von Horst Köhler, Friedberg
Einleitung: Was haushaltsnahe Dienstleistungen sind
So mancher Schildkrötenbesitzer steht bei seinem bevorstehenden Urlaub vor der Frage, wer sein Tier (seine Tiere) während seiner Abwesenheit füttert und betreut und, wenn dabei Kosten entstehen, ob diese sogenannte begünstigte haushaltsnahe Dienstleistungen gemäß § 35 a EStG sind oder nicht. Falls ja, könnte der Besitzer (die Besitzerin) in der Steuererklärung die Aufwendungen für die Betreuung als haushaltsnahe Dienstleistung geltend machen.
Die Finanzbehörden sind generell sehr skeptisch und prüfen genau, wenn Steuerpflