-Bereich, steigt die Strahlungsstärke relativ stark an (Bild 8). Würde also zum gleichen Zeitpunkt und am gleichen Standort die UV-B-Intensität der Sonne mit einem Spektralradiometer (die Software des Gerätes errechnet, wie erwähnt, aus dem gemessenen Sonnenspektrum einen Summenwert) und einem Breitbandradiometer gemessen, ergibt die Messung durch das Breitbandradiometer einen davon abweichenden Wert. Die Differenz ist je nach Gerätehersteller unterschiedlich groß ist.
Deshalb ist es unerlässlich, dass bei allen UV-B-Intensitätsangaben und –Kurven, sowohl im Internet, in Publikationen als auch auf Verpackungen von Bestrahlungslampen, stets angegeben sein sollte, mit welchem Gerätetyp (Spektralradiometer oder UV-B-Breitbandradiometer? Hersteller? Messbereich 280 bis 315 oder 280 bis 320 nm?) gemessen wurde. Wie beschrieben ist es ein großer Unterschied, ob der UV-B-"Mittelwert" einer Lampe von einem Spektrometer oder einem Radiometer ermittelt wurde. Leider wird dies, aus welchen Gründen auch immer, nur selten befolgt. UV-B-Angaben ohne derartige Hinweise sind aber im Grunde nicht verwertbar, führen beim Anwender zu falschen Schlussfolgerungen und sind daher irreführend und völlig nutzlos.
Weltweit gibt es mehrere Hersteller von Breitbandradiometern. Unter deren Produkten hat sich das amerikanische Gerät Solarmeter ® Model 6.2 UVB (Bild 10) als besonders zuverlässig und realistische Messwerte ergebend gezeigt. Dies kommt nicht von ungefähr: jedes ausgelieferte Gerät wird vom Hersteller individuell unter Verwendung des 50.000 US-$ teuren Spektrometers Optronics OL740 und einer Lampe vom Typ F71T12-BL sorgfältig kalibriert. Entscheidend ist, dass das Licht dieser speziellen Lampe vor allem im UV-B- und im unteren UV-A-Bereich dem Sonnenlicht sehr ähnlich ist. Bei der Entwicklung wurde außerdem darauf geachtet, dass die Wellenlängenüberschreitung über 320 nm hinaus begrenzt ist. Erfasst werden kann die Strahlung mit dem Gerät Model 6.2 UVB höchstens bis zu einer Wellenlänge von 333 nm; die dadurch verursachte UV-B-Erhöhung beträgt ungefähr 10 % (Herstellerangabe). Die Nachweisgrenze ist 1 µW/cm2. Ein weiterer bedeutender Vorteil ist, dass die maximale Empfindlichkeit des Instrumentes zwischen den Wellenlängen 290 und 300 nm liegt, also genau in dem entscheidenden Wellenlängenbereich, der nach derzeitigem Wissen für die Vitamin-D3-Synthese maßgebend ist.
Frage: Ich habe mit meinem neuen UV-B-Breitbandradiometer im Schildkrötenbiotop auf Sardinien die dortige UV-B-Intensität gemessen. Kann ich nun den Bestrahlungsabstand der UV-Lampe in meinem Terrarium so einstellen, dass ich mit dem Instrument den gleichen Wert wie im Freiland messe? Dann hätten meine Schildkröten doch eigentlich die gleiche UV-Bestrahlung wie in der Natur? Antwort: Nein, dies stimmt leider nicht. Breitbandradiometer "verstehen " nur die Sonnenstrahlung und messen im Lichtstrahl von künstlichen Lampen meist etwas ganz anderes als im Freien. Egal welches Radiometer Sie verwenden und wie teuer es war, Sie dürfen niemals damit gemessene UV-B-Intensitäten "drinnen" (= unter einer Reptilienlampe) und "draußen" (= Sonne) vergleichen. Warum das so ist, ersehen Sie aus dem voranstehenden Text.
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4.3 Messung des UV-Index
Seit kurzem gelangen bei anspruchsvollen Reptilien-Feldbeobachtungen neben dem Hand-UV-Radiometer auch UV-Index-Messgeräte zum Einsatz. Der UV-Index (UVI) ist eine internationale festgelegte, dimensionslose Messgröße. Sie gibt an, welche sonnenbrandwirksame (erythemwirksame) Strahlung bei Sonnenhöchststand an einem Tag auftritt. UVI-Messgeräte integrieren die Bestrahlungsstärke eines Spektrums, wobei eine Gewichtung je nach Empfindlichkeit der einzelnen Wellenbereiche für die Auslösung eines Sonnenbrandes erfolgt. Stark gewichtet wird dabei die UV-C-Strahlung (falls vorhanden) und die energiereiche kurzwellige UV-B-Strahlung, während die langwellige UV-B-Strahlung kaum und die UV-A-Strahlung praktisch gar nicht berücksichtigt wird. UVI kann je nach der geographischen Lage, der Höhe, der Jahreszeit, der Wetterlage (Bewölkung) und dem Ozongehalt der Lufthülle variieren. Als schwache UV-Belastung (kein Sonnenbrandrisiko) gilt ein UVI kleiner als 2, während beispielsweise 6-7 eine hohe Belastung und Werte von 10 und mehr für eine extreme Belastung (sehr hohes Sonnenbrandrisiko) stehen.
Den UVI kann man sofort in die erythemwirksame Bestrahlungsstärke in µW/cm2 umrechnen (und umgekehrt): ein UV-Index von 1 bedeutet eine sonnenbrandwirksame Bestrahlung von 2,5 µW/cm2, ein Index von 4,0 eine von 10 µW/cm2 (Achtung: die sonnenbrandwirksame Strahlungsintensität ist nicht identisch mit dem Zahlenwert für die UV-B-Stärke). Bei UVI = 4 besteht bereits ab 25 Minuten Aufenthalt an der Sonne ein Sonnenbrandrisiko.
In Deutschland treten die höchsten UVI-Werte mit etwa 7 in den Sommermonaten Juni und Juli in der Mittagszeit und die niedrigsten um Null im Dezember auf; am Äquator werden 12-13 in der Zeit zwischen Ende Januar und April und ein Minimum von 9-10 im Monat Juni erreicht.
In Kapitel 6 werden wir sehen, wie der UVI-Wert dazu beiträgt, die Strahlung von UV-Speziallampen in Bezug auf ihre Ähnlichkeit zur Sonnenstrahlung zu beurteilen.
Mit Ende dieses Kapitels 4 sind nunmehr auch die grundlegenden, zugegeben teilweise etwas komplizierten Ausführungen zum Thema „UV-B-Bestrahlung“ abgeschlossen. Ohne diese textliche Hinführung dürfte es meiner Meinung nach für viele Leser relativ schwer sein, die abschließenden Kapitel 5 und 6 richtig zu interpretieren und vor allem deren Inhalt zu akzeptieren. Ich selbst wäre sehr froh gewesen, hätte ich - vor vielen Jahren - zur Einarbeitung in die nicht immer einfache Materie eine ähnlich umfassende und zielgerichtete Zusammenfassung zur Verfügung gehabt. Ich darf an dieser Stelle an die Besucher dieser Website appellieren, die ersten vier Kapitel mehr als nur ein Mal durchzuarbeiten und nicht nur einfach die praxisorientierten beiden Schlusskapitel zur Kenntnis zu nehmen. Nur dann, so hoffe ich als Autor, hat sich der enorme Arbeitsaufwand auch gelohnt, weil dann - hoffentlich - die vielen Falschannahmen und Halbwahrheiten auf diesem Gebiet im Laufe der Zeit korrigiert werden. Vor allem für die Mitarbeiter in den Zoogeschäften mit Reptilienabteilungen bzw. –Zubehör sollte diese Seite eigentlich zur Pflichtlektüre werden: Von mir mitgehörte Aussagen im Zoogeschäft gegenüber Kunden, die erkennen lassen, dass das Personal UV-A und UV-B verwechselt oder dass die Meinung besteht, dass ein Spot-Reflektorstrahler für 10 € genügend UV-B zur Bestrahlung von Landschildkröten abgibt, oder dass UV-Lampen empfohlen werden, die jegliche Angabe zur UV-B-Abgabe in Abhängigkeit des Bestrahlungsabstandes vermissen lassen, sollten dann endlich der Vergangenheit angehören.
In Kapitel 5 stehen die Ergebnisse meiner UV-B-Strahlungsmessungen und die einer gut bekannten Autorin (und die teilweise unerwarteten Folgerungen daraus für die Schildkrötenpflege) im eigenen Schildkröten-Freigehege am Wohnort und in zwei Biotopen von Landschildkröten im Vordergrund. Im letzten Kapitel, dem Kapitel 6, geht es dann schließlich um die auf dem Markt erhältlichen UV-Bestrahlungslampen – ebenfalls mit einer Reihe von überraschenden Erkenntnissen.
5. UV-B-Messungen im Freien: Australien, Äquator, Süd-Wales, Schildkrötenhabitat Südtürkei, Augsburg
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Beschäftigt man sich mit der UV-B-Strahlung, die auf Reptilien wie beispielsweise Schildkröten in freier Wildbahn einwirkt, ist es zunächst erforderlich zu wissen, wie hoch das „Angebot“ der Sonne überhaupt ist. Die Intensität der freien, also ungestörten solaren UV-B-Strahlung am Erdboden kann beispielsweise durch ein einfaches und relativ preiswertes Breitband-Radiometer zuverlässig und genau genug gemessen werden (Kapitel 4.2).
5.1 Einflussgrößen der solaren UV-B-Intensität
(a) Tageszeit (Sonnenhöhenwinkel) und Breitengrad
Wie beschrieben, wird die UV-B-Intensität der Sonne in erster Linie durch den Stand der Sonne am Himmel beeinflusst. Steht die Sonne genau senkrecht über dem Beobachter, ist die Ultraviolett-Strahlung und damit auch die UV-B-Strahlung am Boden am stärksten. Denn nur dann haben die Sonnenstrahlen den kürzesten Weg zum Erdboden zurückzulegen und werden durch atmosphärische Einflüsse am wenigsten beeinflusst. Treffen sie dagegen flach auf die Erde, weil die Sonne tief am HImmel steht, haben sie einen viel längeren Weg zur Erdoberfläche zurückzulegen und die UV-Strahlung wird entsprechend stärker durch Ozon-Absorptionsprozesse und andere atmosphärische Vorgänge reduziert.
Für jeden Punkt auf der Erdoberfläche, der durch seine geographische Lage definiert ist, ergibt sich durch die Erdrotation und aufgrund der Bewegung der Erde um die Sonne eine bestimmte Position der Sonne am Himmel (die von der Tages- und Jahreszeit abhängt). Für die am Boden vorhandene Strahlungsintensität ist in erster Linie der Sonnen(höhen)winkel, der Winkel zwischen dem Mittelpunkt der Sonne und dem Horizont, entscheidend. Da der Sonnenhöhenwinkel für alle Standorte auf einem beliebigen Breitengrad identisch ist, ist es auch die UV-B-Intensität – natürlich vorausgesetzt, die momentanen Wetterbedingungen sind an all diesen Orten gerade gleich. Das heißt also, dass die UV-B-Intensität beispielsweise in den beiden Städten Toledo (Spanien) und Ankara (Türkei) bei gleicher Witterung (Bewölkung, Sonnenschein usw.) gleich hoch ist.
Verfolgen wir den Sonnenhöhenwinkel während eines (sonnigen) Tages, dann sehen wir bei freiem Horizont, z.B. am Meer, dass er am frühen Morgen im Osten, also bei Sonnenaufgang, noch Null ist. Mit fortschreitender Tageszeit steht die Sonne immer höher am Himmel und erreicht gegen Mittag ihren höchsten Stand; dieser ist, wie schon ausgeführt, abhängig vom Breitengrad des Standortes. Am Äquator erreicht der Sonnenhöhenwinkel mittags mit 90 Grad seinen Höchstwert. Am Nachmittag sinkt die Sonne am Himmel, die UV-Strahlung nimmt wieder ab. Gegen Abend geht die Sonne schließlich im Westen unter; dann ist der Sonnenwinkel wieder Null, und deshalb auch die Stärke der UV-Strahlung.
Sonnenhöhenwinkel von Null Grad sind besonders schön am Meer zu sehen, weil hier die auf- und untergehende Sonne nicht von hohen Gebäuden und Bäumen verdeckt wird (siehe Bild 1).
Wie die lilafarbene Kurve in Bild 12 zeigt, ist für einen bestimmten Ort, hier in Süd-Wales (UK) auf 52° nördlicher Breite, der im Tagesgang fast spiegelbildliche Verlauf der UV-B-Intensität der Sonne identisch mit der zeitlichen Veränderung des Sonnenstandes: kurz nach Sonnenaufgang wird eine zunächst noch sehr geringe UV-B-Intensität gemessen, die höchsten Werte treten um die Mittagszeit auf - wenn die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hat; bei Sonnenuntergang nimmt die UV-B-Intensität wieder auf Null ab. Die leichten Unregelmäßigkeiten im Kurvenverlauf werden durch hohe schwache Wolken bzw. Nebelschwaden vor der Sonne verursacht.
Je näher der Standort am Äquator liegt, desto höher sind auch die maximalen UV-B-Tageshöchstwerte, weil dann die Sonne mittags höher am Himmel steht als über Gegenden weit südlich oder nördlich vom Äquator. Dies ist in Bild 12 an der roten Kurve für Kakadu im nördlichen Australien (13° südliche Breite) zu sehen: während für Süd-Wales am 6. Mai 2008 um 12 Uhr ein Spitzenwert von "nur" etwa 280 µW/cm2 gemessen wurde, betrug der Maximalwert in Kakadu, das viel näher am Äquator liegt, am 3. Oktober 2006 um 13 Uhr bei ähnlich sonnigem Wetter etwa 460 µW/cm2.. Für Orte, über denen die Sonne genau senkrecht steht, wie z.B. für das nördliche Australien, werden im Dezember Werte sogar bis 475 µW/cm2 gemessen. Je weiter man jedoch nach Norden geht, desto mehr sinken die UV-B-Tageshöchstwerte; außerdem wird gleichzeitig die Sonnenscheindauer kürzer: im gleichen Monat misst man in Florida (USA) bei etwa 25 bis 30° nördlicher Breite nur noch Werte bis 250 µW/cm2 und im US-Bundesstaat Illinois (42° nördliche Breite) sogar nur noch 100 µW/cm2. In noch weiter nördlich gelegenen Regionen sinkt die UV-B-Höchstintensität noch mehr; für Finnlands Hauptstadt Helsinki (60° nördliche Breite) als Beispiel sind im Winter-Monat Dezember höchstens 10 µW/cm2 zu erwarten.
Eine große Zahl von UV-B-Aufzeichnungen für zahlreiche Standorte und Jahreszeiten zeigt Frau Dr. Frances Baines in ihrer empfehlenswerten (englischsprachigen) Website (Baines, 2008).
Bild 12: Gemessene UV-B-Intensitäten während eines Tages für zwei verschiedene Beobachtungsorte bei jeweils klarem Himmel: die lilafarbene Kurve gilt für Süd-Wales, England (52 °N), gemessen am 6. Mai 2008, die rote für Kakadu in Nordaustralien (13 °S), gemessen am 3. Oktober 2006. Messinstrument: Breitbandradiometer Solarmeter 6.2 UVBmeter (280-320 nm). Grafik von Dr. Frances Baines, Wales (UK).
(b) Bewölkung
Aus dem bisher Beschriebenen und aus Bild 12 wird deutlich, wie die UV-B-Intensität der Sonne vom Breitengrad des Standortes und der Tages- und Jahreszeit abhängt. Zusätzlich hat die örtliche Witterung, vor allem die Bewölkung des Himmels, eine ganz entscheidende Auswirkung auf die am Boden ankommende UV-B-Strahlung. Schleierwolken, die sich vor die Sonnenscheibe schieben, reduzieren die Intensität der UV-B-Strahlung mehr oder weniger. Bedecken jedoch graue oder gar dunkle Wolken die Sonne, zeigt das auf die Sonne gerichtete Messgerät innerhalb von nur wenigen Sekunden einen schlagartigen Rückgang der Anzeige auf unter Umständen nur noch ein Zehntel des kurz zuvor bei klarem Himmel gemessenen Wertes an. Die Bewölkung kann sich also viel stärker auf die Stärke der UV-B-Strahlung auswirken als die Lage des Standortes und die Tageszeit. In anderen Worten. Dies mag für viele Leser dieser Abhandlung ungewöhnlich erscheinen, aber es ist Fakt: in unseren heimischen (nördlichen) Breitengraden gibt es durchaus Stunden, ja ganze Tage, mit höherer UV-B-Strahlungsintensität als in den Vorkommensgebieten von europäischen Landschildkröten im südlichen Europa, ja sogar in äquatorialen Gegenden. Nur wenn der Himmel klar ist und die Sonne scheint, ist die UV-B-Strahlung am Äquator deutlich stärker als in Südeuropa, und die in Südeuropa wiederum stärker als in Deutschland.
Die UV-B-Messwerte in Bild 13, die die rote und blaue Kurve ergeben haben, habe ich vom gleichen Standort aus an zwei aufeinander folgenden Tagen aufgezeichnet. Messort war die unmittelbare Umgebung der ostafrikanischen Stadt Moshi in Tansania, in etwa 1.000 m Höhe am Fuße des 5.895 m hohen Kilimandscharo fast auf dem Äquator gelegen.
Bild 13: Gemessene UV-B-Strahlungsintensitäten an zwei aufeinander folgenden Tagen im Januar 2008 außerhalb von Moshi, Tansania, Ostafrika. Jedes Karo- bzw. jedes Rautenzeichen entspricht einem Messpunkt. Messinstrument: Breitbandradiometer Solarmeter 6.2 UVBmeter 280-320 nm).
Die rote Kurve vom 17. Januar 2008 gibt den UV-B-Verlauf an einem sonnigen und vollständig wolkenlosen, heißen Nachmittag des örtlichen Sommers wieder. Leider verpasste ich den Tageshöchstwert, der zwischen 12 und 13 Uhr Ortszeit bei etwa 450 µW/cm2 gelegen haben dürfte. Noch um 17 Uhr war die Sonnenstrahlung so intensiv und blendend, dass man die Sonne ohne gute Sonnenbrille nicht betrachten konnte – was aber nicht zu umgehen ist, wenn man mit einem UV-B-Breitbandradiometer misst. Trotzdem war wegen des niederen Sonnenhöhenwinkels die UV-B-Intensität bereits auf relativ niedrige 76 µW/cm2 gefallen.
Ganz anders die blaue Messreihe vom Vortag, den 16. Januar 2008: am Vormittag war der Himmel noch klar und die UV-B-Intensität stieg am frühen Vormittag wie erwartet steil an. Doch dann zogen leichte Wolken auf. Als sie die Sonne erreichten, fiel die Intensität kontinuierlich von 260 µW/cm2 um 9.45 Uhr auf 110 µW/cm2 um 10.30 Uhr. Dann waren die Wolkenschwaden wieder weg und es wurde sofort wieder voll sonnig (und heiß !): die UV-B-Intensität stieg rapide an. Um 11 Uhr schnellte der Wert sogar innerhalb weniger Sekunden (!) von 200 auf 340 µW/cm2 hin die Höhe und erreichte um 11.45 Uhr mit 400 µW/cm2 seinen Höchststand an diesem Tag. Denn gegen 12 Uhr wurde es diesig und wenig später kamen dunkle Wolken auf, so dass die sich Intensität der UV-B-Strahlung stark abschwächte. Um 13.30 Uhr war es so dicht bewölkt, dass die Sonne nicht mehr zu sehen war: der UV-B-Wert war um 13.30 Uhr nur noch 34 µW/cm2. Es wurde an diesem Tag auch nicht mehr so richtig sonnig schön, so dass die UV-B-Intensitäten am Nachmittag auf geringem Niveau unterhalb von 100 µW/cm2 verharrten.
Was für ein krasser Unterschied zum sonnigen, klaren Sommertag am Tag davor: lediglich 34 µW/cm2 am 16.1. gegenüber 420 µW/cm2 am 17.1. – jeweils um 13.30 Uhr Ortszeit gemessen.
Ich beschreibe dies so ausführlich, um die allgemein kursierende Vorstellung zu korrigieren, dass die UV-B-Strahlung immer umso höher ist, je weiter man sich dem Äquator nähert.
(c) Standorthöhe und weitere Einflussfaktoren der UV-B-Strahlung
Da die Stärke der UV-Strahlung der Sonne durch das atmosphärische Ozon gemindert wird, ist es auch nicht allzu überraschend, dass in höheren Lagen vergleichsweise höhere UV-Intensitäten auftreten als – bei gleichen Witterungsbedingungen – auf Seehöhe. Da sich aber Landschildkröten kaum in größeren Höhen (z.B. ab 1.500 m) aufhalten, sind die näheren Zusammenhänge für uns Schildkröten-Liebhaber auch nur von theoretischem Interesse, zumal die genauen Zusammenhänge recht komplex sind: neben der Höhe spielen nämlich auch noch Faktoren wie die Feuchtigkeit der Atmosphäre in und über den Bergen und der Partikelgehalt eine Rolle. Daher nur zwei grobe Anhaltswerte aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Orientierung: in den tropischen chilenischen Anden wurde im Januar/Februar 1992 eine UV-B-Strahlungssteigerung um 10 % je 1.000 Höhenmeter gemessen (Piazena, 1996), während am bayerischen Wank (1.730 m) im Vergleich zur Stadt Garmisch-Partenkirchen (730 m) der Anstieg mit etwa 24 % je 1.000 m Höhe deutlich stärker ist (Blumenthaler et.al., 1997). Die Erklärung: die chilenischen Anden gelten als äußerst „trockene“ Berge mit einer im hohen Maße sauberen Atmosphäre, während die bayerischen Alpen, vor denen die Luftverschmutzung nicht Halt gemacht hat, als „feuchte“ Berge gelten.
Bild 14: Beispiel für sehr hohe UV-B-Werte in µW/cm2, erklärbar durch den äquatornahen Messort, einen wolkenlosen heißen Sommertag und gleichzeitig eine Standorthöhe von 1.300 m. Messinstrument siehe Angabe zu Bild 13.
Bild 14 fasst die höchsten UV-B-Intensitäten zusammen, die ich bisher bei meinen Reisen gemessen habe, wobei in diesem Falle nur die Messwerte um die Mittagszeit an einem klaren und sonnigen Tag aufgetragen sind. Der Standort lag in 1.300 m Höhe in Kalali, einem kleinen afrikanischen Bauerndorf 21 km von der Großstadt Moshi entfernt, auf dem Weg zum 1.840 m hoch gelegenen Machame Gate des Kilimanjaro (für Bergsteiger: einem bekannten Ausgangspunkt für Kilimandscharo-Besteigungen über die Machame Trekking Route). Schon um 10.30 Uhr Ortszeit betrug die UV-B-Strahlungsintensität 370 µW/cm2. Der Höchstwert trat um 13.00 Uhr mit 500 µW/cm2 auf; danach nahm die Intensität der Strahlung wieder ab.
Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass auch Streuungen und –Reflexionen der Strahlungswellen an Wasseroberflächen, an Schnee- und Gletscherfeldern und an hellem Sand die UV-B-Stärke erhöhen. Deshalb sind beispielsweise auch Bergsteiger und Gletscherwanderer doppelt durch die sehr energiereiche UV-Strahlung gefährdet: zum einen ist die UV-und UV-B-Strahlung auf der Höhe bereits stärker als im Flachland (siehe oben), zum anderen wird die UV-Strahlung durch Reflektionen an Eis- und Schneefeldern zusätzlich erhöht. Nicht uninteressant ist, dass auch hellfarbener Sand, z.B. Wüstensand oder pulvriger weißer Sand an (tropischen) Meeresstränden (Bild 15), die UV-Strahlung und damit auch die UV-B-Intensität um bis zu 15 % verstärken kann (Quelle: www.haut.de).
Bild 15: Nach so viel Stoff über Sonnenstrahlung haben Sie sich, lieber Leser, durch das Betrachten dieses Strandbildes von der Westseite der Insel Sansibar eine kleine "Erholung" verdient. Zwischen den beiden Liegestühlen im Schatten und dem Wasser des Indischen Ozeans war am 18, Januar 2008 mein "Arbeitsplatz" für halbstündliche UV-B-Messungen von 11.30 bis 16.30 Uhr in die direkte Sonne (nicht immer war eine gestellte Aufgabe so angenehm wie wie an diesem Ort). Zwischen 12.35 und 13 Uhr Ortszeit stellte ich den Tages-Höchstwert von etwa 430 µW je Quadratzentimeter fest. Doch dieser Messwert ist durch Strahlungsreflexionen an der Wasseroberfläche und am hellen Sand erhöht. Die Verstärkung ist auf der Ostseite der Insel mit ihren bei Ebbe kilometerweiten, gleißend hellen Sandstränden noch merkbarer. Foto vom Autor.
5.2 Direkte UVB-Messungen in die Sonne über verschiedenen Schildkrötengebieten - im Vergleich zu Süddeutschland
Die bisherigen Ausführungen und Interpretationen in den Kapiteln 5 und 5.1 über eine Auswahl von Strahlungsmessungen an verschiedenen Orten könnten auch unter dem Thema stehen „Wo und wann ist die UV-B-Strahlung der Sonne am stärksten?". Denn so manche Gebiete, in denen ich Strahlungsmessungen durchgeführt habe, sind keine (Land-) Schildröten-Biotope. Im folgenden Abschnitt möchte ich daher einige Messergebnisse vorstellen und diskutieren, die aus Gegenden stammen, in denen Landschildkröten wild oder zumindest unter sehr naturnahen Verhältnissen leben – und im Vergleich dazu Messungen aus meinem Wohnort Friedberg bei Augsburg in Südbayern.
Bild 16: Während der Bootsanfahrt auf die kleine Schildkröteninseln Changuu Island im Indischen Ozean, auch "Prison Island" genannt. Sowoh das Einsteigen in des Boot als auch das Aussteigen an der Insel sind "nasse Vorgänge", da es keinen Steg gibt: Angst vor Wasser darf man also nicht haben.
(a) Aldabra-Schildkröteninsel Changuu Island bei Sansibar
Diese nur 810 x 230 m große und seit einigen Jahren in Privatbesitz befindliche Mini-Insel im Indischen Ozean, noch in Sichtweite von Sansibar, liegt bei 6,3 ° südlicher Breite und besteht aus Vulkangestein mit Korallenaufbau (Bild 16). Bei Flut liegt der höchste Punkt der Insel weniger als 10 m über dem Wasserspiegel (Köhler, 2008a). Inselaufbau und -Klima entsprechen dem weiter im Süden gelegenen, allerdings für Menschen nur schwer erreichbaren, unbesiedelten Aldabra-Atoll mit der größten noch wild lebenden Riesenschildkröten-Population. Auf Changuu Island lebt eine Herde von (Stand Januar 2008) etwa 100 Aldabra-Riesenschildkröten (Dipsochelys dussumieri) unter naturnahen Bedingungen (siehe Foto auf der Startseite von schildi-online.eu). Die Anlage ist so naturnah, dass einzelne Tiere bis vor wenigen Jahren regelmäßig gestohlen wurden bzw. die Insel von selbst auf dem Wasserwege verlassen konnten. Einen ringsum geschlossenen Zaun um das wertvolle Schildkrötenareal gibt es erst seit 2004. Die Messungen der UV-B-Intensität der direkten Sonnenstrahlung in diesem Gebiet machte ich jedoch nicht auf der Mini-Insel selbst, da ich meine dortigen Aufenthalte ausschließlich für Messungen an adulten und der Ermittlung von Gewichten und Größen juveniler Riesenschildkröten nutzen wollte. Die UV-B-Messungen erfolgten daher am Strand des Hauptortes Stone Town von Sansibar, und zwar von dem in Bild 15 gezeigten Standort aus. Das Ergebnis der Aufzeichnungen vom 18. Januar 2008 ist in Bild 17 als blauer Kurvenzug wiedergegeben. Der Messtag war ein sonniger, wolkenloser Sommertag mit einer Lufttemperatur im Schatten von 28 °C schon um 9.15 Uhr morgens, als ich mit meinem Arbeitsprogramm begann. Charakteristisch ist der steile Anstieg der UV-B-Intensität mit zunehmendem Sonnenhöhenwinkel am Vormittag bis zu einem Maximalwert von etwa 430 µW/cm2 während der Mittagszeit; zu diesem Zeitpunkt stand an diesem äquatornahen Punkt die Sonne fast senkrecht über mir. Ab 14.30 Uhr Ortszeit fiel die Strahlungsintensität genauso schnell wieder ab wie sie zuvor angestiegen war. Die letzte Aufzeichnung an diesem Tag war um 16.15 Uhr mit nur noch 110 µW/cm2, obwohl das Thermometer im Schatten zu diesem Zeitpunkt immer noch fast 30 °C anzeigte.
(b) Schildkrötenregion von Testudo graeca ibera in der Südtürkei
Das seit etwa 20 Jahren von mir in Abständen von zwei bis drei Jahren zu Schildkröten-Studienzwecken immer wieder aufgesuchte gleiche Gebiet liegt in der Nähe von Kemer (bei etwa 36,6 ° nördlicher Breite), nicht zu weit von einer Hotel- und Wohnsiedlung entfernt. Zum Strand des Mittelmeeres sind es nur wenige Hundert Meter (Köhler, 2004 und 2008). Hier lebt eine nicht allzu große Population der Maurischen Landschildkröte, zu deren natürlichen Feinden auch Wildschweine gehören (mit einer Wildschwein-Horde mit einigen Jungen machte ich bei meinem letzten Besuch Anfang Juni 2008 am Abend hautnah Bekanntschaft). Mein Standort für die Messungen in die direkte Sonne lag etwa in der Mitte dieses Gebietes.Der rote Kurvenzug der Grafik (Bild 17) zeigt als Beispiel eine am 2. Juni 2008 zwischen 8 und 17.30 Uhr aufgenommene Messreihe, einem sonnigen, wolkenlosen, trockenen und sehr heißen Sommertag. Die höchsten UV-B-Strahlungsintensitäten verzeichnete ich dort mit 341 µW/cm2 zwischen 12.30 und 13 Uhr Ortszeit. Vergleicht man die beiden Kurven blau (äquatornaher Standort) und rot (36,6 ° Süd) in Bild 17, fällt auf den ersten Blick der (zu erwartende) relativ große Unterschied in der maximalen Strahlungsstärke auf. Doch in den Vormittagsstunden und vor allem am Nachmittag liegen die Intensitäten weniger weit auseinander: ab etwa 15.30 Uhr war bei vergleichbarer Witterung die UV-B-Strahlung auf Sansibar/Changuu Island sogar etwas schwächer als im viel weiter nördlich gelegenen türkischen Kemer.
Bild 17: UV-B-Messungen während eines gesamten Tages an einem äquatornahen Standort (blaue Kurve), in einem Verbreitungsgebiet der Maurischen Landschildkröte in der Südtürkei (rote Kurve) und dem Wohnort des Autors in Südbayern als Vergleich (gelbe Kurve). Messinstrument: siehe Bildtext zu Bild 13.
(c) Vergleichsregion Friedberg
Friedberg in Bayern, in unmittelbarer Nähe von Augsburg , liegt auf 48,35 ° nördlicher Breite in rund 500 m Höhe, also nur knapp 12 Breitengrade nördlicher als „meine" Schildkröten-Region bei Kemer in der Südtürkei. Diese Stadt soll als Beispiel für die UV-B-Strahlungsstärke in Deutschland dienen, denn auch für Norddeutschland dürften bei gleicher Wetterlage ganz ähnliche Intensitäten gelten: die nicht sehr großen Strahlungs-Unterschiede aufgrund der unterschiedlichen Lage deutscher Städte dürften angesichts lokaler Wetterunterschiede und der Beschaffenheit (z.B. Sauberkeit) der Luft kaum noch nachweisbar sein.
Die UV-B-Messungen in Friedberg - gelber Kurvenverlauf in Bild 17 - erfolgten am 10. Juni 2008, nur zwei Tage nach meiner Rückkehr aus der Südtürkei und den letzten dort im Schildkröten-Verbreitungsgebiet aufgenommenen Messreihen. Der zunächst sonnige (und warme) Vormittag bei wolkenlosem Himmel äußerte sich in einem ähnlich steilen Anstieg der UV-B-Intensität wie auch kurz zuvor an der Türkischen Riviera registriert. Um 10 Uhr waren bereits 171 µW/cm2 erreicht, eine Stunde später waren es 276 µW/cm2. Doch kurz danach verschwand die Sonne hinter einer einzelnen dunklen Wolke; die Grafik zeigt deutlich die Auswirkung: die Strahlungsintensität brach innerhalb weniger Minuten um die Hälfte auf ein Minimum von 134 µW/cm2 ein. Als die Wolke Minuten später die Sonne wieder freigab, schnellte der Wert sofort wieder auf sein früheres hohes Niveau zurück und erreichte gegen 13 Uhr Ortszeit ein Maximum von 313 µW/cm2. Ich muss zugeben, dass mich dieses hohe Niveau in Bayern selbst etwas überraschte, denn laut Aussage der verfügbaren Literatur, auch nach Beiträgen im Internet, hatte ich erwartet, dass die maximale Strahlungsstärke in unseren Breitengraden deutlich niedriger sein würde als in den südeuropäischen Herkunftsländern der Landschildkröten. Doch meine Messungen bestätigen diese Aussage nicht. Ab 15 Uhr versteckte sich die Sonne über Friedberg erneut hinter einer einzelnen dunklen Wolke. Die Folge war ein sofortiger, allerdings nur kurzzeitiger Rückgang der Strahlungsstärke auf einen Wert um 100 µW/cm2. Denn 15 Minuten später, der Himmel war jetzt wieder sonnig und wolkenlos geworden, war der Ausgangswert fast wieder erreicht. Der Himmel blieb im weiteren Tagesverlauf klar und sonnig und die UV-B-Stärke nahm kontinuierlich mit dem abnehmenden Sonnenhöhenwinkel ab. Erwähnenswert ist, dass die Intensität der UV-B-Strahlung im süddeutschen Friedberg ab dem späten Nachmittag an diesem 10. Juni nicht nur höher war als zur gleichen Tageszeit im türkischen Schildkrötengebiet, sondern sogar höher als am äquatornahen Messort.
Tabelle 2: UV-B-Messungen in Friedberg/Bayern (um die Mittagszeit bzw. am Nachmittag)
Tag | Uhrzeit | Bemerkung | UV-B (μW/cm²) |
1.7.2008 | 12:45 | klarer Himmel, wolkenlos, volle Sonne | 315 |
8.7.2009 | 10:00 | stark bewölkt, leicht regnerisch, kühl | 62 |
25.9.2008 | 10:00 | stark bewölkt, Hochnebel, Sonne nicht zu sehen | 28 |
2.11.2008 |
13:00 15:15 |
sonnig, aber leicht diesig Sonne nicht mehr zu sehen, Hochnebel |
79 6 |
5.11.2008 |
13:15 16:00 |
sonnig, leicht dunstig nach abgezogenem Hochnebel sonnig, unmittelbar vor Sonnenuntergang |
79 2 |
4.12.2008 | 12:00 | Sonne total verhangen | 17 |
14.12.2008 | 14:00 | sonnig, wolkenlos, Boden schneebedeckt | 30 |
22.1.2009 | 12:00 | sonnig klarer Wintertag | 50 |
12.2.2009 | 13:15 | sonnig, Boden und Dächer schneebedeckt | 95 |
28.2.2009 | 13:30 | sonniger Vorfrühlingstag bei strahlend blauem Himmel (Temparaturen: 9°C im Schatten, 29,7°C in der Sonne) | 138 |
28.3.2009 | 12:00 | sonnig, bei bereits aufziehenden Regenwolken | 160 |
In Tabelle 2 sind einige Einzelmessungen der UV-B-Intensität der direkten Sonnenstrahlung in Friedberg/Bayern zwischen Juli 2008 und Ende März 2009 bei ganz unterschiedlichen Wetterbedingungen zusammengestellt. Weitere Strahlungsstärken für die gleiche Region finden sich bei Köhler (2008). Die Zahlenwerte sind eine eindrucksvolle Bestätigung dafür, wie weit die UV-B-Messwerte je nach Wetterlage streuen können. Je nachdem wie wolkenfrei und sonnig der Himmel ist, erreichen die Mittags- bzw. Nachmittagswerte im Spätherbst bzw. im zeitigen Frühjahr immer noch ein Niveau bis etwa 160 µW/cm2. Es macht also durchaus Sinn, etwaige im Spätherbst noch nicht im Winterschlaf befindliche bzw. im zeitigen Frühjahr schon wieder ausgewinterte Schildkröten-Babys auch noch im November oder schon im März an einem sonnigen Nachmittag zur natürlichen UV-B-Versorgung für zwei oder drei Stunden ins Freie an die Sonne zu stellen, Bild 18 (Köhler, 2008).
Bild 18: Sobald die Temperaturen an der Sonne 15 °C oder mehr erreichen, kann man Schlüpflinge auch noch im Spätherbst bzw. im frühen Winter (vor dem Winterschlaf) oder im Spätwinter (nach dem Winterschlaf) für einige Stunden der direkten Sonnenstrahlung im Freien aussetzen und sie so mit wertvoller natürlicher UV-B-Strahlung versorgen. Allerdings dürfen die Schildkröten-Babys nicht schlagartig aus einem Terrarium mit z.B. 35 °C Innentemperatur einer um 20 °C tieferen Temperatur im Freien ausgesetzt werden bzw. umgekehrt. Im Bild einige maurische Landschildkröten mit einer griechischen Landschildkröte (vorne links). Foto vom Autor.
Der sehr geringe UV-B-Wert von lediglich 2 µW/cm2 am 5. November 2008 bei Sonnenuntergang und entsprechend tiefem Sonnenstand ist deswegen erwähnenswert, weil mich die Sonne während der Messung immer noch so stark blendete, dass ich meine Sonnenbrille holen musste. Trotzdem war, wie der Messwert zeigt; fast keine UV-B-Strahlung mehr nachweisbar, die Folge des sehr tiefen Sonnenstandes.
Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass die UV-B-Intensität der Sonnenstrahlung nicht von der Umgebungstemperatur, sondern allein vom Sonnenstand und natürlich dem momentanen Bewölkungsgrad abhängt, So habe ich beispielsweise an meinem Wohnort am 16. August 2009 an einem mit 33 °C im Schatten sehr heißen Sommertag bei klarem Himmel um 15 Uhr UV-B = 258 µW/cm² gemessen, etwa den gleichen Wert wie am 10. Juni 2008 um die gleiche Tageszeit bei ebenfalls wolkenlosem Himmel, aber nur etwa 23 °C Umgebungstemperatur (siehe auch Bild 17).
5.3 Die UV-B-Strahlung im Mikrohabitat von Landschildkröten (am Boden)
Landschildkröten benötigen neben Wärme und Helligkeit zur Vitamin D3-Synthese UV-B-Strahlung. In Kapitel 5.2 ist gezeigt, wie stark an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Jahres- und Tageszeiten das „UV-B-Angebot" der direkten, also ungestörten Sonnenstrahlung ist und von welchen weiteren Faktoren es - teilweise sogar drastisch - beeinflusst wird.
Doch an welche UV-B-Intensitäten sind wild lebende europäische Landschildkröten eigentlich angepasst? Und an welche (mittlere tägliche) Bestrahlungsdauer? Konkrete Untersuchungen darüber, wie viel UV-B eine Landschildkröte über ihre Hautoberfläche (die Carapaxoberfläche zählt dabei nicht mit) an einem Tag oder Monat oder Jahr durchschnittlich aufnimmt, gibt es meines Wissens bisher nicht, zumindest nicht für die bei uns häufig gepflegten Testudo-Arten. Von mir im Jahr 2008 durchgeführte Strahlungsmessungen im Mikrohabitat von Schildkröten, also direkt am Aufenthaltsort der Tiere am Boden, werden deshalb in diesem Kapitel erstmals näher vorgestellt und diskutiert. Auch wenn es sich bisher nur um Einzelmessungen an einer begrenzten Zahl von Landschildkröten in nur wenigen Habitaten handelt, tragen die Folgerungen daraus dennoch dazu bei, unsere Haltungsbedingungen noch besser an die natürlichen Bedingungen der Herkunftsländer anzupassen. Ob die neuen Erkenntnisse zu einem späteren Zweitpunkt vielleicht sogar Lehrmeinungen werden, bleibt abzuwarten ...
Die entscheidende Erkenntnis meiner Feldstudien ist, dass die am Boden lebenden Schildkröten die teilweise sehr hohen UV-B-Strahlungsintensitäten der freien Sonne in den Mittagsstunden nicht „fühlen", nicht einmal einen gemittelten Wert des UV-B-Tagesganges, wie er beispielhaft in Bild 12 bis 14 und Bild 17 gezeigt ist. Denn die freie Strahlung beaufschlagt die Schildkröten am Boden nur eine begrenzte Zeit, dann nämlich, wenn sich die Tiere entweder in der morgendlichen Sonne aufwärmen bzw. auf Futtersuche im freien Gelände unterwegs sind.
Wer sich jedoch der Schweiß treibenden Mühe unterzieht, einer bestimmten Schildkröte im Biotop im Sommer über mehrere Stunden über das Terrain hinweg, und zwar für das Tier unbemerkt, zu folgen, wird bald feststellen, wie wenig sich die Schildkröte der direkten Sonnenstrahlung dann aussetzt, wenn deren Intensität ein Maximum erreicht, also in der Mittagszeit. Europäische Schildkröten, um die es hier primär geht, verbringen die Stunden mit den höchsten Tages-Umgebungstemperaturen und gleichzeitig höchsten Strahlungsstärken des sommerlichen Tages im Halb- oder Vollschatten oder vergraben sich sogar. Die am Ruheplatz ankommende UV-B-Strahlung ist aber wegen des strahlungsabschirmenden Effektes von Bäumen, Sträuchern, Blättern und niederem Gestrüpp über den Schildkröten im Vergleich zu den Tageshöchstwerten der direkten Sonnenstrahlung sehr gering, im Vollschatten sogar nahe Null ! Dass ein einziges dünnes Grashälmchen, dessen Schatten auf die Vorderextremitäten einer Schildkröte fällt, die wirksame UV-B-Intensität erheblich mindern kann, lässt sich durch ein simples Experiment zeigen: führt man einen 4 mm breiten Grashalm langsam zwischen dem Sensor des Radiometers und dem einfallenden Sonnenstrahl durch, bricht der momentane UV-B-Anzeigewert von einem Ausgangswert von beispielsweise 230 auf 120 µW/cm² ein.
Dazu kommt noch, dass an manchen Tagen die Sonne vorübergehend oder auch länger durch hohe oder niedere Bewölkung ganz oder teilweise bedeckt ist; dann ist die UV-B-Strahlung - wie in obigen Grafiken schon gezeigt ist - ohnehin deutlich geringer als bei klarem, sonnigen Himmel. Dies gilt erst Recht für ausgesprochene Schlechtwettertage, die es auch im Sommer im Schildkröten-Biotop gibt.
Die einzige Tageszeit, in der eine Schildkröte im Sommer über längere Zeit nennenswerten UV-B-Strahlungsmengen ausgesetzt ist, ist tatsächlich der Morgen während der Phase der Thermoregulation. Zu dieser Zeit ist aber wegen der noch tief stehenden Sonne die UV-B-Stärke weit vom späteren Tagesmaximum in den Mittagstunden entfernt; dies zeigen deutlich die Bilder 12, 13, 14 und 17. Diese Aussagen möchte ich nachfolgend durch UV-B-Messwerte von zwei verschiedenen Standorten beweisen:
(a) Mikrohabitat der auf der Insel Changuu Island im Indischen Ozean lebenden Riesenschildkröten-Herde (siehe Kapitel 5.2.a) als Beispiel für einen äquatornahen Lebensraum
sowie
(b) Mikrohabitat im natürlichen Verbreitungsraum von Testudo graeca ibera in der Südtürkei als Beispiel für ein typisches südosteuropäisches Vorkommensgebiet von europäischen Landschildkröten (siehe Kapitel 5.2.b).
5.3.1 UV-B-Messungen an tropischen Aldabra-Riesenschildkröten (Beispiel für einen äquatornahen Schildkröten-Biotop; Köhler, 2008a)
Die Strahlungsmessungen stammen vom 19. Januar 2008, also dem regionalen Sommer, mit nahezu senkrechtem Sonnenstand während der Mittagsstunden. Es war ein klarer, wolkenloser Tag; die Temperaturen erreichten mittags Werte bis zu 32 °C im Schatten. Als ich gegen 9 Uhr morgens auf der Insel eintraf (siehe Bild 16), ruhten nur noch einzelne Tiere an der Sonne, mehrere dagegen in einem flachen künstlichen Teich (Bild 19), während die meisten anderen Mitglieder der Herde bereits den Halbschatten aufgesucht hatten. Ein bevorzugter Lieblingsplatz der Schildkröten war dieser Teich, dessen Wasser täglich erneuert wird. Nur hier hielten sich die Riesenschildkröten auch bei direkter Sonnenbestrahlung für längere Zeit auf. Am späteren Vormittag zogen sich fast alle Tiere zur Abkühlung in den stärker mit Bäumen bewachsenen Teil der Insel zurück.
Bild 19: Nur weil sich diese Aldabra-Riesenschildkröten im Wasser eines künstlichen Teiches abkühlen können, lassen sie sich voll von der Morgensonne bescheinen (die Aufnahme entstand um 10 Uhr Ortszeit am 19.1.2008). Die übrigen Tiere aus der Herde hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits in den Halbschatten zurückgezogen. Eine Stunde später lag mit dem höheren Sonnenstand auch der unter lichten Bäumen angelegte Teich im Halbschatten. Foto vom Autor.
Die in Tabelle 3 zusammengestellten UV-B-Messungen erfolgten (ebenso wie die gleichzeitig durchgeführten Carapax-Temperaturmessungen) direkt auf dem Rückenpanzer der Schildkröten an den verschiedenen Aufenthaltsstellen der über die Mini-Insel verteilten Tiere. Dabei ließ ich das Messinstrument für jeweils etwa 10 Sekunden eingeschaltet und notierte mir den ungefähren Mittelwert aus den sich laufend ändernden Anzeigen. Für die Vergleichsmessungen im direkten Sonnenstrahl wählte ich den nur rund 100 m entfernten vegetationslosen Eingangsbereich der Insel.
Tabelle 3: UV-B-Messwerte am Aufenthaltsort von Aldabra-Riesenschildkröten auf Changuu Island im Indischen Ozean. Messinstrument: siehe Angaben zu Bild 13.
Uhrzeit(Ortszeit) | UV-B: direkte Sonne (µW/cm2) | UV-B: Schildkröten-Carapax (µW/cm2) | Bemerkungen |
9:35 | 240 | ca 25-35 | Tiere im Pool |
10:15 | 280 | ca 25 | Tiere im Pool |
11:00 | 371 | ca. 90 | Tiere unter einem Baum (Halbschatten) |
11:45 | 385 | ca. 40 | Tiere unter einem Baum (Halbschatten) |
Die Werte lassen erkennen, dass die Stärke der auf die Riesenschildkröten im Mikrohabitat fallenden UV-B-Strahlung im Gegensatz zur UV-B-Intensität der freien Sonnenstrahlung nicht primär von der Tageszeit abhängt. Entscheidend sind vielmehr zufällige Einflüsse über den Schildkröten: dies sind hauptsächlich windverursachte leichte Bewegungen im Blätterwald der Bäume und daneben geringe Ortsveränderungen der Riesenschildkröten, selbst solche um nur wenige Zentimeter. Wie schon angedeutet wurde, war es bei den Messungen fast unmöglich, einen einheitlichen, stabilen Messwert zu erhalten, da sich die „Lichtflecke" auf dem Körper der Schildkröten praktisch sekundlich in Zahl, Lage und Form und Position veränderten (derartige Licht-Schattenmuster auf dem Carapax von Aldabra-Riesenschildkröten mit mehr Schatten als Licht ist auf dem Foto auf der Startseite sowie auf dem Bild im Artikel „Riesen-Landschildkröte schwamm 740 km weit im Indischen Ozean" in der Rubrik „Aktuelles" von www.schildi-online.eu sehr gut zu erkennen). Häufig konnte ich während der Messdauer von zehn Sekunden auf dem Display des Radiometers gleich ein Dutzend verschiedener Werte ablesen. Obwohl gleichzeitig im Freien gegen Mittag Spitzenwerte um 400 µW/cm² festzustellen waren, lagen die UV-B-Intensitäten an den Ruheplätzen der Tiere trotzdem nur selten, und wenn, dann nur für wenige Sekunden, über 100 µW/cm².
Da nach meinen Studien die Extremitäten (Kopf, Arme, Beine) noch weniger Lichtflecken aufwiesen als der massige Carapax, erhalten die Tiere zur Vitamin D3-Synthese in Wirklichkeit sogar noch weniger wirksame UV-B-Strahlung als in Tabelle 3 angegeben.
5.3.2 UV-B-Messungen im Mikrohabitat von Testudo graeca ibera in der Südtürkei
Die Strahlungsmessungen an mehreren wild lebenden europäischen Landschildkröten erfolgten in der ersten Juni-Woche 2008 in der Region Kemer an der Türkischen Riviera. Während meiner einwöchigen Untersuchungen in einem Biotop der maurischen Landschildkröte (Köhler, 2008b, 2009, 2009a) war es trocken, sonnig und zumindest bis zum Nachmittag nahezu wolkenlos bei Tages-Höchsttemperaturen bis 32 °C im Schatten (etwa 45 °C an der Sonne; siehe auch das Foto in der Rubrik „Aktuelle Infos" dieser Website).
Bild 20: Dieser in der Südtürkei wild lebenden maurischen Landschildkröte mit auffälliger Carapax-Farbmarkierung begegnete ich bei meinen Exkursionen im Juni 2006 und Juni 2008 fast jeden Tag - und fast immer an der gleichen Stelle (Köhler, 2008b). Die Aufnahme entstand am späteren Vormittag, als das Tier zum Schutz vor der intensiver werdenden Sonnenstrahlung von ihrem früheren Sonnenplatz auf dem Weg in den Schatten war. Die Extremitäten befinden sich im Schatten, d.h. trotz teilweiser Besonnung des Rückenpanzers erhält die Schildkröte - zumindest in diesem Moment - nur sehr wenig an UV-B. Foto vom Autor.
In Tabelle 4 sind einige UV-B-Intensitäten im freien Sonnenlicht im Vergleich zu denen über einer größeren Schildkröte zu verschiedenen Zeiten am Vormittag des 1. Juni 2008 zusammengestellt. Das Tier entdeckte ich um 7.30 Uhr morgens, deckungslos unter einem Zitronenbaum sitzend, wo es sich zunächst bis 8.05 Uhr bewegungslos an der vollen Morgensonne aufwärmte (Bild 20; es handelte sich dabei für mich um eine „besondere" Schildkröte, denn ich hatte sie auf den Tag bereits genau zwei Jahre früher an fast der gleichen Stelle entdeckt, vermessen, gewogen und fotografiert; siehe bei Köhler (2008b und 2009)). Danach setzte sich die Schildkröte in Richtung eines kniehohen Gräserfeldes in Bewegung, und, als die höher steigende Sonne auch diese Grasfläche erreichte, in ein anschließendes dichtes, etwa hüfthohes Gestrüpp. Den Weg der Schildkröte habe ich nach Abschluss meiner Messungen durch ein Signalband markiert, siehe das Foto im Kurzbeitrag „Nochmals zum Thema Standtorttreue" in der Rubrik „Interessante Publikationen". Um die Schildkröte bei meiner Tätigkeit nicht zu stören, suchte ich für die Strahlungsmessungen jeweils einige Meter seitlich vom jeweiligen Aufenthaltsort der Schildkröte ein Mikrohabitat mit der gleichen Bepflanzung und genau dem gleichen momentanen Lichtverhältnissen.
Tabelle 4: UV-B-Stärken, gemessen dicht über der in Bild 20 gezeigten wild lebenden maurischen Landschildkröte Testudo graeca ibera. Messinstrument: siehe Angaben zu Bild 13.
Uhrzeit (Ortszeit) | UV-B: freie Sonne (µW/cm²) | UV-B: Ruheort Schildkröte (µW/cm²) | Ruheort der Schildkröte |
8:10 | 90 | 20 | Halbschatten |
9:30 | 170 | 20 | Vollschatten |
10:30 | 237 | 10 | Lichtes Gestrüpp, dort im Vollschatten ruhend |
12:00 | 330 | 20-25 | Dickicht |
12:30 | 336 | 40 | Halbschatten |
13:00 | 332 | 100 | Gestrüpp, Halbschatten |
Auch diese Tabelle zeigt, dass die UV-B-Strahlungsintensität am jeweiligen Aufenthalts- bzw. Ruheort der Schildkröte kaum dem steilen Anstieg der im freien, also direkten Sonnenstrahl gemessenen Intensität folgt. Der um 13 Uhr mit 100 µW/cm² gemessene UV-B-Höchstwert direkt am Tier (bei dieser letzten Messung des Tages wurde das Radiometer direkt neben die Schildkröte platziert, die sofort anschließend zum Vermessen, Wiegen und Fotografieren aus dem Gebüsch geholt wurde), scheint zwar zufällig mit dem Maximalwert der direkten Strahlung übereinzustimmen, doch wenn die Schildkröte ihre Position nur um 2 cm in Richtung Schatten verändert hätte, wäre die Intensität auf weniger als 50 µW/cm² gefallen.
Ein weiteres nicht voraussehbares und somit wichtiges Ergebnis war, dass die auf wild lebende europäische Schildkröten einwirkende UV-B-Strahlung in deren bevorzugtem Mikrohabitat trotz des großen Unterschiedes in der geografischen Breite nicht wesentlich intensiver ist als bei tropischen Landschildkröten in äquatornahen Regionen, obwohl deutliche Unterschiede im Tages-Höchstwert der direkten Sonnenstrahlung auftreten.
5.3.3 Zeitliche Aufteilung der Tages-UV-B-Dosis
In den bisherigen Ausführungen wurde primär die auf Schildkröten im Mikrohabitat wirkende UV-B-Intensität behandelt, also die natürliche Bestrahlungsstärke durch die Sonne, messbar in der auf die Fläche bezogene Energieeinheit µW/cm². Mindestens genau so wichtig ist aber die Frage, wie lange diese Intensität auf die Tiere einwirkt, also die UV-B-Dosis. Man erhält die Dosis, indem man die UV-B-Intensität mit der Bestrahlungszeit multipliziert.
Nehmen wir als Beispiel (stark vereinfachend) an, dass sich eine Schildkröte an einem Sonnentag sechs Stunden lang (6 h) einer mittleren UV-B-Stärke von 150 µW/cm² aussetzt. Dann errechnet sich die Dosis zu
150 µW/cm² x 6 h = 900 µWh/cm² = 0,9 mWh/cm² (= 3240 mJ/cm²)
(Hinweis: die Einheit mWh, Milliwatt-Stunden, lässt sich durch Multiplikation mit dem Faktor 3.600 in die Einheit Milli-Joule, mJ, umrechnen)
Weiterhin ist es mit Blick auf die Haltung von Schildkröten in Innengehegen von großem Interesse, wie sich diese Tages-Dosis in der Natur zeitlich aufteilt. Es ist für das im Terrarium bestrahlte Tier sicherlich ein großer Unterschied, ob eine bestimmte UV-B-Dosis durch kurzzeitigen Betrieb eines leistungsstarken UV-Strahlers erzeugt wird, oder durch den Langzeitbetrieb einer leistungsschwächeren Lampe. So könnte die Dosis von 900 µWh/cm² aus unserem einfachen Zahlenbeispiel theoretisch auch durch eine Kurzzeitbestrahlung von z.B. nur 1 Stunde, dafür aber bei einer unnatürlich hohen Bestrahlungsstärke von 900 µW/cm² am Tier erreicht werden, denn
900 µW/cm² x 1 h = 900 µWh/cm²
Nur die Gegebenheiten in den Herkunftsländern unserer Pfleglinge können richtungsweisende Hinweise darauf geben, ob unsere technischen (Wärme- und UVB-) Bestrahlungsmaßnahmen bei der Landschildkröten-Pflege in Innengehegen artgerecht sind oder nicht. Leider scheint es zu diesem Fragenkomplex bisher keine Studien zu geben, zumindest verlief eine entsprechende Literaturrecherche ohne verwertbares Ergebnis.
Daher führe ich hier erstmals die Ergebnisse meiner (zeitaufwändigen) Feldstudien von Juni 2008 in der Südtürkei am Beispiel von zwei wild lebenden Landschildkröten Testudo graeca ibera an. Dabei folgte ich jeweils einem Tier aus sicherem Abstand über einen möglichst langen Zeitraum längs seines Wanderweges im Gelände und registrierte dabei (neben den zurückgelegten Teilstrecken in Metern) die am momentanen Standort am Boden herrschenden UV-B-Intensitäten, zusammen mit den zugehörigen Aufenthaltszeiten (Köhler, 2008b, 2009). Die Messungen erfolgten in unregelmäßigen Abständen immer dann, wenn die Schildkröte ihren Platz wechselte, zum Beispiel von einem Sonnenplatz in den Halb- oder Vollschatten bzw. umgekehrt. Um die jeweilige Schildkröten nicht zu stören und zu Fluchtreaktionen zu veranlassen, was falsche Ergebnisse und damit falsche Schlussfolgerungen bedeuten würde, wurde die Strahlungsintensität nicht direkt am Tier gemessen, sondern einige Meter seitlich an einer Stelle, deren Besonnung und Mikroflora identisch mit der Situation am eigentlichen Standort der Schildkröte war. Für jeden dieser einzelnen Zeitabschnitte, von denen einige nur wenige Minuten lang waren, lässt sich damit gemäß der oben angeführten Gleichung eine „Teil-Dosis“ errechnen. Summiert man schließlich alle diese Teilbeträge über die gesamte Beobachtungszeit auf, erhält man den Betrag für die Gesamt-Strahlungsdosis, die auf die Schildkröte an dem betreffenden Tag gewirkt hat.
Es versteht sich, dass sich eine einzelne Person an einem 8-Stunden-Tag nur mir einer einzigen Schildkröte beschäftigen kann, will man sie nicht vorzeitig aus den Augen verlieren. Die Zahl der zu studierenden Tiere ist daher bei einer derartigen Aufgabenstellung zwangsläufig begrenzt.
Die Messungen erfolgten in den ersten Junitagen des Jahres 2008: um diese Zeit war es an der Türkischen Riviera trocken, wolkenlos und heiß mit Mittagstemperaturen an der Sonne von 46 °C (siehe Foto der Thermometer/Hygrometer-Anzeige in der Rubrik „Aktuelles“). Eingesetzt wurde das hier schon öfters erwähnte Breitbandradiometer Solarmeter 6.2UVB, das den Wellenlängenbereich bis 320 nm (und etwas darüber hinaus; Erläuterung siehe unter Kapitel 4.2 bzw. 4.2.1) abtastet.
(a) Ergebnis „Hotelschildkröte“ vom 1. Juni 2008
Das von mir wegen ihrer farbigen Carapax-Markierung als „Hotelschildkröte“ bezeichnete frei lebende Weibchen (es lebte vermutlich früher zeitweise im Park einer der vielen südtürkischen Hotelanlagen, fand dann aber entweder von selbst die Freiheit wieder oder wurde von tierliebenden Hotelgästen ausgesetzt) ist für mich eine „alte Bekannte“, denn ich hatte das gleiche Tier fast auf den Tag genau zwei Jahre zuvor fast an der gleichen Stelle schon einmal fotografiert und vermessen (Köhler, 2008b), siehe auch die Plastron-Vergleichsansichten 2006/2008 in der Rubrik „Interessante Publikationen“ dieser Website. Es handelt sich um das in Bild 20 gezeigte Tier. Seine mit zahlreichen Zecken besiedelte Hinterextremitäten sind in dem Beitrag „Zecken an wild lebenden europäischen Landschildkröten“ in der Rubrik „Interessante Publikationen“ zu sehen.
Bild 21: Aufsummierte UV-B-Dosis in µWh/cm² für die frei lebende „Hotelschildkröte“ (Testudo graeca ibera) am Vormittag des 1. Juni 2008. Die Messungen begannen um 7.30 und endeten um 13 Uhr Ortszeit. Die blauen Balken geben die bis zur jeweiligen Uhrzeit kumulierte Dosis an. Im gesamten Beobachtungszeitraum von 5 ½ Stunden erfuhr die Schildkröte insgesamt eine UV-B-Dosis von etwa 160 µWh/cm². Grafik vom Autor nach eigenen Untersuchungsergebnissen.
Um das Ergebnis möglichst einfach darstellen zu können, wurden die Teildosis-Beträge für jede volle Stunde aufaddiert und in Bild 21 als Balken aufgetragen. Der Unterschied in der Höhe zweier benachbarter Balken ist also die stündlich hinzugekommene Strahlungsdosis, deren Betrag im Tagesverlauf Schwankungen unterworfen ist. So betrug die Dosiserhöhung für die „Hotelschildkröte“ an diesem Tag in der Zeit zwischen 8 und 9 Uhr etwa 34 µWh/cm², zwischen 10 und 11 Uhr trotz der mittlerweile deutlich gestiegenen UV-B-Intensität der (freien !) Sonne jedoch nur ca. 17 µWh/cm². Die Erklärung dafür ist, dass sich das Tier am frühen Morgen voll an der direkten Sonne aufwärmte (UV-B-Intensität direkt am Tier um 8 Uhr: 63 µW/cm²), während sie später den Halb- und Vollschatten aufsuchte (UV-B-Intensität um 11 Uhr im Halbschatten, ebenfalls direkt am Tier, nur noch ca. 20 µW/cm². Auffällig ist auch die relativ starke Zunahme der UV-B-Dosis von etwa 39 µWh/cm² zwischen 12 und 13 Uhr. Erklärung dafür: die „Hotelschildkröte“ wurde auf der Suche nach bevorzugten Futterpflanzen immer mal wieder, wenn auch nur kurz, voll von der direkten Mittagssonne beschienen, deren UV-B-Intensität an diesem Tag ein Niveau von fast 340 µW/cm² erreichte.
Niemand dürfte es anstreben, einen derartigen Verlauf im Innen-Terrarium oder in einem Schildkröten-Gewächshaus aus Glas, das die UV-B-Strahlung nicht durchlässt, auch nur annähernd zu imitieren, denn von zu vielen Zufälligkeiten hängt die Zunahme der sich auf das Tier fallenden UV-B-Gesamtstrahlung aus. Hätte die Schildkröte beispielsweise um die Mittagszeit keinen oder nur wenig Hunger verspürt, hätte sie sich entsprechend kürzer der direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt, mit dem Ergebnis, dass die Zunahme zwischen 12 und 13 Uhr geringer ausgefallen wäre.
Doch eines macht die Grafik deutlich, und dies aufzuzeigen ist mir wichtig: die auf die Schildkröte wirkende UV-B-Gesamtdosis ist nicht etwa das Ergebnis einer Kurzzeit-Intensivbestrahlung durch die Sonne, sondern entwickelt sich im Verlauf von mehreren Stunden, also den ganzen Tag über. Da die Gesamtdosis der „Hotelschildkröte“ am 1.6.2008 während der Messperiode von 5 ½ Stunden etwa 160 µWh/cm² betrug, entspricht dies einer mittleren wirksamen UV-B-Intensität von 160 ./. 5,5 = ca. 30 µW/cm².
Theoretisch wäre zwar im Terrarium bei einer täglichen Kurzzeitbestrahlung von 30 Minuten unter einer entsprechend leistungsstarken UV-Lampe die gleiche Dosis auch mit einem Strahler mit einer UV-B-Intensität von 322 µW/cm² (direkt am Tier) zu erreichen (vorausgesetzt die verwendete Lampe weist ein ähnliches Spektrum im UV-Bereich wie die Sonne auf; Details dazu siehe frühere Kapitel). Dies wäre jedoch alles andere als artgerecht, ganz abgesehen davon, dass erst zu klären wäre, welche physiologischen Auswirkungen eine derartige Bestrahlung im Vergleich zur natürlichen UV-B-Langzeitbestrahlung hat: erstens ist die UV-B-Bestrahlung bei wild lebenden Landschildkröten, wie hier erläutert ist, ein Prozess von mehreren Stunden, zweitens setzen sich Schildkröten in ihren natürlichen Vorkommensgebieten in Südeuropa im Sommer niemals längere Zeit der direkten Mittagssonne aus.
Nun mag man mir entgegen halten, dass sich ja auch (manche) Menschen im Solarium einer intensiven Kurzzeitbestrahlung mit starken Bräunungslampen aussetzen. Ja, doch dies tun sie ganz freiwillig, auf eigene Gefahr und vor allem mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen (Eincremen, Schutzbrille, limitierte Bestrahlungsdauer usw.), um schmerzhafte Augen- und Hautschäden zu vermeiden (oft genug passieren sie trotzdem !). Für Jugendliche unter 18 Jahren ist der Besuch eines Solariums in Deutschland ganz verboten! Aber Augen und Haut von Landschildkröten bleiben ungeschützt, wenn sie, womöglich aus kurzem Abstand, mit einer extrem leistungsstarken UV-Lampe kurzzeitbestrahlt werden, vor allem wenn sie sich nicht aus dem gefährlichen Strahlungsbereich herausbewegen können. Diese Situation ist immer dann gegeben, wenn das Tier zur externen UV-B-Kurzzeitbestrahlung aus einem Terrarium in ein enges Behältnis direkt unter der Lampe gesetzt wird.
(b) Ergebnis „Parkschildkröte“ vom 2. und 4. Juni 2008
Diese Schildkröte wurde von mir so genannt, weil sie, von den Gästen offensichtlich unbemerkt, in dem weniger frequentierten Teil der Parkanlage eines großen südtürkischen Hotels am Mittelmeer lebt (Bild 22). Das Tier zeigt eine massive Panzernekrose mit Verlust lose gewordener Hornschilde. Es hatte jedoch klare Augen, war äußerst vital und kräftig, neugierig, zeigte guten Appetit, dunklen Kot und war erheblich lauffreudiger als die unter (a) vorgestellte „Hotelschildkröte“. Im Vergleich zu dieser stand ihr allerdings nur ein sehr eingeschränkter Lebensraum in Form einer ca. 20 m langen, an der engsten Stelle nur 1 m breiten Fläche zur Verfügung (Köhler, 2009).
Bild 22: Dieses etwa 1,5 kg schwere Testudo graeca ibera-Weibchen mit starker Panzernekrose, von mir "Parkschildkröte" getauft, diente mir an zwei vollen Tagen als wertvolles Beobachtungsobjekt. Zum Abschluss meiner Messungen blickt es hier interessiert in die Linse meines Fotoapparates.
Diese Schildkröte habe ich am 2. und erneut am 4. Juni 2008 jeweils ganztägig beobachtet. Die UV-B- und Zeitaufzeichnungen erfolgten wie unter (a) für die „Hotelschildkröte“ beschrieben, ebenso die Auswertung der Daten. Das Ergebnis ist in Bild 23 grafisch dargestellt.
Bild 23: Aufsummierte UV-B-Dosis in µWh/cm², die die „Parkschildkröte“ an zwei Tagen im Juni 2008 erhielt. Die blauen Balken geben die Ergebnisse für den 2.6. wieder, die roten für den 4.6.2008. Im gesamten Beobachtungszeitraum von jeweils rund 8 Stunden betrug die empfangene UV-B-Dosis ca. 190 µWh/cm² (2.6.2008) bzw. 240 µWh/cm² (4.6.2008). Grafik vom Verfasser nach eigenen Untersuchungsergebnissen.
Vergleicht man Bild 23 mit Bild 21, fällt auf, dass sich die „Parkschildkröte“ vor 10 Uhr Ortszeit am Vormittag offensichtlich keiner UV-B-Strahlung ausgesetzt hat. Der Grund dafür ist, dass das „Refugium“ des Tiers im Ostteil des Hotelparks direkt an der äußeren Begrenzungsmauer zum Nachbarhotel liegt; dort dauert bis gegen ½ 10 Uhr Ortszeit, bis die Morgensonne so hoch am Himmel steht, dass die ersten Sonnenstrahlen über diese Mauer in den Mikro-Lebensraum der Schildkröte gelangen; bis zu diesem Zeitpunkt fällt praktisch auch keine UV-B-Strahlung auf das Tier (von einer sehr geringen Intensität durch Streustrahlung abgesehen). Interessant ist auch, dass die Schildkröte nicht versuchte, durch eine entsprechend längere Sonnenexposition am späten Nachmittag das UV-B-„Defizit“ vom frühen Vormittag auszugleichen: obwohl sie noch voll von der heißen Sonne beschienen wurde, zog sie sich bereits um 16.30 Uhr zum Schlafen in den Vollschatten des Dickichts zurück. Eine Kontrolle zwei Stunden später an der von mir markierten Stelle im Unterholz ergab, dass sie immer noch an der gleichen Stelle ruhte.
Dividiert man die kumulierte Tagesdosis durch die Beobachtungszeit von 8 Stunden, ergibt sich für den 2. Juni eine durchschnittliche UV-B-Intensität von ca. 24 µW/cm² und für den 4. Juni ein Durchschnittswert von ca. 30 µW/cm². Beide Werte stimmen nicht nur gut untereinander, sondern auch mit dem UV-B-Mittelwert für die „Hotelschildkröte“ an einem anderen Standort und Tag überein.
Als Fazit dieser (und weiterer durchgeführter ähnlicher) Messungen kann festgehalten werden, dass die Maurischen Landschildkröten in dem besuchten Verbreitungsgebiet in der Südtürkei Anfang Juni bei schönem, trockenem und heißem Sommerwetter über den Tag hinweg gemittelt in ihrem Mikro-Lebensraum einer durchschnittlichen effektiven UV-B-Intensität von nur ungefähr 30 µW/cm² (am Tier gemessen) ausgesetzt sind, wobei die Einwirkzeit 8 Stunden beträgt.
Zur UV-B-Einwirkung während anderer Jahreszeiten der Landschildkröten-Saison kann ich zurzeit nur qualitative Aussagen machen, da ich selbst bisher weder im Frühjahr noch im Herbst im natürlichen Biotop gemessen habe und wohl auch noch keine vergleichbare Messungen anderer Autoren vorliegen: Im Juni und Juli ist wegen des noch höheren Sonnenhöhenwinkels die UV-B-Intensität in der direkten Sonnenstrahlung höher als ich sie Anfang Juni gemessen habe, doch die Erhöhung der Werte am Boden dürfte wegen des natürlichen Abschirmeffektes der Flora nur minimal sein; ich schätze grob, dass die durchschnittliche Tages-Intensität im Mikrolebensraum der Schildkröten an vergleichbar schönen Tagen zwischen Mitte Juni und Ende August von 30 auf vielleicht ca. 35 µW/cm² ansteigen könnte. In den Wochen und Monaten danach und ebenso im Frühjahr steht die Sonne tiefer als Anfang Juni am Himmel, d.h. die UV-B-Intensität der direkten Sonnenstrahlung ist geringer. Auch hier ist es so, dass sich dieser Effekt kaum auf die Werte am Boden auswirkt. Es ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass die leichte UV-B-Abnahme im Mikro-Lebensraum der europäischen Landschildkröten dadurch (über- ?) kompensiert wird, weil die Tiere ihre Thermoregulationsphasen an der schwächeren Sonne im Frühjahr und Herbst etwas verlängern und dadurch relativ mehr UV-B aufnehmen.
Alle diese Angaben gelten nur für schöne und wolkenlose Sonnentage. Nun ist es aber auch in den Verbreitungsgebieten der europäischen Landschildkröten in Südeuropa im Verlauf eines Schildkrötenjahres nicht immer schön, sondern es gibt diesige und bewölkte Tage sowie Regentage mit UV-B-Intensitäten, die gegen Null tendieren.
Berücksichtige ich dies und gehe ich ferner davon aus, dass sich auch andere europäische Testudo-Arten in ihren natürlichen Lebensräumen in Bezug auf die UV-B-Aufnahme ähnlich verhalten wie die von mir beobachtete Art Testudo graeca ibera in der Südtürkei, so kann aufgrund meiner Studien die Aussage getroffen werden, dass die europäischen Landschildkröten über das gesamte Schildkrötenjahr gesehen bei einer täglichen achtstündigen Exposition nicht mehr als mit einer durchschnittlichen UV-B-Intensität von ungefähr 30 µW/cm² (gemessen am Tier) bestrahlt werden.
Was für ein gewaltiger Unterschied zu den (verallgemeinernden) Aussagen der Leuchtmittelindustrie, des Handels und praktisch aller anderen Autoren! Noch in meinem Buch (Köhler, 2008) habe ich aufgrund einer sehr groben Abschätzung (bei den Arbeiten zum Buch im Jahr 2007 gab es noch keine UV-B-Messungen an frei lebenden Landschildkröten) eine ungefähre mittlere UV-B-Intensität am Boden von etwa 90 µW/cm² angegeben (dieser Wert liegt bereits deutlich unter allen bisher publizierten Werten), doch meine Strahlungsmessungen von Juni 2008 im Biotop haben nun gezeigt, dass der tatsächliche Mittelwert sogar noch geringer ist.
Es ist unbestritten, dass Landschildkröten als wechselwarme Reptilien erst eine bestimmte Körpermindest-Temperatur durch Sonnen-Wärmebestrahlung oder, falls im Terrarium gehalten, durch entsprechende Wärmelampen benötigen, bevor sie ein Hungergefühl entwickeln und die aufgenommene Nahrung auch weitestgehend verdauen können. Es ist sowohl in der Natur als auch im Gartengehege und im Terrarium häufig gut zu beobachten, wie die Tiere derartige Wärmeplätze gezielt aufsuchen und sie erst dann verlassen, wenn diese Temperatur erreicht ist.
Doch wie sieht es bezüglich der UV-B-Bestrahlung aus? „Merkt“ eine Landschildkröte selbst, welche Tages-Dosis an UV-B sie erhalten hat? Setzt sie sich bei einem Mangel an UV-B gezielt der Bestrahlung durch eine UV-B-Quelle (Sonne bzw. UV-Lampe) aus? Oder erhält sie UV-B eher beiläufig zusammen mit der Aufnahme von Wärme?
Leider ergab eine Literaturrecherche im mir zugänglichen Fachschrifttum keine Antwort auf diese und ähnliche Fragen. Doch auch bei diesem Themenkomplex führen entsprechende Biotop- und Tierbeobachtungen zu einer Antwort.
Beobachtet man im natürlichen Habitat in der warmen Jahreszeit das Erwachen frei lebender Landschildkröten (was vom Beobachter ein entsprechend frühes Aufstehen erfordert), wird man feststellen, dass sich die Schildkröten in den frühen Morgenstunden in den meisten Fällen der noch flach einfallenden und deshalb relativ schwachen Sonnenstrahlung so aussetzen, dass ihr Körper in möglichst kurzer Zeit erwärmt wird. Dies geschieht offenbar dann, wenn sich die Tiere zur einfallenden Morgensonne so positionieren, dass möglichst viel ihrer Körperoberfläche beschienen wird. Dies wiederum ist nach meinen Feldstudien dann der Fall, wenn sich Schildkröten entweder mit der Körperlängsachse quer zur Sonneneinfallsrichtung stellen (Bild 24) oder wenn die Sonne das Tier von hinten bescheint. In beiden Fällen wird ein großer Teil der Carapaxoberfläche und damit der gesamten Körperoberfläche erwärmt. Viele Schildkrötenhalter können an ihren Tieren im Gartengehege eine noch effizientere Sonnenbestrahlung dann beobachten, wenn sich die Tiere an der Umfriedung des Geheges oder an den Flanken eines Hügels schräg platzieren (Bild 25). Doch im Schildkrötenbiotop fehlen in der Regel entsprechende Mauern oder Bretter- oder Palisadenzäune bzw. Hügel.
Bild 24: Wild lebende Landschildkröte beim Sonnenbad, aufgenommen um 8 Uhr Ortszeit am 1. Juni 2008. Es ist das Tier, das auch in Bild 20 zu sehen ist. Auch die Fliege auf dem (4.) Rippenschild scheint die Morgensonne zu genießen. Kopf, Arme und Beine der Schildkröte liegen hier völlig im Schatten, d.h. es wirkt praktisch keine UV-B-Strahlung auf die Haut ein. Die rote Farbe auf dem Carapax rührt von einer früheren Hotelmarkierung her (Details hierzu siehe z.B. Köhler 2008b, 2009). Foto vom Autor.
Bild 25: Für Verhaltensstudien bei den eigenen Schildkröten im Gartengehege gilt noch mehr als im natürlichen Lebensraum das Motto „sehen, doch ohne selbst bemerkt zu werden“, da Schildkröten bei der Anwesenheit von Personen ihr Verhalten sofort ändern (z.B. Flucht im Biotop, Futtererwartung im Gehege). Diese Aufnahme eines sich in den ersten Sonnenstrahlen wärmenden Maurischen Landschildkrötenpaares wurde um 9 Uhr aus diesem Grund mit einem Teleobjektiv gemacht. Die Sonne kommt von links: das größere Weibchen, das den Kopf hoch anhebt, hat sich so platziert, dass es von hinten beschienen wird, das kleinere Männchen hat sich seitlich zum Sonnenstrahl ausgerichtet. Foto vom Autor.
UV-B zur Vitamin D3-Synthese wird nur über die Haut (Kopf, Arme und Beine) und nicht über den Panzer aufgenommen. Bei flachem Sonneneinfallswinkel am Morgen - nur dann ist, wie an anderer Stelle dieses Artikels begründet wurde, zumindest bei wild lebenden europäischen Landschildkröten, ein längeres Sonnenbaden zu beobachten - werden diese drei Körperteile dann am vollständigsten bestrahlt, wenn sich die Tiere mit ausgestreckten Armen und Beinen so positionieren, dass sie direkt in die Sonne blicken. Doch genau diese Ausrichtung konnte ich im Habitat nur in wenigen Fällen beobachten, so dass ich davon ausgehe, dass sich die Schildkröten nach dem Aufwachen möglichst schnell aufwärmen wollen – ohne Rücksicht darauf, wie viel UV-B sie dabei über die Hautpartien aufnehmen. Ein längeres Sonnenbad dürfte dabei gar nicht im Interesse der wild lebenden Schildkröten sein, denn in dieser Phase (noch tief stehende Sonne) sitzen sie meist schutzlos und relativ leicht zu entdecken im freien Gelände. Dieser Aspekt gilt insbesondere für Schlüpflinge und Jungtiere, die noch leicht von Großvögeln erbeutet und weggetragen werden könnten.
Zum späteren Vormittag hin erreicht die Sonne einen immer höheren Stand am Himmel: Wärme- und UV-B-Strahlungsintensität am sonnenbeschienenen Boden sind im Vergleich zum frühen Morgen gestiegen. Spätestens jetzt ist die „Betriebstemperatur“ der Schildkröten erreicht: sie beenden ihr Sonnenbad und gehen nun auf Futtersuche, in der Regel im Halbschatten. Wenn sie sich dabei kurzzeitig auf sonnigen Flächen bewegen, sind sie vorübergehend weiterhin der UV-B-Strahlung ausgesetzt, doch hat für die Tiere dabei offensichtlich nicht die UV-B-Dosisvermehrung, sondern das Auffinden von Futterpflanzen oberste Priorität.
Die Mittagsstunden verbringen Landschildkröten im natürlichen Verbreitungsraum in der Regel in schattigen Versteckplätzen. Denn dort finden sie nicht nur frische Futterpflanzen, sondern auch noch eine höhere Feuchtigkeit und damit Kühlung, wie die Zahlen in Tabelle 5 zeigen. In den heißen Sommermonaten graben sie sich vorübergehend sogar ganz oder zumindest teilweise ein (Ästivation). Im Tagesgang hat nun die UV-B-Intensität der (freien) Sonnenstrahlung ein Maximum erreicht, doch die ruhenden Tiere „merken“ davon in ihren geschützten Versteckplätzen nichts. Hätten die Tiere ein UV-B-Defizit, könnte dies zu dieser Tageszeit im Sommer durch einen nur wenige Minuten dauernden Aufenthalt an der direkten Sonne ausgeglichen werden – ein Vorgang, der nach meinen Beobachtungen jedoch so ebenfalls nicht erfolgt.
Tabelle 5: Lufttemperatur und Feuchtigkeit am Mittagsruheort einer Landschildkröte Testudo graeca und 2 m davon entfernt an der Sonne (Messungen 1.6.2008, 12 Uhr Ortszeit, Südtürkei)
Messort | Vollschatten | an der Sonne |
Temperatur; °C | 30 | 45,5 |
Relative Feuchte; % | 57 | 27 |
Die Nachmittagsstunden – Umgebungstemperatur und UV-B-Intensität sind bereits wieder am Abfallen – durchstreifen Schildkröten eher lichtes Gehölz, legen dabei aber auch immer wieder Ruhepausen ein. Ein Sonnenbad zu dieser Tageszeit ist wegen der immer noch relativ hohen Umgebungstemperatur von beispielsweise deutlich über 30 °C an der Sonne eher selten zu beobachten. Bild 26 zeigt als Beispiel eine Dalmatinische Landschildkröte (Testudo hermanni hercegovinensis) an einem für europäische Landschildkröten typischen Aufenthaltsort: die Lichtflecke auf dem Rückenpanzer lassen erkennen, dass das Tier nur wenig Sonnenstrahlung und damit auch wenig UV-B erhält. Dennoch könnte sich die Situation minütlich ändern: schon eine Bewegung der Schildkröte um nur 1-2 cm kann je nach dem Pflanzenbewuchs über ihr eine höhere UV-B-Einstrahlung auf Kopf sowie Arme und Beine bewirken. Doch solche Bewegungen erfolgen nach meinen Beobachtungen primär zur Steuerung des Wärmeeinfalles auf den Carapax.
Bild 26: Eine männliche Dalmatinische Landschildkröte in Licht und Schatten im Pflanzengewirr am Rand einer Macchia in Kroatien südlich von Zadar. Diese Szene ist typisch für den Hauptruheort von europäischen Landschildkröten. Das Bild gibt auch einen guten Eindruck von der hervorragenden Tarnfärbung des Tiers. Foto von Ricarda Schramm.
Die Zeit zwischen dem spätem Nachmittag und dem Abend ist gekennzeichnet durch weiter abfallende Temperaturen und einem rapiden Rückgang der UV-B-Intensität der Solarstrahlung. Nun wagen sich die Tiere zum Tagesabschluss noch einmal auf Futtersuche (die Männchen auf die Suche nach paarungsbereiten Weibchen) und gelangen dabei vermehrt auch wieder ins offene Gelände. Doch je später der Nachmittag wird, desto rascher fallen die UV-B-Werte im Gelände gegen Null, wie die Grafiken in diesem Artikel in verschiedenen Regionen deutlich zeigen. Selbst wenn eine Schildkröte um 18 Uhr noch auf einem sonnenbeschienenen Platz ruht, erfährt sie keine nennenswerte UV-B-Dosiserhöhung mehr.
Aus all diesen Beobachtungen folgere ich, dass Landschildkröten ihre täglichen Aktivitäten nicht gezielt zur UV-B-Dosiserhöhung durchführen, sondern dass die UV-B-Bestrahlung das zufällige Ergebnis von vielen kurz- und langzeitigen Aufenthalten an der Sonne beim morgendlichen Erwärmen und bei der Futtersuche sind.
Im Frühjahr und im Herbst sind die Aufenthaltszeiten von Landschildkröten an der Sonne wegen der geringeren Tagestemperaturen länger als im Sommer, doch es kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass die UV-B-Bestrahlung in diesen Jahreszeiten intensiver ist: im Frühjahr und im Herbst ist die UV-B-Intensität der Sonnenstrahlung geringer als im Sommer.
Sollten wild lebende Landschildkröten bei ungünstigen Witterungsverhältnissen oder ausgesprochen schlechtem und kaltem Wetter ihre Verstecke nicht verlassen, können sie auch kein UV-B aufnehmen.
Durch ein einfaches Experiment mit von mir gepflegten indischen Sternschildkröten (Geochelone elegans) stellte ich die - vorläufigen - Ergebnisse meiner Freilandbeobachtungen auf den Prüfstand. In einem oben offenen Zimmer-Holzgehege befestigte ich die beiden Strahler für die Wärme- und die UV-B-Bestrahlung in einem Abstand von gut 40 cm voneinander. Direkt unterhalb der UV-B-Lampe war die Futterplatte. Den Zugang zum Lichtkegel der Wärmelampe, also zum wärmsten Bereich im Terrarium, erschwerte ich für den Versuch durch einige Holzwurzeln. Nun fütterte ich die Tiere und beobachtete, welche Strahlungsquelle sie bevorzugen würden. Würden sie nach dem Fressen am Fressplatz, also direkt unter der UV-B-Leuchte, verweilen, wäre dies ein Indiz für eine gewollte UV-B-Aufnahme. Würden sie sich nach dem Fressen dagegen zur Wärmelampe bewegen, würde dies bedeuten, dass Landschildkröten primär an der Wärmeversorgung und nicht an einer UV-B-Versorgung interessiert sind (wobei letzteres natürlich nicht heißt, dass Schildkröten auf UV-B-Strahlung verzichten).
Versuchsergebnis:
Das Ergebnis des Versuches, den ich mehrere Tage lang hintereinander wiederholte, war wie folgt: sofort nach dem Fressen verließen die Schildkröten ihren Fressplatz unter der UV-B-Lampe und suchten sich über die Holzwurzeln hinweg einen Platz unter dem Wärmestrahler (Bild 27). Dies zeigte mir, dass kein ausgesprochenes UV-B-Defizit vorliegen kann.
Bild 27: Wärme- und UV-B-Bestrahlung in einem oben offenen Holzterrarium für eine Gruppe Indischer Sternschildkröten (Geochelone elegans): unter der UV-B-Leuchte (rechts) befindet sich der Fressplatz (auf dieser Aufnahme nicht mehr zu sehen). Jedesmal wenn die Tiere gefressen hatten, verweilten sie nicht länger unter der UV-B-Lampe, sondern bewegten sich zielstrebig zum Lichtspot des Wärmestrahlers (links oben). Die beiden Lampen waren 45 cm voneinander entfernt. Später versetzte ich die UV-Lampe so, dass ihr Strahl ungefähr zusammen mit dem der Wärmelampe auf den bevorzugten Ruheplatz der Schildkröten fiel.
Öfters habe ich Schildkröten in Verkaufsterrarien mit an unterschiedlichen Stellen angebrachten Wärme- und UV-Lampen beobachtet. Auch hierbei konnte ich sehen, dass die Tiere meist nicht unter dem UV-B-Strahler, sondern unter der Wärmelampe sitzen. Bei einer größeren Messe hatte ich eines Tages Stand- und Infodienst neben einem 16 m2-Schildkrötengehege, das mit sieben semi-adulten südamerikanischen Köhler- und Waldschildkröten (Chelonoides carbonaria bzw. Chelonoides denticulata) besetzt war (siehe die Notiz "Köhler- und Waldschildkröten auf der Aqua-Fisch 2008" in der Rubrik "Besucher-Fotos" dieser Website). Ausgestattet war das oben offene Gehege mit mehreren leistungsstarken Wärme- und UV-B-Hängeleuchten. Innerhalb von acht Stunden sah ich nur ein einziges Mal eine der acht Schildkröten etwa 15 Minuten lang unter einem der UV-Strahler verweilen. Aber auch der Lichtstrahl der Wärmelampen wurde erstaunlicherweise kaum aufgesucht; ich vermute, dass wegen der (über-) starken Leuchten die am Boden erzeugte Temperatur für diese Tiere viel zu hoch war (Köhler, 2008).
Diese Beobachtungen in Zimmergehege, Terrarien und im Freiland zeigen mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass Landschildkröten nicht registrieren, ob und wie viel UV-B an einem Tag auf ihre Haut wirkt und ob dies für die vollständige Vitamin D3-Synthese ausreicht oder nicht. Maßgebend ist für sie eine möglichst rasche Erwärmung. In der Natur liefert die Sonne Wärme und UV-B gleichzeitig und die Schildkröten im freien Lebensraum sind seit vielen Jahrmillionen an diese Situation angepasst.
Im Terrarium ist die Situation deswegen unterschiedlich, weil fast alle bisher verfügbaren Wärmelampen kein oder nur sehr wenig UV-B-Strahlung abgeben. Der Pfleger muss also bei der (überwiegenden) Innenhaltung zusätzlich zu Helligkeit und Wärme auch für UV-B sorgen. Doch wie diese Veröffentlichung, insbesondere das Kapitel 5, zeigt, wurde bisher der UV-B-Bedarf von (europäischen) Landschildkröten überschätzt, sowohl vom Handel, von den Herstellern und vor allem auch von den Haltern selbst.
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6.1 Allgemeines
Für aufmerksame Leser dieser Serie kann das nun folgende abschließende 6. Kapitel keine allzu großen Überraschungen mehr bringen, allerdings nur was die Anforderung von Landschildkröten an die UV-B-Versorgung betrifft. Denn die Gegebenheiten im Mikrohabitat europäischer Landschildkröten sind in Abschnitt 5.3.2 am Beispiel der Maurischen Landschildkröten ausführtlich beschrieben und durch Messwerte und lange Beobachtungsserien begründet. Die wichtigsten Erkenntnisse werden an dieser Stelle nochmals kurz zusammengefasst:
(1) Im natürlichen Lebensraum in Süd- und Südosteuropa ist die UV-B-Intensität der Sonnenstrahlung geringer als am Äquator, wo die Sonne Mittags ihren höchsten Stand am Himmel erreicht. Es ist daher falsch, am Äquator gemessene UV-B-Intensitäten der direkten Sonne als Richtschnur für Bestrahlungslampen im Terrarium anzusehen – was aber in der Praxis oft erfolgt.
(2) Im Mikrohabitat der Landschildkröten, das nach oben hin weitgehend durch Bäume, Büsche, Gestrüpp und Gräser abgeschirmt ist, wirkt nur ein vergleichsweise geringer Teil der Sonnenstrahlung und damit auch des UV-B-Bereiches auf die Haut der Tiere. Dazu kommt, dass die UV-B-Intensität schon bei geringen vor der Sonne vorbeiziehenden Nebel- und Wolkenfeldern sekundenschnell stark reduziert wird und bei schlechtem Wetter sogar gegen Null tendiert.
(3) Zwar erwärmen sich europäische Landschildkröten in den frühen Morgenstunden im Biotop in der vollen Sonnenstrahlung, doch zu dieser Tageszeit ist die UV-B-Intensität wegen der flach einfallenden Sonnenstrahlen gering. Ähnliches gilt für die frühen Abendstunden. Andererseits: in den sommerlichen Mittagsstunden, dann wenn die UV-B Strahlung ihr Maximum erreicht, ruhen die Schildkröten im Dickicht und „spüren“ von der hohen Strahlungsintensität sehr wenig.
(4) Zwar sind in den kühleren Jahreszeiten die Aufwärmdauern von Schildkröten an der ungeschützten Sonne länger, aber im Frühjahr und im Herbst erreicht die UV-B-Intensität nicht mehr das hohe Niveau wie im Sommer.
Das UV-Speziallampenangebot im Handel (Bild 28) ist enorm groß, aber leider gleichzeitig immer noch so unübersichtlich, dass jeder Unkundige überfordert sein muss. Dazu kommt, dass das Verkaufspersonal in der Regel von der Materie wenig Ahnung hat, wie ich bei mehreren Testgesprächen erfahren habe. Oft wird dem ahnungslosen Kunden die teuerste UV-Lampe mit sehr hoher UV-B-Abgabe empfohlen – obwohl dies für die Bestrahlung von Landschildkröten nicht nötig ist (Lehmann, 2007). Oder es wird dem Schildkrötenpfleger eine „Schildkröten-Speziallampe“ verkauft, die „besonders viel UV-A" abgibt. Angeboten werden aber auchLampen und Strahler, die nachweislich überhaupt kein UV-B abgeben.
Bild 28: Derartige Stände mit einer Vielzahl von Terraristik-Leuchtmitteln aller Bauarten und von verschiedenen Anbietern findet man regelmäßig auf Reptilienbörsen. Doch die Fachberatung auf dem Gebiet der UV-B-Versorgung von Landschildkröten lässt zu wünschen übrig. Foto vom Verfasser.
Schlimmer noch sind die oft fehlenden, falschen oder ungenauen technischen Angaben zur erzeugten UV-B-Strahlung eines Produktes auf dessen Gebrauchsanweisung, sofern eine solche überhaupt mitgeliefert wird. Da werden beispielsweise Emissionswerte in Prozent angegeben, ohne dass ersichtlich ist, um welche Emissionsart (UV-A? UV-B? UV-A + UV+B?) es sich dabei handelt und auf was sich die Prozentangabe bezieht. Sind absolute Messwerte in µW/cm² angeführt, und nur die sind aussagekräftig, bleibt in vielen Fällen offen, für welchen Bestrahlungsabstand zur Schildkröte sie gelten und mit welchem Messgerätetyp und nach welcher Einbrenndauer der Lampe sie gemessen wurden. Ein Anbieter bewirbt seine UV-Lampe beispielsweise mit einer überraschend hohen UV-B-Abgabe, doch erst auf Nachfrage erfährt man, dass die UV-B-Intensität für den Glaskörper, also den Abstand Null bezieht. Die Einheiten Milliwatt und Mikrowatt werden gelegentlich immer noch verwechselt – was einem Fehler von 1000 entspricht! Und oft ist nicht angegeben, aus welchem Abstand eine Landschildkröte mit dem Produkt eigentlich bestrahlt werden soll.
Die allgemeine Unsicherheit und Unkenntnis möchte ich am Beispiel einer leistungsstarken Mischlichtlampe eines bekannten Herstellers bzw. Lieferanten aufzeigen: im Firmenkatalog steht bei 60 cm Abstand für dieses Produkt eine UV-B-Abgabe von 500 µW/cm² (Neuzustand der Lampe), auf der Verpackung des Strahlers ist aber für den gleichen Abstand ein Wert von 1.100 µW/cm² aufgedruckt. Neuerdings befindet sich auf dem Karton sogar noch ein Aufkleber mit einem dritten Messwert. Welcher wohl nun gilt?
Ein Unding ist auch die zum Scheitern verurteile Praxis der Hersteller/Vertreiber, die UV-B-Intensität eines Strahlungskörpers in „Prozent UV-B“ anzugeben. Jeder Interessent geht natürlich davon aus, dass eine Lampe mit „10 % UV-B“ besser ist als eine mit „5 %“. Das trifft aber oft nicht zu. Denn der Prozentwert gibt nur an, wie viel Prozent der Gesamtlichtleistung (= UV-A + UV-B + sichtbares Licht) einer Lampe auf UV-B entfällt. Die Gesamtlichtleistung wiederum hängt primär von der Leistungsaufnahme des Strahlers in Watt ab. So kann beispielsweise eine wattstarke Lampe mit nur „2 % UV-B“ eine höhere UV-B-Leistung in Watt) haben als eine schwache Lampe mit z.B. „7 % UV-B“.
Nun wird es aber sogar noch etwas schwieriger: selbst bei gleicher Leistungsaufnahme muss eine Lampe mit „10 % UV-B“ nicht unbedingt die doppelte absolute Strahlung abgeben als eine Lampe gleicher Wattzahl mit „5 % UV-B“. Zwar stimmen die Prozentangaben ungefähr, aber unsere Schildkröten fühlen eben nicht „% UV-B“, sondern die absolute UV-B-Intensität in der Einheit µW/cm². Eine lichttechnische Messung von zwei Strahlern des gleichen Herstellers, die eine mit „10 % UV-B (Ultra High UVB)“ und die andere mit „5 % UV-B (Medium UVB)“ hat beispielsweise beim gleichen Messabstand folgendes ergeben: die vermeintlich sehr viel mehr UV-B abgebende „Ultra High UVB-Lampe“ erbrachte 62 µW/cm², die vermeintlich deutlich schlechtere aber fast genau so viel, nämlich 59 µW/cm2! Das ist lediglich 5 % Unterschied … Die Erklärung dafür: die Lampe mit nur „5 % UV-B“ erzeugt sehr viel mehr helles (sichtbares) Licht und hat damit eine viel höhere Gesamtlichtleistung als die andere Lampe. Da die UV-B-Menge beider Lampen aber fast identisch ist, wird der Quotient aus UV-B-Anteil und der Gesamtstrahlung rechnerisch deutlich kleiner – trotz praktisch fast gleich großer UV-B-Emissionen beider Lampen.
Ich kann daher nur dringend dazu raten, sich beim Kauf von UV-Lampen nicht von den Prozentangaben leiten zu lassen. Entscheidend ist vielmehr, wie viel µW/cm² UV-B eine Lampe in welchem Abstand und nach welcher Betriebsstundenzahl abgibt. Im Grund genommen sollte man meiner Meinung nach nur Lampen kaufen, die diese drei Werte angeben.
Zugegeben, schon die geringsten technischen Änderungen am Strahlungskörper beeinflussen die Strahlungsmerkmale und damit natürlich auch die UV-B-Intensität. Wird die Lampe eines Herstellers in Lizenz oder im Auftrag in Fernost produziert, ist davon auszugehen, dass die Strahlungsleistungen trotz gleicher Bauart anders sind als die der deutschen Originallampe – schon allein deswegen, weil die verwendeten Werkstoffe in der Regel nicht völlig identisch sind. Wenn dann der Lizenzgeber auf die gründliche optische Neuvermessung seines im Ausland hergestellten Produktes durch ein neutrales Fachinstitut verzichtet, geht es am Ende mit falscher technischer Dokumentation (falls überhaupt vorhanden) an die Endkunden.
Nicht zuletzt durch die Hinweise und Ermahnungen des Autors in den letzten beiden Jahren in Richtung Hersteller [Köhler, 2008] hat sich zwar in letzter Zeit vieles zum Besseren geändert, doch es bleiben immer noch zahlreiche Fragen und Unsicherheiten offen.
6.2 Einschränkungen
UV-B-Vermessungen von Lampen, insbesondere die wünschenswerte Aufnahme von Strahlungsspektren, sind sehr teuer. Aus diesem Grunde, und weil sich das Produktsortiment ständig ändert, ist es dem Verfasser in Rahmen dieser kostenfreien Website nicht möglich, für alle heute auf dem Markt befindlichen Strahler verlässliche Strahlungsspektren zu präsentieren. Weitere Gründe: es ist oft gar nicht bekannt, ob zwei UV-B-Strahler von verschiedenen Lieferanten, die zwar unterschiedliche Markenbezeichnungen und Verpackungen haben, doch vom Aussehen, der Bauform und der Leistung gleich sind, in Wirklichkeit nicht vom gleichen Hersteller stammen, dann also auch in ihren UV-B-Kenndaten identisch sind. Man ist daher auf Angaben der Hersteller, auf die nicht gerade zahlreiche Fachliteratur und auf eigene Messreihen mit dem UV-B-Breitbandradiometer angewiesen. www.schildi-online.eu kann außerdem nicht gewährleisten, dass die in dieser Arbeit angegebenen Strahlungseigenschaften einer UV-Lampe, die bereits zwei oder drei Jahre auf dem Markt ist, noch identisch sind mit denen des gleichen Produktes, das ein Kunde im Zoogeschäft oder im Versandhandel kauft.
Es sei nochmals daran erinnert, dass eine mit einem Breitbandradiometer gemessene UV-B-Emission von Strahlungskörpern in der Einheit µW/cm2 keine Aussage darüber erlaubt, wie weit die (künstliche) Strahlung dem freien Sonnenlicht entspricht. Es ist leider auch nicht möglich, festzustellen, welche von mehreren mit Breitbandradiometern vermessenen Lampen der Sonnenstrahlung am ehesten entspricht, oder ob beispielsweise die UV-B-Fluoreszenzröhre X besser ist als die bauähnliche Leuchtstoffröhre Y eines anderen Herstellers. Selbst wenn zwei UV-B-Strahler verschiedener Hersteller bei Messungen mit dem Breitbandradiometer bei gleichem Alter und gleicher Bestrahlungsdistanz die gleiche UV-B-Intensität aufweisen, kann nicht ausgesagt werden, welche der beiden für die Vitamin D3-Bildung die bessere ist. Es gibt nur eine Ausnahme: vergleichende Aussagen wären nur dann möglich, wenn die mit den (sehr euren) Spektralradiometern (Kapitel 4.1) gemessenen Spektren aller verfügbaren Lampen vorliegen und genau miteinander bzw. mit dem Sonnenspektrum verglichen werden. Wer vergessen hat oder nicht weiß, warum dies so ist, sei auf die Erläuterungen im Kapitel 4, vor allem auf die Abschnitte 4.1 und 4.2 bzw. 4.2.1, hingewiesen.
Die meisten hier veröffentlichten Messergebnisse stammen von dem Breitband-Radiometer des Typs Solarmeter Model 6.2UVB des US-Unternehmens Solartech (Bild 11). In einigen Fällen präsentieren wir jedoch auch Lichtspektren, die mit einem Spektralradiometer aufgezeichnet wurden.
Glücklicherweise weisen wenigstens einige UV-Leuchtstoffröhren ein Spektrum im UV-Bereich auf, das dem Sonnenspektrum recht ähnlich ist (Abschnitt 6.3.5). Nur wenn das Spektrum einer Leuchtstoffröhre gut mit dem natürlichen Sonnenspektrum übereinstimmt und man im Besitz des Solarmeters 6.2UVB ist, kann man die mit diesem Gerät im Freien gemessenen UV-B-Intensität mittels eines entsprechenden Bestrahlungsabstandes einer UV-B-Röhre im Terrarium „einstellen“. Mit allen anderen Lampentypen funktioniert das jedoch nicht [Köhler, 2004].
Zwangsläufig erhebt sich bei vielen Lesern jetzt die Frage, was der Wert dieser relativ preiswerten Taschen-Breitbandradiometer (Preis Ende 2009: ca. 400 Euro) eigentlich ist: neben ihrer hervorragenden Eignung für aussagekräftige Freilandmessungen erlauben sie beispielsweise die einfache und schnelle Messung der Änderung der UV-B-Strahlungsstärke mit zunehmendem Bestrahlungsabstand und Aussagen über den Verlust an UV-B-Intensität mit zunehmender Betriebsstundenzahl. Eine einfache Übung stellt ferner die Messung der Strahlungsverstärkung durch Reflektoren oder der Strahlungsreduzierung beim Durchgang durch Glas, Maschengitter und andere Werkstoffe dar. Auch lässt sich leicht feststellen, wie die UV-B-Intensitäten mehrerer baugleicher Lampen ein und desselben Herstellers streuen.
Etwas vereinfachend seien die in dieser Abhandlung näher besprochenen UVB-Strahler eingeteilt in
6.3 UV-Leuchtstoffröhren (Fluoreszenzlampen)
6.4 UV-Kompaktlampen für E27-Fassungen
6.5 UV-Mischlichtstrahler für E27-Fassungen
Gleich zu Beginn ist festzuhalten, dass alle Glühfadenlampen und die diversen „Reptilien-Spotstrahler“ im Preissegment bis zu etwa 12 Euro je Birne (Handelsbezeichnungen z.B. Basking Spot, Crystal Sun Spot usw.) kein UVB abgeben, auch wenn einige Anbieter mit (missverständlichen) Aussagen wie „Vollspektrum bis in den UV-Bereich“ werben. Entsprechendes gilt für die moderneren Neodymiumlampen. Auch HQI-, HQL- und Halogenleuchten, deren Glaskörper keine UV-Strahlung durchlassen, eignen sich nicht als UV-B-Quelle zum Einsatz in der Landschildkröten-Terraristik.
6.3 UV-Leuchtstoffröhren
Es handelt sich bei diesen stabförmigen Lampen um so genannte Niederdruck-Entladungslampen. Im Gegensatz zu den Temperaturstrahlern (Glühlampe, Halogen-Glühlampe) erzeugen sie ihr Licht nicht durch eine Temperaturstrahlung, sondern durch einen Entladungsprozess in ionisierten Gasen (Edelgase, Metalldämpfe). Je nach der Zusammensetzung der Gase und dem Gasdruck verschiebt sich das erzeugte Lichtspektrum mehr in den sichtbaren oder in den UV-Bereich. Damit ist auch die entstehende Lichtfarbe unterschiedlich. Wichtig für Terrarianer ist folgende Gesetzmäßigkeit: Leuchtstoffröhren erzielen keine große Lichtintensität, da das Licht über eine große Fläche verteilt wird. Je höher ihre UV-B-Emission ist, desto schwächer ist außerdem ihre Lichtausbeute. Dies bedeutet, dass man im Schildkröten-Terrarium neben der UV-B-Quelle „Leuchtstoffröhre“ immer auch noch einen weiteren Strahler zur Erzeugung von Helligkeit und Wärme benötigt. Wie alle Entladungslampen benötigen Leuchtstofflampen ein Vorschaltgerät und einen (Glimm-) Starter.
UV-Leuchtstoffröhren gibt es in unterschiedlichen Längen und teilweise auch Röhrendurchmessern, wenn auch meist mit 26 mm Durchmesser (T8-Röhren). Seit Mai 2010 sind jedoch auch schon die ersten T5-UV-Leuchten auf dem Markt. Je länger die Röhre ist, desto höher ist auch ihre Leistungsaufnahme:
14 Watt (W) bei 37,5 cm Länge
15 W bei 45 cm
18 W bei 60 cm
25 W bei 75 cm
30 W bei 90 cm
36 W bei 120 cm
38 W bei 105 cm Länge.
Einer der Vorteile von UV-Leuchtstoffröhren gegenüber den nur eine kreisförmige Teilfläche beleuchtenden anderen Lampenbauarten ist, dass die UV-B-Abgabe über eine größere Fläche im Terrarium erfolgt. Verlässt eine Schildkröte den begrenzten Strahlungskegel z.B. einer Metalldampflampe, wirkt keine UV-B-Strahlung mehr auf sie ein, auch wenn die Lampe noch den ganzen Tag angeschaltet bleibt. Die Leuchtstoffröhre erzeugt im Gegensatz dazu eine rechteckige UV-B-Fläche auf dem Boden des Terrariums: bewegt sich eine Schildkröte zum anderen Ende ihres Terrariums, wird sie trotzdem noch weiter mit UV-B bestrahlt, was der Situation im freien Lebensraum nahekommt.
6.3.1 UV-B in Abhängigkeit der Bestrahlungsentfernung
Wie für jede andere Lampe gilt auch für Fluoreszenzleuchten, dass die abgegebene Strahlung, und damit auch die UV-B-Intensität, mit zunehmendem Bestrahlungsabstand abnimmt. Tabelle 6 zeigt dies für eine zufällige Auswahl von fabrikneuen UV-Spezialröhren verschiedener Hersteller.
Anmerkung: es ist nicht ausgeschlossen, dass seit der lichttechnischen Vermessung der Röhren das eine oder andere Produkt verbessert wurde, was in der Regel auch eine entsprechend höhere UV-B-Abgabe bedeuten kann.
Tabelle 6: UV-B-Abgabe fabrikneuer Leuchtstoffröhren verschiedener Hersteller bzw. Anbieter (angeschafft 2004/05) in µW/cm2, in Abhängigkeit vom Bestrahlungsabstand, gemessen direkt unter der Röhre. Röhrenlänge = 60 cm, Einbrennzeit = 1-3 Stunden; Messungen nach [Baines, 2009] mit Solarmeter 6.2 UVB-Breitbandradiometer; alle Röhren ohne Reflektor
Marke |
35 cm
|
25 cm
|
15 cm
|
5 cm
|
ReptiSun 5.0 UVB / Iguana Light 5.0 UVB (ca. „6 % UVB“) - ZooMed
|
15 | 25 | 45 | 120-130 |
Arcadia D3 Reptile (ca. „5% UVB“)
|
20-25 | 35-40 | 55-60 | 135-145 |
ReptiSun 10.0 UVB (ca. „10 % UVB“) - ZooMed
|
30-35 | 45-50 | 75-80 | 190 |
ReptiGlo 8.0 (ca. „8 % UVB“) - ZooMed
|
15 | 20-30 | 35-45 | 100-120 |
*) bis auf die Leuchtstoffröhre ReptiSun 10.0 hatten alle anderen getesteten Röhren 26 mm Durchmesser (T8-Röhren).
Von-Bis-Werte ergeben sich, weil selbst marken-, bau- und längengleiche neue Leuchtstoffröhren aufgrund ihrer Toleranzen unterschiedlich viel UV-B emittieren und weil auch das eingesetzte Messinstrument eine bestimmte Messungenauigkeit aufweist. Wie man sieht, streuen die Messwerte bis auf die neue Leuchtstoffröhre ReptiSun 10.0 nicht allzu stark. Übereinstimmend lässt sich für die vermessenen Röhren näherungsweise sagen, dass eine Verdopplung des Bestrahlungsabstandes etwa eine Halbierung des UV-B-Niveaus zur Folge hat.
Der Röhrendurchmesser hat nur einen relativ geringen Einfluss auf die UV-B-Abgabe.
Nochmals sei gesagt, dass die Angaben in Tabelle 6 keine Bewertung der getesteten Röhren in Bezug auf eine möglichst naturnahe Vitamin D3-Synthese erlauben. Es wurde in diesem Artikel schon an früherer Stelle ausgesagt: eine UV-Lampe kann noch so kräftige UV-B-Peaks in ihrem Spektrum über der Wellenlänge aufweisen, wenn diese aber bei der „falschen“ Wellenlängenzahl auftreten, schaden sie unter Umständen eher als sie nützen – eine Feststellung, die vor allem für andere, unter Umständen wesentlich teurere Lampen gilt.
6.3.2 UV-B in Abhängigkeit der Betriebszeit
Auch der UV-B-Abfall mit zunehmender Betriebsstundenzahl ist mit Ausnahme der ReptiSun 10.0 bei den übrigen getesteten Produkten ähnlich, wie folgende Zahlen für einige jeweils 25 cm lange Leuchtstoffröhren nach einer Betriebszeit von insgesamt 105 Stunden bei 25 cm Bestrahlungsabstand zeigen [Baines, 2009]:
ReptiGlo 5.0 (ExoTerra) 17,5 µW/cm2
ReptiGlo 8.0 (ExoTerra) 20
ReptiSun 5.0 (ZooMed) 25
Arcadia 5.0 30
ReptiSun 10.0 (ZooMed) 42
Alle Werte gelten für einen Betrieb ohne Reflektor.
6.3.3 UV-B-Abnahme nach längeren Betriebszeiten
Nach vorliegenden Messergebnissen nehmen die UV-B-Emissionen in etwa den ersten Hundert Stunden Brenndauer zunächst rascher, bei sehr langen Betriebszeiten dann aber deutlich weniger stark ab. Dies zeigen folgende Angaben für die 45 cm lange Leuchtstoffröhre ReptiGlo 8.0 (mit aufgesetztem Reflektor); die Angaben gelten für 15 cm Bestrahlungsabstand [Baines, 2009]:
150 Stunden 120 µW/cm2
600 Stunden 92
1.000 Stunden 92
1.750 Stunden 85
2.500 Stunden 80
4.000 Stunden 75
Trägt man diese UV-B-Emissionen über der Stundenzahl auf und extrapoliert die dabei entstehende Kurve in Richtung höherer Stundenzahlen, würde die ReptiGlo 8.0 nach 10.000 Betriebsstunden in 15 cm Abstand immer noch fast 55 µW/cm2 UV-B abgeben; dies entspricht etwa der Hälfte der UV-B-Intensität bei der Inbetriebsetzung der fabrikneuen Röhre. Bei einer täglichen Einschaltdauer von 6 Stunden, was der Bestrahlungssituation im natürlichen Lebensraum nahekommt, wären dies immerhin 4 ½ Jahre. Kein Grund also, UV-B-Leuchtstoffröhren schon nach einem Jahr oder gar noch öfters durch neue zu ersetzen, auch wenn diese Feststellung der Handel nicht gerne zur Kenntnis nehmen wird. Bedenkt man ferner, dass die europäischen Landschildkröten die Hälfte des Jahres im Freien verbringen (sollten !) und dort selbst bei unserem gemäßigtem Klima ausreichend UV-B durch die Sonne aufnehmen, dann müsste die als Beispiel gewählte Leuchtstoffröhre ReptiGlo 8.0 (mit Reflektor) noch seltener ausgetauscht werden.
6.3.4 Deutliche Leistungsverbesserung bei aufgesetztem Reflektor
Wird eine UV-B-Leuchtstoffröhre in einem Terrarium mit aufgesetztem Hochglanzreflektor aus Aluminium betrieben, wie er im Fachhandel preisgünstig angeboten wird, wird die UV-B-Abgabe etwa verdoppelt. Denn die Strahlung fällt nunmehr nicht mehr auf die Seitenscheiben eines Terrariums, sondern wird ausschließlich auf die Bodenfläche reflektiert, dort, wo sich die Schildkröten bewegen.
Bei einer Ausstattung der Leuchtstoffröhren mit Reflektoren verdoppeln sich die in Tabelle 6 angegeben UV-B-Intensitäten.
6.3.5 Welche UV-Leuchtstoffröhren können als „gut“ bezeichnet werden?
Einige - allerdings nur wenige - Fachleute und Wissenschaftler konnten durch weitergehende Untersuchungen und Messungen, wie z.B. zusätzliche Erfassung des so genannten UV-Index mit dem amerikanischen Spezial-Messinstrument Solarmeter 6.5 (siehe Kapitel 4.3) bzw. durch eine genaue Auswertung des Spektrogrammes einer Lampe und Vergleich mit der natürlichen Spektralverteilung der Sonne ermitteln, welche von ihnen eine sonnenähnliche Strahlung zumindest im engen UV-B-Bereich des Spektrums abgeben und somit für die Schildkröten-Bestrahlung als „gut“ bezeichnet werden können. Bei diesen Marken ist dann in der Tat davon auszugehen, dass beispielsweise 80 µW UVB/cm2 an der Sonne gemessen etwa das Gleiche ist wie 80 µW UVB/cm2 unter den UV-Leuchtstoffröhren (jeweils mit dem Breitbandradiometer Solarmeter 6.2UVB gemessen). Dies bedeutet: sonnt sich eine Landschildkröte im Freien im Sonnenlicht unter 80 µW/cm2 und eine andere im Terrarium unterhalb einer der genannten Leuchtstoffröhren unter ebenfalls 80 µW/cm2, ist die Vitamin D3-Produktion bei beiden Tieren sehr ähnlich, denn sowohl die Sonne als auch einige UV-Röhren haben ähnliche UV-Indexwerte von etwa 1,5 bis 2,0 [Baines, 2008].
Wie wir noch sehen werden, ist diese Situation allerdings bei vielen anderen Lampentypen nicht gegeben, denn bei ihnen liegt der UV-Index teilweise bei über 10.
Nach Frances Baines aus England sind dies, mit Stand von Ende Dezember 2007, die nachfolgend aufgeführten UV-Leuchtstoffröhren [Baines, 2007a]. Die Qualitätskriterien sind: möglichst sonnenähnliches Spektrum, keine gefährliche Strahlungsabgabe und technisch ausgereiftes Produkt mit guter Lebensdauer:
-
F71T12-BL (vermutlich nur in den USA erhältlich; das Spektrum dieser Röhre im UV-A und UV-B Bereich ähnelt dem der Sonne sogar so gut, dass ihr Licht zur Kalibrierung von amerikanischen Breitbandradiometern verwendet wird)
-
ZooMed Repti Sun 10.0
-
Arcadia D3-Plus 12% UVB Reptile Lamp
-
ZooMed ReptiSun 5.0 bzw. ZooMed Iguana Light (gleiche Lampe)
-
Arcadia D3 Reptile Lamp 6% UVB Reptile Lamp
-
Sylvania ReptiStar
-
ExoTerra ReptiGlo 5.0
Der finnische Wissenschaftler Jukka Lindgren führte vor einigen Jahren spektrometrische Untersuchungen bei mehreren UV-Fluoreszenzröhren durch [Lindgren, 2004], wobei er das Gerät IL700A Research Radiometer von International Light Inc. (Newburyport, USA) mit dem S-20 Photomultiplier PM271D als Messkopf verwendete. Sein Ziel war es, aus den Spektrogrammen nicht nur einen einzigen, „mittleren“ UV-B-Wert zu bestimmen, sondern zwei: einen für den Teil-Wellenlängenbereich zwischen 280 und 304 nm, der Bereich, der hauptsächlich für die Vitamin D3-Bildung bei Landschildkröten angesehen wird (UVB-1) und einen für den Wellenlängenbereich darüber, nämlich 305-319 nm (UVB-2), dem sogar teilweise Vitamin D3-zerstörende Wirkung zugeschrieben wird. Je größer nun das Verhältnis UVB-1 zu UVB-2 einer Lampe ist, desto besser ist sie in Bezug auf die Vitamin D3-Bildung.
Das beste Resultat nach diesem Kriterium erzielte die ZooMed-Röhre ReptiSun 5.0 UVB (14 W) mit einem gemessenen Verhältnis UVB-1/UVB-2 = 0,25. Interessant: eine markengleiche Röhre, die bereits 3.600 Betriebsstunden hinter sich gebracht hatte, schnitt mit dem gleich guten Verhältnis (0,25) ab; zumindest diese Leuchtstoffröhre verändert also ihre UV-B-Verteilung mit ihrer Lebensdauer nicht oder nur unwesentlich. Die Absolutwerte von UVB-1 und UVB-2 waren übrigens nur ca. 20 % geringer, was die hier gemachten Ausführungen über die Lebensdauer von UV-Leuchtstoffröhren bestätigt.
Die zweitbeste Lampe war Narva Reptilight (Quotient 0,224) und den dritten Platz erreichte das Produkt ExoTerra ReptiGlo 5.0 (Quotient 0,136) noch vor ExoTerra ReptiGlo 8.0 (0,113) vom gleichen Hersteller/Vertreiber, während bei der ReptiGlo 2.0 im Wellenlängenabschnitt zwischen 280 und 304 nm überhaupt keine UV-B-Intensität gemessen werden konnte (d.h. Quotient = 0).
Enttäuschend war auch die Reptile Desert 7 % UVB (Hersteller: Energy Savers Unlimited, ESU): trotz der vielversprechenden Angabe „7 % UVB“ gab diese Röhre insgesamt nur 0,3 % ihrer Gesamtstrahlleistung als UVB-Strahlung ab, die außerdem restlos auf den „ungünstigen“ UV-B-Bereich zwischen 305 und 319 nm entfiel.
Daran ist erneut zu erkennen, wie fragwürdig teilweise Werbeaussagen sind (es kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass die Reptile Desert zwischenzeitlich verbessert worden ist).
6.3.6 Wie hoch über den Schildkröten soll eine (gute) UV-Röhre aufgehängt werden?
Anfang Dezember 2009 besuchte ich eine Reihe von Zoofachgeschäften und Zoomärkten sowie eine Reptilienbörse und kontrollierte dort die angebotenen aktuellen UV-Leuchtstoffröhren von verschiedenen Anbietern (Bild 29). Zwar ist bei allen Produkten auf der Verpackung die wenig brauchbare prozentuale UV-B-Abgabe angegeben und mittlerweile auch, wenn auch nur in Briefmarkengröße und in (wenig aussagekräftiger) prozentualer Darstellung, die Spektralverteilung, doch es fehlt bei fast allen Marken die entscheidende Aussage über den empfohlenen Bestrahlungsabstand. Auch die befragten Verkäufer zuckten nur ihre Schultern.
Bild 29: Eine fast nicht mehr überschaubare Zahl von UV-Leuchtstoffröhren bietet der Handel heute an, doch Schildkröten-Freunde benötigen schon einiges an Fachwissen, um sich nicht zu „verkaufen“. Foto vom Autor.
Auf der Basis meiner UV-B-Freilandmessungen im Mikrohabitat europäischer Landschildkröten (siehe z.B. die Abschnitte 5.3.2 bis 5.3.4) und der jetzt bekannten UV-B-Intensitäten diverser Leuchtstoffröhren als Funktion des Bestrahlungsabstandes mache ich folgenden Vorschlag:
Werden die in Tabelle 6 vorgestellten Produkte mit Reflektor im Terrarium eingesetzt, ist ein Abstand von 25 cm über den Tieren einzustellen. Bei einer täglichen Anschaltdauer von etwa 5 Stunden entspricht dies, zumindest in den ersten Tausend Betriebsstunden, gut der Situation (UVB-Dosis) im natürlichen südosteuropäischen Lebensraum. Sollte die abgegebene UV-B-Intensität nach einigen 1.000 Stunden stärker abnehmen (dies ist mit dem Solarmeter 6.2UVB einfach festzustellen), kann die Bestrahlungsdauer als Ausgleich auf 6 oder 7 Stunden täglich erhöht werden.
Ein Abhängen von UV-Leuchtstoffröhren bis auf 8-10 cm zu den Tieren, wie es Bidmon & Jennemann [2006] vorschlagen, ist nicht nötig. Dies vermittelt nicht nur ein unschönes Bild, sondern die UV-B-Abgabe kann beim Einsatz einer fabrikneuen ReptiSun 10.0 UVB mit Reflektor in den ersten Stunden nach ihrer Inbetriebnahme sogar gefährlich sein.
6.3.7 Fazit
Im Gegensatz zur allgemeinen Ansicht sind viele UV-B abgebende Leuchtstoffröhren durchaus gut für die Schildkrötenbestrahlung geeignet, wenn man sich nicht daran stört, dass sie in einem Terrarium nur 25 cm über den Schildkröten platziert werden müssen. Es handelt sich um relativ preisgünstige Produkte mit hoher Lebenserwartung, die – und dies ist wohl ihr Hauptvorteil – ein sonnennahes Spektrum aufweisen, eine niedere (d.h. artgerechte) und damit für die Tiere (und auch für die Pfleger !) gefahrlose UV-B Strahlung abgeben, die aber dennoch für die Vitamin D3-Bildung ausreichend ist und die mehrere Stunden täglich betrieben werden sollen. Letzteres entspricht der natürlichen Situation wesentlich besser als z.B. eine Watt-starke Mischlichtlampe mit UV-B-Intensitäten von mehreren Hundert µW/cm2, die nur 30 Minuten am Tag angeschaltet ist.
Hier die ungefähren Anschaffungs-Gesamtkosten eines UV-B-Bestrahlungssystems mit Leuchtstoffröhren am Beispiel eines 1 m langen Schildkröten-Terrariums (Preisstand Zoofachhandel Ende 2009):
- Leuchtstoffröhre T8, 30 W, 90 cm ab ca. 24 Euro (bis ca. 35 €)
- dazu passender Alu-Reflektor ab ca. 12
- Eurokomplette Betriebseinheit incl. Abstandshalterung ab ca. 35 Euro
Die aus der Aquaristik bekannten stabilen Lichtbalken für die Halterung der Leuchtstoffröhren eignen sich nicht (und sind außerdem viel zu teuer), da sie auf ein Becken (z.B. ausgedientes Aquarium) aufgelegt werden müssen und damit der Abstand zu den Schildkröten zu groß ist.
6.4 UV-Kompaktlampen
Die in normale E27-Lampengewinde einschraubbaren UV-Kompaktlampen (Bild 30) sind „gefaltete" UV-Leuchtstoffröhren mit meist kleinerer Leistung (derzeit max. 26 Watt), die auch nach den gleichen Gesetzen wie Leuchtstoffröhren funktionieren. Allerdings benötigen sie kein externes Vorschaltgerät, da dieses bereits im massiven Sockel der Lampe integriert ist. Entsprechend heiß wird dieser dann auch im Betrieb – doch dazu später mehr. UV-Kompaktleuchtstofflampen erzeugen wie die stabförmigen Röhren ein relativ „sonnennahes" Spektrum; bezüglich Lichtfarbe und Farbwiedergabeeigenschaften gleichen sie der zurzeit vom Markt verschwindenden klassischen Glühbirnen. Beim Kauf ist darauf zu achten, dass man auch wirklich eine „UV-Lampe" mit möglichst hoher UV-Leistung und nicht etwa eine fast gleich aussehende „Tageslicht"-Kompaktlampe" erwirbt, die nur geringe Mengen an UV-B abgibt. So bietet der Markt beispielsweise von Dohse eine Hobby-UV-Lampe mit „8 % UVB" (Handelsbezeichnung: UV Compact Desert) und eine mit nur „4 % UVB" (UV Compact Jungle) an.
Es gibt nur sehr wenige anerkannte Hersteller von UV-Kompaktlampen, dafür aber umso mehr Anbieter (Auswahl siehe Tab. 7). Logischerweise bedeutet dies, dass ein Teil der Strahler bau- und typgleich sein muss, auch wenn die Lampen von verschiedenen Vertreibern unter verschiedenen Produktnamen vermarktet werden und unterschiedliche Verpackungen und sogar unterschiedliche Verkaufspreise haben. Ich habe kürzlich in einem Zoogeschäft zwei UV-Kompaktlampen von verschiedenen Anbietern ausgepackt und miteinander verglichen: bis auf den aufgestempelten Namen des Vertreibers war kein optischer oder sonstiger Unterschied zu finden: selbst die eingeprägte Typnummer war identisch.
Tabelle 7: Auswahl einiger UV-Kompaktlampen des Handels in Deutschland (Stand Juni 2010) mit der elektrischen Leistung und dem prozentualen UVB-Anteil in Klammern:
Arcadia:
D3 Compact UV Lampe (23 W)
Draco:
LX-30 (13 W, 3 %), LX-31 (26 W, 3 %), LX-60 (13 W, 6 %), LX-61 (26 W, 6 %), LX-120 (13 W, 12 %), LX-121 (26 W, 12 %)
Exo-Terra:
Repti Glo 2.0 (13 und 26 W, 2 %), Repti Glo 5.0 UVB (13 und 26 W, 5 %), Repti Glo 10.0 UVB (13 und 26 W, 10 %)
Hobby/Dohse:
Hobby UV Compact Desert (23 W, 8 %)
Lucky Reptile:
Compact UV Sun (15 W), Compact UV Sun (23 W)
Namiba Terra:
Replux UV-Plus D3 (15 W, 8 %), Replux UV-Plus D3 (23 W, 8 %)
Zoo Med:
ReptiSun Compact 5.0 (26 W, 5 %), ReptiSun Compact 10.0 (26 W, 10 %)
Meist versteckt sich der prozentuale Anteil der abgegebenen UV-B-Strahlung an der Gesamtlichtleistung in der Produktbezeichnung: so soll beispielsweise bei der Lampe LX-60 (siehe Tab. 7) 6 % der abgegebenen Strahlung im UV-B-Bereich liegen, bei der Repti Sun Compact 5.0 sind es 5 %. Über den äußerst zweifelhaften Sinn derartiger, teilweise sogar verwirrender Prozentangaben verweise ich auf den weiter oben stehenden Abschnitt „Der Trick mit den Prozenten" in Kapitel 6.1. Angaben wie 5, 6 oder auch 12 % UV-B können niemals Qualitätsangaben sein! Sinnvoll und aussagekräftig wäre einzig und allein die Angabe der emittierten absoluten UV-B-Strahlung in µW/cm2 als Funktion des Bestrahlungsabstandes, doch solche Daten findet man bis jetzt leider weder auf, noch in der Umverpackung der Produkte, deren Preisniveau immerhin bis zu etwa € 30 reicht.
6.4.1 UV-B-Messungen mit einer Arcadia D3 Kompaktlampe (23 W, 7 % UVB)
Dr. Frances Baines, England, hat mehrere Exemplare dieser Lampe in ihrem Labor mit dem amerikanischen Messinstrument Solarmeter Model 6.2UVB (280-320 nm) vermessen und folgende Ergebnisse erzielt [Baines, 2009/2010]:
(a) Positionierung der Lampe
Eine UV-Kompaktlampe kann man in einem Terrarium entweder senkrecht nach unten hängend oder in horizontaler Lage anbringen. Entsprechend gibt es auch zwei verschiedene Wege, die UV-B-Intensität einer Kompaktlampe zu messen: entweder ist das Messinstrument direkt unterhalb der vertikal aufgehängten Lampe platziert oder es wird seitlich, etwa in halber Höhe der Lampenlänge, mit seinem Sensor auf den Lampenkörper gerichtet. Es ist klar, dass im zweiten Fall das Messgerät eine viel größere Lampenoberfläche „sieht" als im ersten: die UV-B-Intensitäten erwiesen sich bei der seitlichen Messung dann auch bis zum Faktor 6 höher.
Für eine waagrechte Montage in einem Terrarium bietet der Fachhandel passende Fassungen an, die eine maximale Abstrahlfläche ermöglichen.
(b) Reflektor
Die UV-B-Intensität (am Boden) ist - bei der hängenden Lampe - auch von der Art und dem Werkstoff des Reflektors abhängig. Erstaunlicherweise beeinflusste ein Reflektor mit weißer Porzellanauskleidung (Vertreiber: Zoo Med) und 22 cm Austrittsdurchmesser die UV-B-Strahlung kaum, was die Vermutung aufkommen lässt, dass weißes Porzellan UV-B-Strahlung nicht oder nur sehr wenig reflektiert. Dagegen stellten sich Produkte mit Aluminiumauskleidung als sehr wirksame Reflektoren von UV-Licht heraus, die die UV-B-Intensität bei allen eingestellten Bestrahlungsabständen zwischen 15 und 55 cm bis zum Faktor 6 erhöhen.
(c) Einbrennvorgang
Schaltet man eine fabrikneue Lampe zum ersten Mal ein, ist man möglicherweise über die anfangs sehr geringe UV-B-Abgabe in den ersten Sekunden überrascht. Doch schon nach wenigen Augenblicken zeigt das Display des Messgerätes einen steilen Anstieg bis auf unerwartet hohe Pegel. Erst nach rund 30 Stunden Betriebsdauer (Einbrenndauer) kann man einigermaßen stabile UV-B-Messwerte erwarten. Am deutlichsten ist die anfängliche UV-B-Abnahme einer neuen Kompaktlampe bei sehr geringen Bestrahlungsabständen. Bei 5 cm Abstand wurden bei einer neuen Arcadia D3-Kompaktlampe (ohne Reflektor, seitliche Messung) folgende UV-B-Intensitäten gemessen:
Nach 3 Stunden: 485 µW/cm2 (62)
Nach 15 Stunden: 400 µW/cm2 (55)
Nach 30 Stunden: 385 µW/cm2 (51)
Nach 45 Stunden: 380 µW/cm2 (50)
Bei größeren Abständen, wie man sie sinnvollerweise in einem Terrarium einstellt, ist der Effekt des Einbrennvorganges auf die tatsächliche Intensität weniger deutlich: die Strahlungsintensitäten in Klammern gelten beim gleichen Produkt und bei unveränderten Randbedingungen für 20 cm Abstand. Der prozentuale UV-B-Rückgang ist jedoch bei 5 und 20 cm Abstand etwa gleich groß.
Die Zunahme und nachfolgende Abnahme der UV-B-Emission in den ersten Minuten nach dem Einschalten der UV-Lampe ist bei jedem Einschaltvorgang festzustellen, auch noch nach 1.000 Stunden Brenndauer. Um stabile Messwerte zu erhalten, sollte man daher mit den UV-B-Messungen erst etwa 15 Minuten nach dem Einschalten beginnen.
(d) Einfluss der Betriebsdauer auf die UV-B-Leistung
Doch auch nach 30 oder 40 Stunden bleiben die UV-B-Werte in den folgenden Hunderten und Tausenden von Betriebsstunden nicht ganz konstant, sondern fallen langsam ab (eine Charakteristik, die auch für die leistungsstarken Flutstrahler gilt). So gilt für die Arcadia D3-Kompaktlampe für einen Bestrahlungsabstand von 30 cm:
• UV-B-Strahlungsstärke nach 50 Stunden Brenndauer: 26 µW/cm2,
• nach 1.000 Betriebsstunden 18 µW/cm2.
Dies entspricht einer UV-B-Minderung um rund 30 %.
(e) Einfluss der Toleranzen bau- und typgleicher Lampen; Herstellerland
Man darf nicht von der Erwartung ausgehen, dass sich bau- und typgleiche, also völlig identische Kompaktlampen, bezüglich ihrer UV-B-Emission auch völlig gleich verhalten. F. Baines [2009/2010] hat vier Arcadia D3-Lampen vermessen. Die erzielten Ergebnisse zeigten zwar die (erwartete) Abnahme der UV-B-Strahlungsstärke mit zunehmender Betriebsstundenzahl und zunehmendem Bestrahlungsabstand, doch mit durchaus messbaren Abweichungen der einzelnen Lampen untereinander.
Mit in die Kaufentscheidung für einen bestimmten UV-Strahler sollte auch einfließen, in welchem Land das Produkt hergestellt wurde: so wurde in der Vergangenheit mehrmals bekannt, dass Lampen, die beispielsweise in China im Auftrag eines europäischen Auftraggebers fabriziert wurden, ganz andere UV-B-Emissionen als auf der Produktbeschreibung angegeben abgaben, weil der chinesische Hersteller bewusst oder unbewusst die technischen Vorgaben (Bauspezifikation) geändert hatte. Man kann nur hoffen, dass der europäische Auftraggeber daraus gelernt hat und die in Fernost hergestellten Lampen vor der endgültigen Verkaufsfreigabe in Stichproben sorgfältig kontrolliert und optisch prüft.
6.4.2 Eigene UV-B-Messungen mit einer gebrauchten Kompaktlampe Replux UV-Plus D3 (23 W)
von Namiba Terra
Für diese Kompaktlampe liegt mir eine strahlungsphysikalische Bewertung des lichttechnischen Institutes einer bedeutenden deutschen Universität vor. Mit einem hochauflösenden Spektralradiometer OL 754 (Optronic) wurde die spektrale Bestrahlungsstärke aus 20 cm Abstand zwischen 250 und 800 nm Wellenlänge ermittelt, vor allem auch im hier interessierenden UV-B-Teilbereich von 280 – 315 nm. Im relevanten Wellenlängenbereich weist das Spektrogramm ab ca. 295 nm Wellenlänge eine steil ansteigende Bestrahlungsstärke auf, die zwischen 320 und 340 nm ihren Höchstwert erreicht, und dann bis etwa 400 nm wieder abnimmt. Damit stimmt die Lage des UV-B-Maximums sehr gut mit dem der Sonnenstrahlung überein, so dass dieses Produkt für die UV-B-Erzeugung bei der Pflege von Landschildkröten im Prinzip ebenfalls empfehlenswert ist. Der aus dem Spektrogramm errechnete UV-B-Summenwert (280-315 nm) bei 20 cm Abstand ergab sich zu 26 µW/cm2 . Bei den Messungen wurde kein Reflektor verwendet; sie erfolgten nach einer Einbrenndauer von je 15 Minuten nach jedem Einschalten des Strahlers. Allerdings nennt das Gutachten kein Alter der getesteten Lampe, was jedoch von großem Einfluss auf die abgegebene UV-B-Strahlung ist (siehe oben). So kann nur vermutet werden, dass das Institut mit einer fabrikneuen Lampe arbeitete, was gegenüber der Situation nach einigen Dutzenden Brennstunden zu hohe Werte ergibt.
Eine typgleiche UV-Kompaktlampe des gleichen Vertreibers hatte ich etwa 3.500 Betriebsstunden lang in meinem Schildkröten-Innenterrarium in einer einfachen Klemmleuchte mit Blechfassung im Einsatz (siehe Bild 27 und Bild 30). Es gab für dieses Produkt keine Gebrauchsanleitung mit dem so wichtigen Hinweis auf den einzustellenden Bestrahlungsabstand. Auf der Verpackung war lediglich ein stark vereinfachtes Spektrogramm angegeben, leider nicht mit absoluten Bestrahlungsstärken, sondern nur mit Prozentangaben.
Bild 31 zeigt meinen Versuchsaufbau mit der gebrauchten 23-W-Lampe Replux UV-Plus D3 in einem Reflektor von Lucky Reptile. Senkrecht darunter wurde für verschiedene Abstände zwischen Lampenunterseite und dem Sensor des amerikanischen Messinstrumentes Solarmeter Model 6.2UVB die maximale UV-B-Abgabe gemessen (280 - 320 nm). Das Messinstrument wurde dabei bei konstantem Abstand unter der Lampe so lange hin- und her bewegt, bis das Display jeweils den höchsten Strahlungswert anzeigte.
Das Ergebnis für den UV-Kompaktstrahler nach 3.500 absolvierten Betriebsstunden ist in Bild 32 wiedergegeben (untere grüne Kurve). Im Prinzip ausreichende UV-B- Bestrahlungsstärken ergeben sich demnach für Abstände zwischen 10 und 15 cm. Im Terrarieneinsatz ist die Einstellung eines Abstandes von 10 cm (und weniger) jedoch bei ausgewachsenen Schildkröten nicht sinnvoll, da maßgebend nicht etwa die Distanz Lampenunterseite/höchster Punkt des Carapax einer bestrahlten Schildkröte ist, sondern die Entfernung Lampenunterseite/Kopf-Vorderextremitäten. Türmen sich mehrere größere Tiere unter der Bestrahlungslampe auf, könnten sie unter Umständen den Lampenkörper berühren. Die Gefahr dabei ist nicht etwa die Temperatur des Strahlungskörpers (direkt am Glas habe ich während des Betriebes nur 35 °C gemessen), sondern die mit rund 1.000 µW/cm2 direkt am Glaskörper registrierte gefährlich hohe UV-B-Emission, die zu starken Augen-Verblitzungen führen kann. Die UV-B-Emission nimmt also bei engen Bestrahlungsabständen von weniger als 5 cm selbst bei der Lampe mit bereits 3.500 Stunden Brenndauer fast exponentiell zu.
Trotzdem bedeutet dies, dass die gebrauchte Lampe bei der in Bild 27 gezeigten Einbausituation gegen eine neue ausgetauscht werden muss – es sei denn, sie wird ab jetzt mit einem wirksamen Reflektor horizontal im Terrarium angebracht. Sie kann auch noch einige Zeit zur Bestrahlung von Schildkröten-Babys im ersten oder zweiten Lebensjahr eingesetzt werden, da für diesen Zweck ein Bestrahlungsabstand von 10 cm ohne Schaden für die Schlüpflinge gut machbar ist.
Die vom Vertreiber genannte durchschnittliche Lebensdauer von ca. 8.000 Betriebsstunden ist somit eher ein theoretischer Wert. Zwar „leuchtet" der Strahler sicherlich auch noch nach 8.000 Stunden, doch die UV-B-Abgabe für sinnvolle Abstände über 15 cm dürfte dann wohl nahe Null sein.
Diese Ausführungen zeigen auch, wie wertvoll der Besitz eines UV-B-Messinstrumentes ist, denn nur damit sind verlässliche Aussagen über die UV-B-Leistung der verwendeten Lampe bei unterschiedlicher Einbausituation und unterschiedlicher Betriebszeit möglich.
Bild 32: Ergebnisse der UV-B-Messungen des Autors mit einer gebrauchten 23-W-UV-Kompaktlampe mit 3.500 Betriebsstunden (grüne Kurve) und einer fabrikneuen, typ- und baugleichen Lampe nach einer Einbrennzeit von nur 1 Stunde (rote Kurve). Strebt man für die Schildkröte(n) eine naturnahe UV-B-Intensität von etwa 25 μW/cm2 an (bei 5-7 Stunden Einschaltdauer täglich), müsste man die alte Lampe etwa 12 cm vom Kopf des Tieres entfernt anbringen, die neue in 20 cm Abstand. Da bei nur 12 cm Strahlungsabstand die Schildkröten beim möglichen Aufeinandersteigen das Glas der Lampe berühren könnten (beim Kontakt mit dem Glaskörper drohen Augenschäden !), ist es sinnvoll, die gebrauchte Kompaktlampe gegen eine neue auszuwechseln, die etwas höher angebracht werden kann. Eine weitere Möglichkeit zu Erhöhung der UV-B-Intensität ist durch eine waagrechte Anbringung der Lampe mit einem Halbreflektor darüber möglich (siehe den Text weiter oben).
6.4.3 Messungen an einer fabrikneuen Hobby-UV-Kompaktlampe von Dohse
Die verwendete UV-Kompaktlampe hatte 23 W Leistung und war mit der Angabe „8 % UVB" gekennzeichnet. Ich vermute, dass sie mit der in Abschnitt 6.4.2 erwähnten Lampe von Namiba Terra bau- und typgleich ist. Der Versuchsaufbau entsprach dem in Bild 31 gezeigten Aufbau, d.h. die Kompaktlampe war in die Fassung eines Reflektors eingeschraubt und hing senkrecht nach unten. Die jeweilige UV-B-Intensität wurde wie in Abschnitt 6.4.2 beschrieben mit dem darunter stehenden Messinstrument registriert.
In den allerersten Sekunden nach dem erstmaligen Einschalten zeigte das Instrument in 10 cm Abstand lediglich einen Anfangswert um 30 µW/cm2 an; 5 Minuten später war er bereits auf 100 µW/cm2 angestiegen und fiel dann wieder auf 75 µW/cm2 nach etwa 1 Stunde Einbrenndauer ab. Da nach 30 weiteren Minuten keine messbare Änderung zu beobachten war, begann ich mit den UV-B-Messungen bei verschiedenen Bestrahlungsabständen. Das mit der neuen UV-Lampe erzielte Ergebnis ist als rote, obere Kurve in Bild 32 dargestellt: hohe UV-B-Bestrahlungsstärken liefert die neue Lampe gegenüber der alten bei Abständen von 10 cm und kürzer (direkt am Glaskörper überschritt der Wert den oberen Messbereich von 2.000 µW/cm2 !!!), doch wie oben schon ausgeführt ist, ist eine Kurzdistanzbestrahlung von Schildkröten wegen der Gefahr der Berührung der Lampe durch die Tiere mit dem Risiko von Augenschäden nicht ratsam. Insgesamt hat die neue Lampe im gesamten getesteten Abstandsbereich im Vergleich zur Lampe mit 3.500 Brennstunden ungefähr die doppelte UV-B-Leistung. Werte um 25 µW/cm2 reichen bei einer täglichen 5- bis 7-stündigen UV-Bestrahlung aus. Wer seine Tiere stärker bestrahlen oder einen größeren Bestrahlungsabstand einstellen möchte, der hat noch die Möglichkeit einer UV-B-Erhöhung durch einen besseren Reflektor und/oder eine horizontale Anbringung im Terrarium.
In einer gedruckten Gebrauchsanleitung von Dohse für seine wesentlich stärkeren UV-Flächenstrahler finden sich auch einige Strahlungsmesswerte für die 23-W-Kompaktlampe, die allerdings zweieinhalb mal höher als die von mir ermittelten Werte liegen. Während ich bei 10 cm Abstand bei einer neuen Lampe ca. 80 µW/cm2 maß, gibt Dohse 210 µW/cm2 an, bei 20 cm Abstand (mein Messwert: ca. 25 µW/cm2) bzw. 70 µW/cm2. Leider fehlen zu den Dohse-Angaben jegliche Randbedingungen, was die Messwerte unbrauchbar macht: Wie alt war die getestete Lampe? War die Einbrenndauer abgewartet worden? Wie war sie eingebaut, senkrecht oder horizontal? Mit oder ohne Reflektor? Mit oder ohne Schutzgitter? Mit welchem Messinstrument wurde gemessen?
Seitliche UV-B-Streuung
Die bisher wiedergegebenen Messwerte sind jeweils Maximalwerte direkt senkrecht unter dem Strahler. Verändert man die Position des Messinstrumentes, genauer gesagt die seines Sensors, auch nur geringfügig nach links/rechts bzw. oben/unten, sinkt die UV-B-Strahlungsintensität. Hier ein Beispiel für die getestete neue UV-Lampe bei ca. 10 cm Bestrahlungsentfernung:
Höchstwert: 89 µW/cm2
2 cm Verschiebung: 85 µW/cm2
4 cm Verschiebung: 77 µW/cm2
6 cm Verschiebung: 69 µW/cm2
8 cm Verschiebung: 60 µW/cm2.
Diese Veränderungen sind beim Einsatz einer UV-Kompaktlampe im Terrarium zu berücksichtigen
Verlust durch Schutzgitter
Die Anbringung eines Schutzgitters am Austritt des Reflektors als Berührungsschutz (bei der in Bild 27 und 31 vorgestellten Lösung nicht möglich, da die Lampe aus dem Reflektor herausragt) reduziert die UV-B-Strahlungsstärke. Je nachdem wie feinmaschig das Gitter ist, kann der Verlust durchaus beträchtlich sein. Mit dem getesteten Gitter für die Reflektoren von Lucky Reptile (Maschenweite etwa 6,5 x 6,5 mm) war die Reduzierung allerdings eher gering: bei knapp 10 cm Bestrahlungsabstand betrug die UV-B-Emission ohne Gitter 85 µW/cm2, mit Gitter 74 µW/cm2 (Reduzierung = 13 %).
Temperaturen
Die Temperaturentwicklung bei der neuen Lampe darf nicht unterschätzt werden. Sie betrug während des Versuchsbetriebes ohne Reflektor am freien Lampenende zwar nur 37 °C, doch kurz über dem Sockel hatte der Lampen-Glaskörper eine Temperatur von immerhin 65 °C. Ein Teil dieser Wärmeenergie wird durch den Reflektor bei senkrechter Anordnung der Lampe in einem Terrarium nach unten (auf die Schildkröten) gerichtet, so dass die Temperaturen außen am Reflektor mit 32 °C (am Austrittsdurchmesser) bzw. 29 °C (am gegenüberliegenden Ende) nicht allzu hoch werden. Wie schon erwähnt, entsteht jedoch die Gefahr bei einer versehentlichen Berührung der Lampe durch Schildkröten, z.B. wenn sie infolge einer unsicheren Anbringung in das Terrarium gefallen sein sollte, nicht durch die Temperatur, sondern durch die hohe UV-B-Abgabe bei Entfernungen von weniger als 5 cm von der Lampe.
6.4.4 Reptisun 10.0 UVB Desert
Diese in China gefertigte Kompaktlampe des Anbieters Zoo Med „mit 10 % UV-B" und 26 W Leistung ist eine der stärksten UV-Kompaktlampen, die derzeit auf dem Markt angeboten werden. In der dazugehörigen Gebrauchsanleitung wird leider weder ein Spektrogramm gezeigt, noch werden absolute Bestrahlungsintensitäten in Abstand der Entfernung angegeben. Wenigstens werden Abstände beim Einsatz im Terrarium von 23-33 cm nach dem Einbrennen und 33-46 cm davor empfohlen. Die empfohlene Einbrennzeit von 150 Stunden erscheint mir unnötig lange zu sein – 50 Stunden sollten reichen. Als Lebensdauer sind 4.000 Betriebsstunden angegeben: dies entspricht einer Benutzungszeit von einem Jahr bei täglich 11-stündiger Einschaltdauer. Doch selbst nach dieser Zeit kann die UV-Kompaktlampe nach meiner Auffassung noch weiter verwendet werden, wenn der Bestrahlungsabstand verkürzt wird (wenn möglich Kontrolle mit dem Solarmeter Model 6.2UVB).
Wegen der sehr hohen UV-B-Strahlungsabgabe vor allem bei neuen Lampen ist jedoch unbedingt sicherzustellen, dass Landschildkröten sich mit ihrem Kopf der Lampe keinesfalls näher als 10 cm annähern können. Auf eine sichere Aufhängung bzw. Befestigung im Terrarium ist zu achten.
6.4.5 Repti Glo 10.0 UVB Compact
Auch diese 26-W-UV-Kompaktlampe mit „UVB = 10 %" von Exo Terra wird in China hergestellt. Auf der Verpackung mit dem Aufdruck „Wüsten-Terrarienlampe" ist ein Spektrogramm angegeben, allerdings nicht in der interessierenden absoluten Einheit µW/cm2, sondern nur in Prozent. Immerhin liegt nach diesem Diagramm der UVB-Strahlungspeak bei 315 nm Wellenlänge, was in diesem Bereich sehr gut der natürlichen Sonnenstrahlung entspricht. Die Lampe soll nach Herstellerangaben „bis 50 cm Abstand zur Terrarienlampe effektiv" sein, aber vermisst wird eben auch hier eine Darstellung der UVB-Intensität über dem Bestrahlungsabstand und der Bestrahlungsentfernung.
Nach einer Einbrennzeit von 20 Stunden habe ich einen im Sommer 2011 gekauften Repti Glo 10.0 UVB-Strahler vermessen (UV-B-Messgerät und Messvorrichtung wie oben beschrieben) und dabei bei senkrechter Aufhängung in einer einfachen Klemmleuchte folgende UV-B-Intensitäten als Funktion des Bestrahlungsabstandes erzielt (bei einer Wartezeit von 10 Minuten nach dem Einschalten):
5 cm: 360 μW/cm2
10 cm: 125 μW/cm2
15 cm: 63 μW/cm2
20 cm: 40 μW/cm2
25 cm: 25 μW/cm2
30 cm: 17 μW/cm2
Direkt am Glaskörper beträgt die UV-B-Intensität 1.800 μW/cm2 - auch hier ist deshalb zur Vermeidung von Augenverblitzungen ein direkter Kontakt der Schildkröten mit dem Strahler zu vermeiden. Ich setze den Strahler zur UV-B-Versorgung meiner Schildkröten-Schlüpflinge im Herbst des Schlupfjahres und im Frühjahr nach der achtwöchigen ersten Winterruhe ein. Nach etwa einem Jahr Betriebsdauer wird die Lampe zum Ausgleich des Strahlungsverlustes um 5 cm tiefer gehängt.
Die Kompaktlampe Repti Glo 5.0 UVB, vom Vertreiber „Tropische Terrarienlampe" genannt, hat ebenfalls 26 Watt Leistung, ist aber nach Herstelleraussage nur bis 30 cm Abstand „effektiv". Ihr UVB-Intensitätsmaximum liegt bei 345 nm Wellenlänge, also deutlich außerhalb des für Landschildkröten so wichtigen UVB-Strahlungsbereiches. Aus diesen Gründen scheint diese Lampe weniger gut für die UVB-Versorgung von Schildkröten geeignet zu sein.
Das Preisniveau beider Lampen liegt um € 20.
6.5 UV-Lampen mit höherer Leistungsaufnahme
Die in den vorstehenden Kapiteln 6.3 und 6.4 genannten relativ preisgünstigen UV-B-Leuchtkörper mit Leistungsaufnahmen von weniger als 40 W sind bei korrekter Anbringung im Terrarium bzw. im oben offenen Schildkrötenstall bei nicht zu großem Bestrahlungsabstand und Dauerbetrieb von wenigstens 5 - 6 Stunden täglich durchaus in der Lage, Landschildkröten mit einer UV-B-Dosis zu versorgen, die den Werten im natürlichen Verbreitungsraum in Südeuropa entspricht. Diese Lösung bietet sich vor allem dann an, wenn der Bestand nur aus einigen wenigen Tieren besteht (Bild 27) und wenn keine groß wachsende Schildkröten, wie z.B. Sporn- und Pantherschildkröten, versorgt werden müssen.
Bei Großterrarien (z.B. Terrarienzimmer) mit mehr als etwa sechs (ausgewachsenen) Landschildkröten oder bei großen Arten sollte die bestrahlte Bodenfläche der UV-B-Lampe ungefähr 0,3 - 0,4 m2 betragen (dies entspricht einem bestrahlten Kreis am Boden von 61 - 71 cm Durchmesser). Dies scheint eine große Fläche zu sein, doch muss berücksichtigt werden, dass im Randbereich des UV-Lichtkegels die Strahlungsstärke je nach Bauart nur noch etwa die Hälfte des Wertes direkt unterhalb der Lampe sein kann und nie alle Schildkröten senkrecht unter dem Strahler sitzen können (Achtung: alle hier aufgeführten UV-B-Werte beziehen sich auf Messpunkte direkt senkrecht unter der Lampe, sind also Maximalwerte für eine neue Lampe). Der Strahler muss also entsprechend höher aufgehängt werden. Da aber, wie oben aufgezeigt ist, die Strahlungsintensität (aller UV-Lampen) mit größer werdendem Bestrahlungsabstand stark abnimmt, müssen zwangsläufig leistungsstärkere UV-B-Strahler verwendet werden, die dann auch noch in einer Höhe von z.B. 50 - 70 cm über den Tieren eine ausreichende UV-B-Intensität gewährleisten.
Derartige Spezialstrahler gibt es im Fachhandel zurzeit im Leistungsbereich von etwa 70 bis 300 W. Das Angebot an entsprechenden Produkten ist mittlerweile groß geworden; doch nicht bei allen Erzeugnissen sind vollständige Kenndaten auf der Verpackung der Strahler oder in der Gebrauchsanleitung genannt, was ich schon in meinem Buch bemängelte (Köhler, 2008). Ideal wäre es, wenn die UV-B-Intensität in Abhängigkeit des Abstandes in der gängigen Einheit µW/cm2 (und nicht prozentual) und außerdem ein Spektrogramm der Lampe angegeben wird, damit der Kunde erkennt, ob der UV-Peak des Produktes auch wirklich im UV-B-Bereich auftritt, und wenn ja, bei welcher Wellenlänge. Wünschenswert wäre außerdem ein Hinweis, um wie viel Prozent die UV-B-Intensität mit zunehmender Betriebsdauer abnimmt. Eine Aussage, dass der Strahler nach einem Jahr Betriebszeit durch einen neuen ausgetauscht werden muss, ist für mich reines Marketing und deswegen nicht ausreichend, weil durch Tieferhängen des Strahlers unter Umständen auch noch nach zwei Jahren eine ausreichende UV-B-Intensität am Tier erzeugt wird.
6.5.1 Bright Sun UV Desert von Lucky Reptile (70 W)
Als Beispiel für einen UV-Strahler im unteren Bereich der hier diskutierten Leistungsklasse sei das Produkt Bright Sun UV Desert mit 70 W Leistung genannt. Es handelt sich um eine Metalldampflampe, die in eine normale E27-Standardfassung aus Porzellan passt; zum Betrieb wird allerdings ein spezielles Vorschaltgerät benötigt. Die Wärmeverluste nach oben oder zur Seite sind gering, da die Wärmeabstrahlung durch eine spezielle Bauweise primär nach unten erfolgt und so zur (gewünschten) Erhöhung der Gehegetemperatur beiträgt. Laut Herstellerangabe beträgt die UV-B-Strahlungsstärke in 30 cm Abstand von der Lampe (dieser Abstand soll nicht unterschritten werden) 130 µW/cm2 und in 50 cm Abstand 50 µW/cm2. Die Lampe emittiert im Vergleich zu ihrer geringen Leistungsaufnahme nicht nur relativ viel UV-B-Strahlung, sondern sie ist auch lichtstark: so werden für 30 cm Abstand 67.000 Lux und für 50 cm noch 32.000 Lux genannt. All diese Werte gelten für Strahler, die bereits 1 bis 2 Monate in Betrieb, also schon eingebrannt sind. Nach 2.000 Betriebsstunden (bei 7-stündigem Einsatz je Tag entspricht dies etwa 9 Monaten) nimmt die UV-Leistung der Bright Sun Desert um etwa 50 % ab, beträgt also in 50 cm Entfernung nur noch rund 25 µW/cm2. Dies liegt allerdings bereits unter den Tages-Mittelwerten im natürlichen Lebensraum der Tiere im Sommer. Wenn möglich, sollte man den Strahler im Terrarium deshalb nach dieser Zeit etwas tiefer hängen; es reicht völlig, ihn nach etwa 1 Jahr Betriebszeit auszutauschen. Der Vertreiber bzw. Hersteller empfiehlt diesen Schritt bereits nach einem halben Jahr. Die Lebenserwartung der Bright Sun UV Desert liegt bei 6.000 Betriebsstunden;dies ist tendenzmäßig höher als die Lebensdauer von UV-Lampen mit integriertem Vorschaltgerät.
Ein gewisser Nachteil des Produktes beim Einsatz bei Landschildkröten ist, dass im Spektrogramm alle markanten UV-Peaks bei Wellenlängen von 350 nm und darüber liegen, also im Bereich der UV-A-Strahlung. Zur Erinnerung: der UV-B-Bereich reicht nur bis 315/320 nm.
Die Lampe kostet im Handel etwa 50 Euro; dazu kommt allerdings nochmals der gleiche Betrag für das elektromagnetische Vorschaltgerät.
6.5.2 Replux UV Heat D3 von Namiba Terra (100 W)
Dieser UV-Metalldampf-Reflektorstrahler wird in den Leistungsstärken 100 und 160 W angeboten und bleibt den ganzen Tag eingeschaltet. Die Lampe passt ebenfalls in eine E27-Fassung aus Keramik, wobei das Vorschaltgerät im Sockel integriert ist: es wird also kein eigenes (teures) Vorschaltgerät benötigt. Geeignet ist die 100-W-Variante für alle größeren Terrarien ab etwa 0,3 m3 Volumen und einer Mindesthöhe von 60 cm. Dadurch wäre eine Höhe zu den bestrahlten Tieren in geschlossenen Terrarien bis ca. 40 cm möglich, in oben offenen Terrarien natürlich auch mehr. Als Mindestabstand zum Tier nennt der Vertreiber bzw. Hersteller 25 cm.
Eine neue 100-W-Lampe erbringt in Abhängigkeit des Bestrahlungsabstandes vom Lampenkolben folgende UV-B-Strahlungsstärken, wobei in Klammern der Durchmesser jenes Lichtkreises am Boden angegeben ist, innerhalb dessen mindestens noch 50 % der hier angegebenen maximalen Intensität direkt unter dem Strahler vorliegt (Angaben auf der Verpackung; da mir diese eher gering erscheinen, hatte ich den Vertreiber/Hersteller am 28.1.2011 um Bestätigung bzw. um weitere technische Angaben gebeten; die Anfrage wurde jedoch nicht beantwortet):
bei 30 cm 60 µW/cm² (0,19 m)
bei 60 cm 15 µW/cm² (0,38 m)
bei 90 cm 7 µW/cm² (0,57 m)
bei 120 cm 4 µW/cm² (0,76 m)
Sinnvoll sind deshalb nur Bestrahlungsdistanzen ab 30 cm bis 60 cm, da bei größeren Abständen unter Berücksichtigung der UV-B-Emission im Laufe der Zeit eine UV-B-Unterversorgung der Tiere erfolgt. Eine zu starke Bestrahlung erscheint mit der 100-W-Replux UV Heat D3 ausgeschlossen, so dass der Käufer immer auf der sicheren Seite liegt.
Ob ein Bestrahlungsabstand von nur 30 cm zum Tier überhaupt möglich ist, ist fraglich, denn viele der leistungsstärkeren UV-Strahler benötigen einen gewissen Mindestabstand zum Boden, da bei dessen Unterschreiten die Lampe plötzlich ausgeht (thermisches Zurücksetzen). Sollte dies passieren, liegt nicht etwa ein Defekt vor, sondern die Lampe muss höher gehängt werden.
Positiv ist festzuhalten, dass im Spektrogramm markante Strahlungspeaks im UV-B-Bereich liegen. Die Betriebszeit der Lampe gibt der Hersteller bzw. Vertreiber mit 3.000 Stunden an.
Ca.-Preis der Lampe im Handel: 50 Euro, mitunter (Sonderangebote !) auch nur 40 Euro.
Weitere UV-Ganztagesstrahler im Leistungsbereich um 100 W (ohne Gewähr auf Vollständigkeit):
Power Sun UV, Zoo Med, 65 Euro (100 W) bzw. 70 Euro (160 W)
Solar UV-Spot plus, JBL, 61,50 Euro
D3 UV Basking Lampe, Arcadia, 45 Euro
UV Reptile vital, Hobby/Dohse,
Solar Glo (125 W), Exo Terra, ca. 34 Euro
In der Gebrauchsanleitung für die Power Sun UV findet sich ein schwerwiegender Fehler: es heißt dort nämlich, dass die Lampe "dann am besten funktioniert, wenn sie außerhalb des geschlossenen Terrariums angebracht wird"! Dass normales Fensterglas, und daraus bestehen die Terrarien, UV-B-Strahlung nicht durrchlässt, ist dem Vertreiber offensichtlich immer noch nicht bekannt. Bei der Solar UV-Spot plus von JBL gefällt dagegen, dass auf der Verpackung die UV-B-Intensität in einer Grafik in absoluten Werten als Funktion des Bestrahlungsabstandes angegeben ist: bei 50 cm Abstand beträgt die UV-B-Stärke der (neuen) Lampe z.B. 120 μW/cm² , bei 40 cm Abstand 175 µW/cm². Der Strahler liefert UV-B (natürlich auch UV-A), Wärme und Licht.
Die Solar Glo mit einer Leistungsaufnahme von 125 W ist einer jener neueren Quecksilberdampfstrahler, die gleichzeitig Wärme, Helligkeit und UV-B abgeben und im Ganztagesbetrieb verwendet werden ("Kombistrahler"). Gemäß Bedienungsanleitung soll die Lampe für "mittelgroße bis große Terrarien mit MIndesthöhen von 80 cm geeignet sein und mindestens 30 cm von den Tieren entfernt betrieben werden". Bei einem Test in einem oben offenen Schildkrötengehege mit Spornschildkröten-Schlüpflingen musste ich jedoch den (neuen) Strahler bis auf 20 cm über den Schildkröten abhängen, um bei den Tieren direkt unter der Lampe wenigstens eine Carapax-Temperatur von 25 °C zu erreichen - der Wunschwert wäre aber 27-28 °C. Trotz dieses kurzen Bestrahlungsabstandes beträgt die UV-B-Intensität, mit dem amerikanischen Breitband-Radiometer (Solarmeter) gemessen, nur 17 µW/cm² , ein Wert, der für einen fast neuen Strahler meiner Meinung nach an der unteren Grenze des Sinnvollen liegt. Vor allem ist auch die Wärmeleistung der Solar Glo überraschend gering: so bringt beispielsweise im Vergleich eine "einfache" Halogenlampe mit nur 50 W Leistung, obwohl 60 cm über dem Boden hängend, eine Temperatur von 34 °C direkt unter der Lampe und erhellt ein Gehege daher auch wesentlich besser als die sehr tief hängende Solar Glo. Bis zu einem Kreis von 32 cm Durchmesser um die Mitte des Halogenstrahlers wird immer noch 50 % der Wärme- und Helligkeitsleistung der Werte direkt senkrecht unter der Lampe erreicht. Hier noch einige weitere UV-B-Messwerte der Solar Glo als Funktion des Bestrahlungsabstandes (Alter: 80 Stunden):
30 cm: 7 µW/cm²
15 cm: 25 µW/cm²
10 cm: 37 µW/cm²
5 cm: 60 µW/cm²
Um beispielsweise in einem Aufzuchtgehege bei den jungen Schildkröten direkt unter der Solar Glo eine Panzertemperatur von etwa 28 °C zu erzeugen, dürfte der Bestrahlungsabstand nicht größer als 10 cm sein; dann wäre gleichzeitig auch eine noch ausreichende UV-B-Versorgung gesichert. Allerdings dürfte die Lampe dann wegen der starken Energierückstrahlung automatisch abschalten, ganz abgesehen davon, dass der Strahlungskegel am Boden nur noch einen geringen Teil des Geheges erhellt bzw. erwärmt und der Anwender daher gezwungen ist, doch noch eine zweite Lampe zu installieren.
Setzt man die Solar Glo in einem Gehege mit schon größeren Schildkröten ein, sollte je nach Alter bzw. Größe der Tiere ein Sicherheitsabstand von 35 cm zum Leuchtkörper vorhanden sein. In diesem Fall produziert der Strahler zwar einen größeren Helligkeitsfleck am Boden, doch die UV-B-Intensität geht dann gegen Null (vor allem im zweiten Betriebsjahr, wenn die UV-B-Leistung nachgelassen hat) und die Tiere werden nur unzureichend erwärmt. Es dürfte also nicht sehr viele Einsatzmöglichkeiten für dieses Produkt geben ...
6.5.3 UV-Flächenstrahler Sun Lux von Hobby/Dohse (160 W)
Als Beispiel für einen UV-Spezialstrahler mit 160 W Leistungsaufnahme wählte ich die UV Sun Lux, die mir der Lieferant Ende 2007 für Tests zur Verfügung stellte. Folgende Angaben finden sich auf der Verpackung:
Farbtemperatur 4.804 K
Farbwiedergabe 45,6 Ra
Leuchtintensität 2.630 lm
Das aufgedruckte Spektrum lässt erkennen, dass (kleinere) Strahlungspeaks im wichtigen UV-B-Bereich vorhanden sind. Zum Betrieb ist kein externes Vorschaltgerät erforderlich.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Produkt mittlerweile in seiner technischen Spezifikation verändert wurde. Vor allem ist zu hoffen, dass die früheren Angaben auf der Verpackung der Lampe korrigiert wurden, denn die auf dem mir vorliegenden Karton angegebenen Angaben tragen erheblich zur Verwirrung des Käufers bei (was ich dem Vertreiber auch mitteilte): so heißt es auf dem Deckel der Umverpackung „für Großterrarien und kurzzeitige Bestrahlung“, während man bei der Aufzählung der Merkmale auf einer Seite des Kartons liest: „ideal als Ganztagesstrahler geeignet“. Die UV-B-Leistung in Abhängigkeit des Bestrahlungsabstandes ist wie folgt angegeben:
15 cm > 2.000 µW/cm2
30 cm 1.998 µW/cm2
45 cm 1.865 µW/cm2
60 cm 1.134 µW/cm2
75 cm 794 µW/cm2
90 cm 506 µW/cm2,
jeweils gemessen senkrecht unter der Lampe mit dem amerikanischen Breitbandradiometer Solarmeter Model 6.2 UVB (für Fachleute eine wichtige Angabe). Diese Messwerte, sofern sie korrekt gemessen wurden, sind allerdings für die Bestrahlung von Landschildkröten entschieden zu hoch, vor allem bei einem eventuellen Ganztagsbetrieb. Sie stimmen außerdem nur für 15 und 30 cm Bestrahlungsabstand mit den Werten im Hobby-Firmenkatalog, Ausgabe 2008, überein. Dort sind nämlich für 45 cm Abstand „nur“ 842 µW/cm2 angeführt, für 60 cm 502 µW/cm2, für 75 cm 269 µW/cm2 und für 90 cm Abstand 165 µW/cm2. Aber auch dies sind immer noch recht hohe Strahlungswerte, die ich im Langzeitbetrieb sogar als gefährlich für die Bestrahlung von Landschildkröten ansehe.
Bild 33: Die innenverspiegelte 160-W-UV Sun Lux von Hobby/Dohse ist eine Vollspektrumlampe mit guter Farbwiedergabe, hoher Licht- und Wärmeleistung und hoher UV-B-Emission. Es ist kein eigenes Vorschaltgerät erforderlich. Heute wird die Lampe unter dem Markennamen UV Reptile vital vertrieben. Foto von Horst Köhler.
So war es unerlässlich, eigene Strahlungsmessungen durchzuführen, die aus verschiedenen Gründen erst im Jahr 2010 erfolgten. Die Versuchsanordnung ist in Bild 34 zu sehen: der mit Einschraubgewinde 172 mm lange Strahler war in senkrechter Position auf einem Fotostativ befestigt, so dass jeder gewünschte Abstand zum Sensor des Messgerätes eingestellt werden konnte (siehe auch Bild 31). Das für die Messungen verwendete Breitbandradiometer war vom gleichen Typ und Hersteller wie das von Hobby eingesetzte (Solarmeter Model 6.2 UVB, Wellenlängenbereich 280-315 nm, siehe Bild 11).
Wichtig für möglichst aussagekräftige UV-B-Messungen bei fabrikneuen Lampen ist das Abwarten einer Einbrenndauer von mindestens 20-30 Stunden; doch selbst danach müssen nach jedem Einschalten bis zur ersten richtigen Messung einige Minuten abgewartet werden, bis im Strahler stabile Brennbedingungen herrschen.
Bild 34: Die Hobby/Dohse-Lampe im „Prüfstand“, hier bereits ohne Reflektor. Wegen der Gefahr des Hitzerückstaus und damit der Beschädigung der Lampe dürfen derart leistungsstarke Produkte nicht schräg, sondern nur in senkrechter Aufhängung eingesetzt werden. Wegen der intensiven Strahlung musste bei den Messungen eine Sonnenbrille getragen werden. Foto: Horst Köhler.
(a) Achtung: Aus Sicherheitsgründen keine Lampe während der ersten Betriebsstunden über Tieren betreiben (bzw. nur mit UV-B-Kontrolle direkt am Tier)
Die Zeit des Einbrennens wurde genutzt, um einige versuchsbegleitende Messungen durchzuführen. Als die UV Sun Lux zum allerersten Mal in der Versuchseinrichtung eingeschaltet wurde, war sie in einen Reflektor mit Porzellan-E27-Gewinde eingeschraubt. Es wurde zunächst ein gleich bleibender Bestrahlungsabstand von lediglich 17,6 cm zwischen Unterseite Strahler und dem Sensor des Radiometers eingestellt. Bis zur Oberfläche des Messtisches waren es 49 cm.
Hier Angaben aus den Aufzeichnungen: unmittelbar, d.h. 3 Sekunden nach der ersten Inbetriebsetzung des neuen Strahlers betrug die angezeigte UV-B-Intensität nur 70 µW/cm2, stieg dann aber innerhalb der nachfolgenden 5 Minuten kontinuierlich bis auf 1.000 µW/cm2 an, schwankte nach insgesamt 40 Betriebsminuten zwischen 950 und 1.000 µW/cm2, um dann innerhalb der nächsten 3 ½ Betriebsstunden unerwartet auf ein Level von nur noch 300 µW/cm2 abzufallen. Dies zeigt deutlich, dass derart leistungsstarke Lampen in den ersten Stunden nicht über Tieren eingeschaltet werden dürfen: unter Umständen sehr ernsthafte Verbrennungen des Carapax oder Verblitzungen der Augen wären die Folge. Die Hersteller solcher Produkte werden in diesem Zusammenhang aufgefordert, unmissverständlich auf den Verpackungen und in den Gebrauchsanleitungen anzugeben, ob ihre wattstarken Lampen bereits eine ausreichende Einbrennzeit absolviert haben oder nicht.
(b) Achtung: starke Licht- und Wärmeentwicklung
Derartige UV-Strahler entwickeln hohe Temperaturen, was beim Einsatz vor allem in geschlossenen Terrarien, aber auch in oben offenen Gehegen zu beachten ist (Temperaturkontrolle !). So habe ich während der Einbrennphase außen am Reflektor eine Temperatur von 90 °C gemessen, die etwa 6 cm aus dem Blech-Reflektor herausragende Lampe hatte unten am Glaskörper eine Temperatur von mindestens 240 °C (um den ultra-schnellen Sensor meines Thermoelement-Messgerätes zu schonen, wartete ich den Beharrungszustand nicht ganz ab). Beim Betrieb über Schildkröten ist also darauf zu achten, dass die Lampe stabil aufgehängt ist und auch bei evtl. Erschütterungen nicht auf die Tiere herabfallen kann. Ein Berührungsschutz ist nach meiner Einschätzung bei dieser Lampe nicht unbedingt erforderlich (es sei denn, man möchte Verbrennungen bei einer ins Terrarium fallenden heißen Lampe ausschließen), da sie bei den relativ großen einzuhaltenden Abständen zum Tier auch dann nicht von den Schildkröten erreicht werden kann, wenn zwei Tiere aufeinanderklettern.
Die eigentlichen UV-B-Strahlungsmessungen erfolgten sodann ohne Reflektor nach Ablauf von 30 Stunden Einbrennzeit (Bild 34). Bei Dauerbetrieb lagen die Temperaturen an der Keramikfassung bei 70 °C.
Die Ergebnisse sind in Bild 35 darstellt. Wie der Grafik zu entnehmen ist, liegen die von mir gemessenen UV-B-Emissionen um ein Mehrfaches unter den auf der Verpackung aufgedruckten Werten und auch immer noch deutlich unter den im Hobby-Firmenkatalog angegebenen niedrigeren Intensitäten; sie sind jedoch im Vergleich zu meinen Erfahrungen mit anderen 160-W-Lampen auf dem Markt plausibel. Hier ein Beispiel für 45 cm Bestrahlungsabstand:
Angabe auf der Produktverpackung bzw. in der Gebrauchsanweisung: 1.865 µW/cm2
Angabe Hobby-Firmenprospekt: 842 µW/cm2
Messung Köhler (Mai 2010): 200 µW/cm2
Bild 35: UV-B-Emission der 160-W-Lampe von Hobby/Dohse als Funktion des Bestrahlungsabstandes, ermittelt nach 30-stündiger Einbrennzeit. Die Messungen wurden jeweils zwei Mal wiederholt; die eingezeichneten Kreuze stellen die Mittelwerte aus den drei Messungen dar.
Für die Landschildkrötenversorgung mit UV-B bedeutet dies, dass eine noch wenig gebrauchte Lampe UV Sun Lux mindestens 50 - 60 cm über dem Tier befestigt sein muss; selbst dann liegen die Intensitäten auch im äußeren Strahlungsbereich des Lichtkegels immer noch über den auftretenden Mittelwerten in der Natur. Hat sich die UV-B-Stärke nach einigen Hundert Betriebsstunden verringert, kann der Abstand auf ca. 40 cm verkürzt werden.
Da die Lampe 17,2 cm lang ist, die Höhe der Fassung hinzu addiert werden muss und eine Höhe der Schildkröten (mit Sicherheitsabstand) von 15 cm über dem Boden berücksichtigt werden muss, bedeutet dies, dass dieses Produkt nicht für geschlossene Schildkröten-Terrarien verwendet werden kann, die weniger als 90 cm hoch sind.
In der Gebrauchsanweisung des Hobby-Flächenstrahlers werden folgende Angaben über die Abnahme der UV-B-Intensität mit zunehmendem Alter der Lampe gemacht:
nach 200 Betriebsstunden: über 25 %
nach 1.000 Betriebsstunden: über 75 %.
Die Lampe (unter dem neuen Namen UV Reptile vital im Handel) kostet im Zoogeschäft etwa 50 Euro. Weitere leistungsgleiche bzw. -ähnliche UV-Spezialstrahler sind (Auswahl):
Power Sun UV, Zoo Med, 70 Euro (160 W)
Solar UV-Spot plus, JBL, 66,50 Euro
Bright Sun Ultra Desert (150 W), Lucky Reptile, 60 Euro
D3 UV Basking Lampe, Arcadia, 55 Euro
Replux UV Heat D3, Namiba Terra,
(Die hier angegebenen Zoohandels-Preise für die verschiedenen Produkte stammen von Februar 2011 und können nur Indikationen sein; je nach Geschäft sind die Verkaufspreise einzelner Produkte teilweise auch günstiger.)
Ein Teil der oben aufgeführten UV-Lampen sind Quecksilberdampf-Strahler. Sie geben kein kontinuierliches Spektrum wie die Sonne ab, sondern ein so genanntes Linienspektrum, wie es z.B. bereits in Bild 7 gezeigt wird. Die (wenig oder gar nicht bekannten) Nachteile daraus werden in Kapitel 6.5.5. am Beispiel der Osram-Lampe Ultra-Vitalux ausführlich besprochen.
6.5.4 UV-B-Kurzzeit-Intensivbestrahlung, ja oder nein?
Die folgenden Anmerkungen betreffen nicht nur die in Abschnitt 6.5.3 besprochene Lampe von Hobby/Dohse, sondern alle anderen Produkte in diesem Leistungsbereich, erst recht die 300-W-Strahler (siehe nachstehender Abschnitt 6.5.5).
In den Gebrauchsanweisungen von starken UV-Bestrahlungslampen, aber auch im Fachschrifttum und in den Internet-Foren, wird die tägliche UV-B-Kurzzeitbestrahlung favorisiert. Man geht dabei von der - unbewiesenen - Annahme aus, dass es für das Tier keine Rolle spielt, ob es längere Zeit einer niedrigen Strahlungsintensität ausgesetzt ist oder nur kurze Zeit bei entsprechend hoher Intensität (bei beiden Szenarien wäre die Dosis die gleiche). Auch der Hersteller der UV Sun Lux berechnet in seiner Gebrauchsanweisung die Zeitdauer, die ein Tier zu bestrahlen ist, damit sich etwa die gleiche Bestrahlungsdosis wie im natürlichen Biotop ergibt. Die Berechnung mit dem Ergebnis von etwa 14 Minuten Einwirkzeit täglich ist allerdings falsch, da von nicht zutreffenden Randbedingungen ausgegangen wird.
Wir nehmen deshalb als Beispiel von der von mir gemessenen UV-B-Tagesdosis einer maurischen Landschildkröte an der Türkischen Riviera an einem sonnigen Tag Ende Mai/Anfang Juni von ca. 240 µWh/cm2 an (siehe Bild 23). Bestrahlt die UV-Lampe das (direkt unter ihr sitzende) Tier im Terrarium aus einem Abstand von 50 cm, ist die wirksame Intensität der neuen Lampe (nach 30 Betriebsstunden) nach Bild 35 etwa 150 µW/cm2. Dies bedeutet, dass diese Intensität am Tier 240 µWh/cm2 : 150 µW/cm2
= 1,6 Stunden täglich
einwirken muss, um auf die gleiche Dosis wie in der Natur zu kommen. Die so ermittelte Bestrahlungsdauer gilt aber nur dann, wenn die Schildkröte die gesamte Zeit direkt unterhalb des Strahlers verweilt. Für Tiere, die am Rand des Strahlungskegels sitzen, gilt ungefähr die doppelte Zeitdauer, also ca. 3,2 Stunden je Tag. Hat die Lampe einmal mehrere Hunderte von Brennstunden hinter sich, verlängern sich die Bestrahlungszeiten zusätzlich.
Läuft dies in der Natur so ab? Nein, denn selbst 3 oder 4 Stunden UV-B-Bestrahlung am Tag im Schildkröten-Innengehege entspricht meist nicht dem Vorgang in der Natur. Südeuropäische Landschildkröten „tanken“ zunächst in den frühen Morgenstunden UV-B, wenn sie sich nach ihrer Nachtruhe außerhalb ihrer Verstecke an der freien Sonne aufwärmen. In dieser Zeit ist die UV-B-Strahlung durch den flachen Sonneneinfallswinkel noch gering, gut zu sehen z.B. in Bild 17. Den anderen Teil der Tagesdosis „holen“ sich die Tiere eher zufällig, wenn sie tagsüber auf Futtersuche gehen und dabei immer wieder kurzzeitig, etwa wenige Minuten lang, der Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, siehe z.B. Bild 24 und 26. Selbst während ihrer Mittagsruhe zur heißesten Tageszeit im Sommer im schattigen Versteck scheint die Sonne ab und zu auf die Haut von Kopf und Extremitäten, dann nämlich, wenn der Wind das schützende Gras oder Gebüsch über den Schildkröten hin- und her bewegt und dann die Sonnenstrahlung jeweils für einige Sekunden durchlässt.
Fazit: Die solare UV-B-Aufnahme durch wild lebende Schildkröten ist kein Kurzzeitprozess bei relativ starker Strahlung, sondern ein Langzeitprozess unter der Einwirkung von relativ geringen Strahlungsintensitäten. Ich halte daher die oft empfohlene Praxis, Schildkröten unter starken Lampen regelmäßig für kurze Zeitabschnitte zu bestrahlen, für artwidrig und falsch (siehe auch Kapitel 6.5.5). Das durchaus nicht seltene Vorgehen, die Tiere für die Dauer dieser kurzen Extrembestrahlung in einen Karton zu setzen, damit sie immer direkt unter der Lampe sind und "keine Strahlung verlorengeht", ist für mich sogar Tierquälerei. Eine Landschildkröte muss im Terrarium jederzeit die Möglichkeit haben, den Strahlungskegel einer Wärme- oder UV-Lampe verlassen zu können.
Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die an einem sonnigen und heißen Spätfrühjahrstag ermittelte Tagesdosis von 240 µWh/cm2 aus unserem Zahlenbeispiel nicht jeden Tag gleich ist: im Hochsommer ist sie an heißen Tagen höher, in den Monaten März und April bzw. September und Oktober jedoch geringer. An regnerischen bzw. wolkenbehangenen Tagen ist die am Boden ankommende UV-B-Strahlung sehr gering, aber mit entsprechenden Messgeräten immer noch nachweisbar.
Aus all diesen Beobachtungen sieht eine artgerechte UV-B-Versorgung unserer Landschildkröten in nicht zu großen Innengehegen für mich so aus, dass eine Wärmelampe für Helligkeit und Wärme sorgt und eine UV-Kompaktlampe mit z.B. 23 W Leistungsaufnahme die UV-B-Versorgung für die Tiere abdeckt (siehe Bild 27). Beide Lampen brennen ganztägig. Um Regentage und wolkenverhangenen Himmel im Terrarium entsprechend zu simulieren, kann die UV-Lampe an ein oder zwei Tagen in der Woche ausgeschaltet bleiben.
Was den elektrischen Energieverbrauch betrifft, schneidet die UV-Kompaktleuchte mit z.B. 23 W Leistungsaufnahme beim Ganztagesbetrieb (z.B. 7 Stunden) besser ab als eine 160-W-Strahler, die täglich nur 2 Stunden eingeschaltet ist: der Kompaktstrahler verbraucht am Tag 161Wh, der 160-W-Strahler in 2 Stunden aber 320 Wh.
6.5.5 ReptileUV Zoo Mega-Ray von Westron mit 60 und 100 W und Ultra-Vitalux von Osram (baugleich mit Radium Sanolux UV-Lampe) mit 300 W
Wie in Kapitel 6.1 (Abschnitt: Der Trick mit den Prozenten) schon ausgesagt ist, ist es nicht zwangsläufig so, dass UV-Strahler mit höherer Leistungsaufnahme eine intensivere UV-B-Strahlung emittieren als solche mit geringerer elektrischer Leistung. Ein gutes Beispiel dafür sind die beiden ultra-starken Quecksilberdampf“brenner“ ReptileUV Zoo Mega-Ray („Mega-Ray“), die es in den beiden Leistungsausführungen 60 W (mit externem Vorschaltgerät) bzw. 100 W (mit integriertem Vorschaltgerät) mit jeweils gleicher UV-B-Abgabe gibt und die vor allem in Deutschland sehr beliebte Osram-Bräunungslampe Ultra-Vitalux mit 300 W Leistung. Erstere wurde ausschließlich für den Einsatz in sehr großen Reptiliengehegen von Zoos entwickelt und liefert beispielsweise bei 65 cm Bestrahlungsabstand direkt unter der Lampe immer noch eine maximale UV-B-Intensität von 490 µW/cm2, der wattstärkere Osram-Strahler beim gleichen Abstand dagegen „nur“ 210 µW/cm2. Beide Messwerte wurden mit dem Solarmeter Model 6.2UVB (280-320 nm) mit neuen Lampen nach jeweils etwa 90 Stunden Einbrennzeit gemessen. Beide Strahlungsintensitäten liegen deutlich über dem UV-B-Tagesdurchschnitt an einem typischen Sommertag in den natürlichen Vorkommensgebieten der europäischen Landschildkröten, vgl. die Kapitel 5.2 und 5.3, insbesondere Bild 17 sowie die Tabelle 4. Die Gefahr einer UV-B-Überversorgung von Landschildkröten mit möglichen Carapaxschäden ist daher nicht gerade gering (Bidmon 2011, Köhler 2011), insbesondere dann, wenn in einem zu kleinen Terrarium keine UV-B-freie Fläche mehr existiert, weil die UV-Lampe die gesamte Bodenfläche bestrahlt.
Ultra-starke UV-Strahler auch im Dauerbetrieb, aber …
Im Gegensatz zur zumindest in Deutschland üblichen Kurzzeitbestrahlung von Landschildkröten mit sehr starken UV-Strahlern können solche Produkte durchaus auch im Ganztagsbetrieb verwendet werden, müssen dann aber entsprechend hoch über den Tieren aufgehängt werden. Dazu einige Angaben für neue Strahler nach erfolgtem Einbrennen (d.h. nach etwa 100 Stunden): bei Abständen bis zu etwa 1,8 m bestrahlt die „Mega-Ray“ am Boden eine Kreisfläche von immerhin 0,45 m2 und die Ultra-Vitalux dagegen eine erheblich größere kreisförmige Fläche von 2,15 m2 (Baines, 2011). Die „Mega-Ray“ liefert also einen schärfer gebündelten Lichtstrahl als die Ultra-Vitalux, was aber bei der Haltung von mehreren Schildkröten kein Vorteil ist, weil immer nur ein Tier direkt unter dem Strahler sitzen kann. Selbst bei diesen großen Bestrahlungsabständen treten mit 20 µW/cm2 („Mega-Ray“) bzw. 10 µW/cm2 (Ultra-Vitalux) auch noch in den Randzonen dieser „Lichtzylinder“ UV-B-Intensitäten auf, die nicht sehr weit von den von mir gemessenen Tagesdurchschnittswerten im Mikrohabitat der südeuropäischen Schildkröten-Vorkommensgebiete im Sommer bei klarem Himmel entfernt sind (siehe z.B. Bild 17). Im Zentrum des Strahls und vor allem näher an der Lampe sind die Intensitäten natürlich höher. So misst man bei der Ultra-Vitalux unter der Lampe z.B. UV-B-Intensitäten um 50 µW/cm2, wenn man den Bestrahlungsabstand zum Tier von 1,8 m auf 1,3 m verkürzt.
Nach einigen Tausend Betriebsstunden sind die entstehenden UV-B-„Lichtzylinder“ beider Strahler im Durchmesser deutlich kleiner und die Linien höherer UV-B-Intensitäten wandern noch näher zur Lampe. Hier als Beispiel Angaben für die Osram-Lampe nach 3.600 Betriebsstunden: in 1,8 m Entfernung erzeugt dieser Strahler am Boden einen merklich kleineren Leuchtkreis von nur noch 0,40 m2 Fläche, innerhalb dem die UV-B-Stärke noch 10 µW/cm2 beträgt. Während bei einer neuen Osram-Lampe die im vorigen Absatz als Beispiel gewählte UV-B-Intensität von 50 µW/cm2 in 1,3 m Abstand direkt unter der Lampe gemessen wird, tritt diese UV-B-Stärke nach 3.600 Betriebsstunden nur noch in 0,8 m Entfernung vom Lampenboden auf.
Ein Ganztagsbetrieb dieser ultra-starken UV-Lampen in Landschildkröten-Gehegen wäre also prinzipiell durchaus möglich, doch zeigen die Zahlenwerte, dass es ohne den Einsatz eines Breitband-Radiometers unmöglich ist, die bei den Schildkröten ankommende UV-B-Intensität in Abhängigkeit des Alters der Lampe auch nur grob abzuschätzen. Um bei den genannten Zahlen zu bleiben: wer seine – gebrauchte – Osram-Lampe in 0,8 m Höhe über den Schildkröten aufhängt, weil er eine UV-B-Stärke von etwa 50 µW/cm2 anstrebt, muss wissen, dass die gleiche Lampe im Neuzustand beim gleichen Abstand etwa das Doppelte, also ca. 100 µW/cm2, an Strahlung in Bodennähe erzeugt. Das bedeutet aber bei täglich sieben- oder achtstündigem Betrieb eine unter Umständen gesundheitsgefährdende UV-B-Überdosierung.
Ganz abgesehen davon ist es jedoch angesichts der Energieknappheit und der immer weiter steigenden Energiekosten nach meiner Auffassung im hohen Maße unwirtschaftlich, 300-Watt-UV-Lampen aus großem Abstand zu betreiben und dadurch wertvolle Energie zu verschwenden. Mit zwei UV-Kompaktstrahlern von je 23 oder 26 Watt Leistung, in geringerem Abstand über den Tieren angebracht, wird das gleiche Ergebnis wesentlich sinnvoller realisiert.
Da der „Mega-Ray“-Strahler wegen seiner enorm hohen Abgabe von UV-B-Strahlung von privaten Schildkrötenhaltern (zum Glück !) kaum verwendet wird und angeblich seitens des Herstellers ohnehin nur an Zoos, Herpetologen und allenfalls an fortgeschrittene Terrarianer mit Besitz eines Breitband-Radiometers abgegeben werden darf, möchte ich im Folgenden als Beispiel für die Gruppe sehr starker UV-Brenner ausführlicher auf die Osram Ultra-Vitalux eingehen. Laut Osram erzeugt sie mit Hilfe eines Quarzbrenners mit einer Wolframdraht-Glühwendel ein „sonnenähnliches Strahlungsgemisch“. Doch sieht man sich in einem Spektrogramm den UV-B-Bereich des Spektrums genauer an, kann zumindest für diesen Abschnitt in keinem Fall von einem sonnenähnlichem Strahlungsgemisch gesprochen werden (siehe Erläuterungen weiter unten).
Die Osram-Bräunungslampe (sie wurde übrigens nicht für terraristrische Zwecke entwickelt) ist baugleich mit dem Produkt Radium Sanolux 300, bei deutschen Terrarianern sehr populär und kostet im Zoofachhandel etwa 60 Euro (Preisstand Frühjahr 2011). Dagegen ist die Ultra-Vitalux beispielsweise in England bisher weitaus weniger im Einsatz.
Es ist in der Schildkrötenpflege zurzeit gängige Praxis, den Osram-Strahler - in Anlehnung an seine eigentliche Verwendung z.B. in Solarien - aus 0,7 bis 1,2 m Abstand über den Tieren im Kurzzeitbetrieb einzusetzen, beginnend mit einer Beleuchtungsdauer von 5 Minuten täglich mit langsamen Steigerungen bis zu 45 oder 60 Minuten je Tag. Ich selbst halte diese Praxis allerdings für wenig artgerecht. Von Tierquälerei würde ich sogar dann sprechen, wenn die zu bestrahlenden Schildkröten für die Dauer dieser UV-B-Beleuchtung in eine Schachtel direkt unter die Lampe gesetzt werden ("damit keine Energie verlorengeht"), die dann natürlich keine Möglichkeit haben, den intensiven Strahlungsbereich zu verlassen (siehe oben). Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass die Tiere in ihren Heimatgebieten sich - vermutlich unbewusst - vor einer überstarken UV-B-Bestrahlung dadurch schützen, dass sie hohe Umgebungstemperaturen, vorzugsweise in den sommerlichen Mittagsstunden, durch Aufsuchen ihrer Verstecke im schattigen Dickicht meiden. Genau zu diesen Zeiten erreicht nämlich die UV-B-Stärke in der Sonnenstrahlung ihr Tages-Maximum.
Weiteres zur UV-B-Strahlungsleistung der Ultra-Vitalux
Wenig bekannt ist, dass eine noch fabrikneue Osram-Lampe nach ihrem allerersten Einschalten kurzzeitig extrem hohe UV-B-Peaks erzeugt, die erst nach mehreren Dutzend Stunden Betrieb auf (fast) gleich bleibende Werte sinken (genau genommen nimmt die UV-B-Strahlung auch danach noch mit zunehmender Brenndauer ab, auch wenn dies in kürzeren Zeitabständen von z.B. mehreren Wochen kaum messbar ist). Daher ist zu empfehlen, dieses Produkt (und mögliche andere leistungsstarke Quecksilberdampfstrahler) sicherheitshalber die ersten sechs bis acht Tage noch nicht über Landschildkröten einzusetzen. Die Peaks sind bekannterweise umso höher, je kürzer der Bestrahlungsabstand ist, wie folgende Werte veranschaulichen (Baines, 2011, gemessen mit dem amerikanischen Solarmeter Model 6.2UVB / 280-320 nm):
Bestrahlungsabstand = 35 cm:
Beim 1. Einschalten: 1.000 µW/cm2; nach 90 Betriebsstunden: nur noch 700 µW/cm2
Bestrahlungsabstand = 61 cm:
Beim 1. Einschalten: 360 µW/cm2; nach 90 Betriebsstunden: nur noch 250 µW/cm2
Bestrahlungsabstand = 82 cm:
Beim 1. Einschalten: 210 µW/cm2; nach 90 Betriebsstunden: nur noch 150 µW/cm2
Dies entspricht einer UV-B-Strahlungsabnahme von ungefähr 30 % innerhalb einer doch sehr kurzen Zeit von lediglich 90 Stunden. Nach dieser Einbrennphase erfolgt die Intensitätsabnahme allerdings deutlich verlangsamt, wie folgende Zahlen für 51 cm Bestrahlungsabstand zeigen:
nach 105 Betriebsstunden: 350 µW/cm2
nach 3.600 Betriebsstunden: 140 µW/cm2.
Da die im Mikrohabitat der Landschildkröten vorhandene mittlere UV-B-Stärke deutlich geringer ist die der Osram-Lampe, selbst noch nach mehreren Tausend Stunden, besteht zu einer Auswechslung des Strahlers schon nach einem Jahr kein Anlass. Osram selbst gibt die Lebensdauer seines Produktes mit nur etwa 1.000 Stunden an und nennt für eine neue Lampe bei 50 cm Bestrahlungsabstand eine UV-B-Intensität von rund 280 µW/cm2 . Nach 700 Stunden Betrieb soll die Intensität auf etwa 200 µW/cm2 gesunken sein (gemessen mit einem deutschen Spektralradiometer 280-315 nm; Osram, 2007).
Es muss an dieser Stelle nochmals daran erinnert werden (siehe Kapitel 4.1 und 4.2), dass Messwerte von Labor-Spektralradiometern nicht mit Messungen verglichen werden dürfen, die mit einfacheren Breitband-Handradiometern erzielt wurden und dass sich auch unterschiedliche rechte Grenzen des gescannten UV-B-Bereiches der Messgeräte (320 nm gemäß USA-Definition bzw. 315 nm Wellenlänge gemäß europäischer Definition) auf das Messergebnis auswirken.
Bild 36 zeigt das typische Spektrum einer 300-Watt-Ultra-Vitalux nach 109 Betriebsstunden und aus 30 cm Abstand, basierend auf Messungen von Frances Baines mit einem Spektralradiometer USB2000 von Ocean Optics Inc. (Baines, 2008).
Bild 36: Spektrogramm der UV-Strahlung der Ultra-Vitalux von Osram zwischen 280 und 400 nm Wellenlänge. Im Gegensatz zum kontinuierlichen Sonnenspektrum liefert dieser Quecksilberdampfstrahler in diesem Bereich lediglich fünf mehr oder weniger deutliche Intensitätsmaxima (Peaks), davon drei im eigentlichen UV-B-Wellenlängenbereich von 280 bis 315 bzw. 320 nm. Die mit Abstand intensivste Strahlung erzeugt die Osram-Lampe nicht im UV-B-Bereich, sondern außerhalb davon bei 362 bis 370 nm Wellenlänge, also mitten im UV-A-Bereich des elektromagnetischen Spektrums. Da durch die rechte UV-B-Bereichsgrenze nach europäischer Definition (= 315 nm) ein Teil des UV-BV-Peaks bei 313 nm „abgeschnitten“ wird, zeigt ein amerikanisches Spektrometer (scannt den Bereich bis 320 nm) zwangsläufig etwas höhere UV-B-Werte als ein europäisches, was für den Laien meist verwirrend ist (ich möchte daher auf meine Ausführungen in den Kapiteln 4.1 und 4.2 verweisen).
Der UV-B-Integralwert für den Wellenlängenbereich 280-320 nm errechnet sich aus Bild 36 zu 610 µW/cm2, der für 280-315 nm zu nur 580 µW/cm2. Der Grund für diese Differenz ist, dass der bei 313 nm Wellenlänge auftretende Peak bei europäischen Messinstrumenten quasi teilweise „abgeschnitten“ wird. Der Unterschied ist zwar in diesem Fall mit nur 5 % relativ gering und damit vernachlässigbar, doch würde die Ultra-Vitalux ihre Intensitätsspitze nicht bei 313 nm, sondern beispielsweise nur wenig rechts daneben, bei 316 nm Wellenlänge haben, wäre er größer.
Erheblich größer ist die Differenz, wenn der UV-B-Wert nicht mit einem Spektrometer, sondern mit einem Breitbandradiometer-Handgerät ermittelt wird. Er ergab sich für die gleiche Osram-Lampe bei gleich eingestelltem Bestrahlungsabstand (30 cm) und genau gleichem Alter (109 Stunden) zu 930 µW/cm2 (Solarmeter Model 6.2UVB / 280-320 nm; Baines, 2007). Hier beträgt der Unterschied rund 50 %! Der Grund dafür wurde an früherer Stelle in dieser Artikelserie bereits genannt: Breitband-Radiometer sind für das Licht von Leuchtstoffröhren mit ihrem sonnenähnlichen Strahlungsgemisch kalibriert und nicht für Quecksilberdampfstrahler wie die Osram-Lampe (und weitere ähnlich gebaute Strahler) mit einem Lichtgemisch, das im hier interessierenden Wellenlängen-Bereich nur sehr wenig sonnenähnlich ist. Außerdem haben Breitband-Radiometer und Spektrometer konstruktionsbedingt unterschiedliche Sensortypen, Gesichtsfeldwinkel usw., was alles Auswirkungen auf das Messergebnis hat.
Gerne schieben einige Hersteller von UV-Lampen in Unkenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge die auftretenden Messwert-Abweichungen dem angeblich „ungenauen Scan-Modus der billigen Breitband-Radiometer“ zu. Breitband-Radiometer sind aber weder „Billiginstrumente“, noch messen sie ungenau. Aber bei Freilandmessungen und auch bei allen UV-Lampen, die ein sonnenähnliches Spektrum emittieren, sind sie "unschlagbar" und dem Schildkröten-Liebhaber eine große Hilfe (Bild 37 und 38). Nur muss man eben die Grenzen der handlichen Geräte wissen: eine UV-B-Intensität von z.B. 50 µW/cm2 im freien Schildkröten-Mikrohabitat gemessen ist in Bezug auf die Vitamin D3-Synthese nun einmal nicht das Gleiche wie 50 µW/cm2 unter einem Quecksilber-Dampfstrahler wie der „Mega-Ray“ oder der Ultra-Vitalux! Dennoch kann man die handlichen Geräte außer im Freien sinnvoll auch bei UV-Strahlern einsetzen: deren Leistungsabnahme lässt sich nämlich im Laufe der Jahre sehr gut mit einem Breitband-Radiometer überwachen.
Bild 37: Im Freiland, wie hier auf einer äquatornahen Riesenschildkröten-Insel, ist das leicht transportierbare und zu bedienende Breitband-Radiometer (hier in meiner linken Hand) ein ideales Werkzeug, wenn man sich einen Überblick darüber verschaffen möchte, welchen UV-B-Intensitäten sich Schildkröten an unterschiedlichen Standorten, in verschiedenen Habitaten und zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten aussetzen. Das Instrument, das kaum größer als eine Zigarrettenschachtel ist, ist jedoch leider nicht dazu geeignet, die UV-B-Strahlung der Sonne mit der von Lampen zu vergleichen bzw. umgekehrt (es sei denn, die UV-Lampe erzeugt ein stark sonnenähnliches Strahlungsgemisch); ebenso ist ein wertender Vergleich der Strahlung verschiedener Lampen untereinander unmöglich. Das Foto entstand im März 2011.
Nun wird vielleicht auch verständlicher, was schon an anderer Stelle dieser Abhandlung festgestellt wurde: ohne Nennung des verwendeten Messgeräte-Typs (Hersteller, Bauart, Sensortyp usw.) und dessen rechter UV-B-Bereichsgrenze (entweder 320 oder 315 nm) sowie dem Alter der vermessenen Lampe und dem Bestrahlungsabstand sind veröffentlichte oder auf der Lampenverpackung abgedruckte UV-B-Messwerte, auch in der Einheit µW/cm2, völlig nutzlos und unbrauchbar und stiften nur Verwirrung.
Noch ein Unterschied zur Sonnenstrahlung, und zwar ein sehr wichtiger
Aus Bild 36 geht hervor, dass bei der Osram-Lampe (ebenso wie bei anderen Quecksilber-Dampfstrahlern) ein bestimmter Teil ihrer UV-B-Strahlung im kurzwelligen UV-B-Bereich erzeugt wird. Demgegenüber hat jedoch das Spektrum der Sonne im UV-B-Bereich, was z.B. aus den Abbildungen 3, 4 und 8 zu ersehen ist, eine ganz andere Charakteristik: bei niederen Wellenlängen im Spektrum, also ganz links, gibt die Sonne kaum UV-B ab, zur rechten Bereichsgrenze hin nimmt aber die natürliche UV-B-Strahlung kontinuierlich zu (Baines, 2009a).
Dies bedeutet aber, dass der photobiologische Effekt beim Einsatz von Quecksilber-Dampfstrahlern wie der Osram-Lampe deutlich stärker ist als in der Natur durch die Sonne, selbst dann, wenn man im Freien mit einem UV-Breitband-Radiometer den gleichen UV-B-Integralwert als unter dem Strahler messen sollte. Ein bestimmter, mit dem Radiometer festgestellter Messwert sagt weder automatisch aus, ob eine Quecksilber-Dampflampe Haut- und Augenschäden bei den Schildkröten hervorruft, noch ob überhaupt eine ausreichende Vitamin D3-Bildung stattfindet. Daher nochmals: 50 µW/cm2 an der Sonne ist nicht das Gleiche wie 50 µW/cm2 unter einem Quecksilber-Dampfstrahler.
Leider werden diese Zusammenhänge im Fachschrifttum nicht kommuniziert und sind deswegen den Terrarianern weitgehend unbekannt.
Bild 38: Eine UV-B-Intensität von 25 µW/cm2, wie hier im März 2011 mit einem Breitband-Radiometer in einer im Freien stehenden Unterbringungswanne mit einigen Schlüpflingen des Autors gemessen, ist typisch auch für das bevorzugte, versteckt gelegene Mikrohabitat frei lebender Schlüpflinge. Denn 25 µW/cm2 unter der Sonne im Wohnort Friedberg des Autors ist identisch mit 25 µW/cm2 in den griechischen oder türkischen Vorkommensgebieten derartiger Jungtiere. Diese werden sich freiwillig nie UV-B-Stärken von 200 oder 300 µW/cm² oder noch mehr aussetzen. Bild 37 und 38 vom Autor.
Es ist der Anteil der UV-B-Strahlung bei den niedrigeren Wellenlängen, exakter formuliert unterhalb von 305 nm, der maßgebend dafür ist, wie naturähnlich ein UV-Strahler wirkt. Doch wie soll der Schildkröten-Liebhaber, der in den seltensten Fällen Besitzer eines (teuren) Labor-Spektrometers ist, feststellen, ob ein Strahler die UV-B-Peaks an der richtigen Stelle im UV-B-Bereich hat oder nicht? Denn von den Anbietern der UV-Speziallampen wird er derartige Auskünfte kaum bekommen (noch weniger von den überforderten Verkäufern im Zoogeschäft), wie ich selbst wiederholt feststellen musste.
Immerhin gibt es aber einen Ausweg aus dieser alles andere als zufrieden stellenden Situation: der internationale Markt bietet nämlich ein weiteres Handmessgerät (z.B. das Solarmeter 6.5UVB), das die Stelle dieser natürlichen bzw. künstlichen Strahlung im UV-B-Bereich erfasst und als so genannten UV-Index anzeigt. Dieser UV-Index muss eher als Sonnenbrand-Index angesehen werden: sonnt sich der Mensch an der Sonne, besteht bei einem UV-Index bis 1,0 kein Sonnenbrandrisiko, bei 2-4 ein geringes, bei 4-8 ein hohes und bei einem UV-Index über 8 ein sehr hohes. Kombiniert man nun die Messwerte eines UV-B-Radiometers und die eines UV-Index-Meters, lassen sich Aussagen über die Qualität der UV-B-Strahlung einer Lampe im Vergleich zur Sonne tätigen. Dies erfordert allerdings den Einsatz beider Messinstrumente gleichzeitig.
Ich versuche, die Zusammenhänge etwas vereinfacht darzulegen: misst man im natürlichen Sonnenlicht, so gehört zu einer natürlichen UV-B-Intensität von z.B. 50 µW/cm2 ein UV-Index von 1,5, zu 100 µW/cm2 gehört ein UV-Index von etwa 2,0 und zu 170 µW/cm2 ein Index von etwa 3,0. In Äquatornähe habe ich schon am späten Vormittag im Sommer und an wolkenlosen Tagen in der freien Sonne oft sehr hohe Werte von 400 µW/cm2 gemessen (siehe Kapitel 5.2); dazu gehört ein extrem hoher UV-Index von 10,2. Dies ist quasi die „Vorgabe der Natur“. Aber denken wir daran, dass sich die europäischen Landschildkröten in ihren natürlichen Lebensgebieten beim morgendlichen Aufwärmen zwar kurzzeitig durchaus UV-B-Werten von 100 und auch 170 µW/cm2, mitunter sogar auch mehr, aussetzen, Intensitäten um 400 µW/cm2 aber in der Regel nicht. Das heißt, analog zu den von mir festgestellten mittleren UV-B-Tagesstärken um selten mehr als 50 µW/cm2 im Mikrohabitat frei lebender europäischer Landschildkröten sollte eine gute UV-B-Schildkrötenlampe bei dieser Intensität einen UV-Index um 1,5, höchstens aber 2,0 haben.
Misst man nun sowohl die UV-B-Intensität als auch den UV-Index der Osram-Lampe Ultra-Vitalux, ergeben sich im Vergleich zu den gerade erwähnten Werten folgende Paarungen:
50 µW/cm2 → UV-Index = ca. 3,7
100 µW/cm2 → UV-Index = ca. 7,3
170 µW/cm2 → UV-Index = ca. 12,2
400 µW/cm2 → UV-Index = ca. 28,4
Das Ergebnis dürfte für die meisten Leser sehr überraschend sein: denn bezüglich ihrer photobiologischen Wirkung ist das UV-B-Strahlungsgemisch der Osram-Bräunungslampe bei gleicher UV-B-Intensität nahezu drei Mal so stark wie die des Sonnenlichtes im Mikrohabitat der (europäischen) Landschildkröten. Noch krasser ist der Unterschied dann, wenn mit höherer Intensität als im natürlichen Lebensraum bestrahlt wird: wer seine neue Osram-Lampe so aufhängt, dass eine Intensität von 400 µW/cm2 auf die Haut einer Schildkröte wirkt, indiziert im Vergleich zur natürlichen Situation sogar den 14-fachen photobiologischen Effekt, auch wenn diese Art der Bestrahlung täglich nur 30 Minuten andauert. Es muss davon ausgegangen werden, dass dies eine schädigende Wirkung auf das Tier hat.
Da fast jeder UV-Strahler ein anderes Strahlungsgemisch emittiert und seine UV-B-Spitzen bei unterschiedlichen Wellenlängen hat, sind die hier für die Osram-Lampe angegebenen Angaben für UV-B-Intensität und UV-Index nicht auf andere Lampen übertragbar. Dies bedeutet, dass für jede bereits auf dem Markt befindliche bzw. neu eingeführte UV-Lampe in umfangreichen Messserien die UV-B-Intensität und der zugehörige UV-Index ermittelt werden müsste, wenn man feststellen möchte, wie ähnlich die UV-B-Strahlung des Produktes im Vergleich zur Sonne ist. Dies ist aber eine Aufgabe, die für Privatpersonen angesichts des immer umfangreicher werdenden Gesamtangebotes an Strahlern mit einem untragbar hohen finanziellen und Zeitaufwand verbunden wäre.
In einer Gleichung ausgedrückt sieht der Zusammenhang zwischen beiden Größen für die Osram Ultra-Vitalux wie folgt aus:
UV-Index = 0,0704 x UV-B-Intensität (µW/cm2) + 0,2435
Ein Zahlenbeispiel: es wird unter einer Osram-Lampe am Boden eine UV-B-Intensität von 200 µW/cm2 gemessen. Wie hoch ist der UV-Index und wie ist die Bewertung dieser Zahl?
Lösung: UV-Index = 0,0704 x 200 + 0,2435 = 14,08 + 0,2435 = 14,32
Geht man davon aus, dass wild lebende Landschildkröten in ihren Vorkommensgebieten eine durchschnittliche UV-B-Tages-Intensität von rund 50 µW/cm2 erhalten, bewirkt die Osram-Lampe in der angenommenen Situation im Vergleich zur Sonnenstrahlung einen photobiologischen Effekt vom nahezu Zehnfachen.
Umgekehrt lässt sich durch Umstellen der Gleichung für jeden gewünschten UV-Index die dazugehörige UV-B-Intensität der Osram-Lampe errechnen, die man dann durch entsprechende Wahl des Bestrahlungsabstandes einstellen kann.
Beispiel: Gewünscht wird ein naturähnlicher UV-Index von 1,5. Welche UV-B-Intensität muss die Osram-Lampe dazu liefern?
UV-B-Intensität = (UV-Index – 0,2435) : 0,0704 =
= (1,5 – 0,2435) : 0,0704 = 17,8 µW/cm2.
Dazu müsste die Ultra-Vitalux fast 2,5 m über den Schildkröten aufgehängt werden, was schon rein bautechnisch (Raumhöhe) gar nicht möglich ist …Und auch das Thema Energieverschwendung soll hier nicht nochmals strapaziert werden.
Aus den genannten Gründen halte ich den Einsatz der ultra-starken Ultra-Vitalux und ähnlicher Strahaler, im Gegensatz zu zahlreichen anders lautenden Meinungen in den Foren, zumindest in normalen, d.h. kleineren Schildkröten-Innengehegen für nicht sinnvoll: es können sehr leicht folgenschwere Bestrahlungsfehler gemacht werden.
Für jeden anderen UV-Strahler lassen sich bei Kenntnis von UV-B-Stärke und UV-Index ähnlich aufgebaute mathematische Beziehungen aufstellen.
Da trotz der beschriebenen Nachteile der Osram-Lampe bei der Schildkröten-Haltung viele Schildkrötenbesitzer dieses Produkt in Unkenntnis der exakten Zusammenhänge verwenden, seien nachfolgend noch einige ca.-Werte der UV-B-Intensität in Abhängigkeit der Bestrahlungsentfernung zum Tier angegeben (Baines, 2011; gemessen mit Solarmeter Model 6.2UVB). Die Messwerte gelten für eine gebrauchte Lampe nach 105 Betriebsstunden; diese Betriebsdauer ist erreicht, wenn der Strahler zum Beispiel ein Jahr lang täglich für 17 Minuten eingeschaltet ist.
30 cm 950 µW/cm²
50 cm 365 µW/cm²
70 cm 200 µW/cm²
90 cm 130 µW/cm²
7. Schlussbemerkung des Autors
Dieser Artikel, in vielen Folgen zwischen Anfang 2008 und dem 12. Mai 2011 verfasst und auf diese Website hochgeladen, ist mit etwa dem Umfang einer Broschüre wesentlich länger ausgefallen als ursprünglich geplant. Ich hoffe, dass die Ziele, etwas Transparenz in das bisher „undurchsichtige“ Kapitel der UV-B-Bestrahlung von Landschildkröten zu bringen und aufzuzeigen, warum die Materie für Laien sehr kompliziert ist und zu beschreiben, auf was es bei der UV-B-Versorgung unserer Lieblinge wirklich ankommt, weitgehend gelungen ist. Die Materie selbst ist in der Tat nicht einfach zu verstehen und es kann durchaus sein, dass Sie, lieber Leser, die Ausarbeitung mehrmals durcharbeiten müssen, um sie voll nützen zu können.
Als Käufer einer UV-Speziallampe ist man nach wie vor auf korrekte und vollständige technische Informationen der Hersteller angewiesen. In der Vergangenheit waren die jedoch oft falsch und lückenhaft. Doch hier hat sich in den letzten drei Jahren erfreulicherweise einiges zum Besseren gewendet: mehr und mehr werden zum Produkt tatsächliche UV-B-Intensitäten in der Einheit µW/cm2 in Abhängigkeit des Bestrahlungsabstandes genannt. Doch leider bleibt beispielsweise oft nach wie vor offen, ob diese Werte für eine fabrikneue Lampe gelten oder für eine eingebrannte Lampe nach z.B. etwa 100 Betriebsstunden. Es fehlen auch Angaben, wie sich die UV-B-Abgabe nach z.B. 1.000 oder 2.000 Stunden ändert. Andererseits setzt sich - endlich - immer mehr auch die Ansicht durch, dass sich die UV-B-Abgabe eines UV-Strahlers für die Landschildkrötenpflege nicht mit der der Sonne am Äquator, im Sommer, zur Mittagszeit und bei wolkenlosem Himmel messen muss.
Leider stimmen jedoch Angaben in den Gebrauchsanleitungen vielfach immer noch nicht mit den tatsächlichen Leistungen überein. So findet sich z.B. für die 26-Watt-UV-Kompaktlampe Reptisun 10.0 UVB Desert von Zoo Med auf der Gebrauchsanleitung der Hinweis, die Lampe während ihres Einbrennens 33 bis 46 cm über dem zu bestrahlenden Tier aufzuhängen, danach nur noch in 23 bis 33 cm Abstand, ohne dass dafür Zahlen für die jeweils vorhandene UV-B-Intensität genannt werden. Mit einer im Mai 2011 erworbenen Lampe kontrollierte ich diese Aussage nach 70 Betriebsstunden: bei 40 cm Bestrahlungsabstand war die UV-B-Stärke fast Null, bei 35 cm Abstand gerade mal 5 μW/cm². Der Strahler muss also tiefer als angegeben aufgehängt werden, sonst ist er wirkungslos.
Doch einige Zusammenhänge sind wohl den Herstellern bzw. Vertreibern, erst Recht den Verkäufern in den Zoogeschäften, nach wie vor weitgehend unbekannt. So z.B. die Erkenntnis, dass bei einer Landschildkröte, die im Freien unter 100 µW/cm2 Sonnenlicht döst, die gleiche Vitamin D3-Bildung auslöst wird wie wenn sie z.B. unter einer Leuchtstoffröhre des Typs Zoo Med Reptisun 5.0 mit ihrem sehr sonnenähnlichem Strahlungsgemisch bei ebenfalls 100 µW/cm2 sitzt, während 100 µW/cm2 unter einem Quecksilber-Dampfstrahler wie der „Mega Ray“ dem Äquivalent von mindestens 200 µW/cm2 unter der Sonne entspricht (weil der UV-Index von Sonne und „Mega-Ray“ grundverschieden ist).
Machen Sie den Verkäufer von UV-Speziallampen, deren Zahl langsam unüberschaubar wird (wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei angeblich „neuen“ Produkten nur die Verpackung neu ist …), auf solche Zusammenhänge aufmerksam. Bestehen Sie darauf, dass Ihre berechtigten Fragen zur Beantwortung an die Vertreiber bzw. Produkthersteller weitergeleitet werden, schließlich geht es um das Wohlbefinden Ihrer wertvollen Pfleglinge. Denn je mehr nachgefragt wird, desto eher fühlen sich die Hersteller dazu gezwungen, ihre Bedienungsanleitungen weiter zu verbessern, zu berichtigen und zu vervollständigen. Schließlich sind sie es, die beim Kauf ihrer Produkte verdienen – und nicht etwa der Autor dieser Ausarbeitung.
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Baines Frances (2007): pers. Mitteilung, Email 20.11.
Baines Frances (2007a): pers. Mitteilung, Email 21.12.
Baines Frances (2008): pers. Mitteilung, Email 25.11.
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Baines Frances (2009a): pers. Mitteilung, Email 11.1.
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Obige Ausarbeitung entstand in mehreren Schritten zwischen Anfang 2008 und dem 12. Mai 2011.
Letzte Änderung erfolgt am 8. Feburar 2012.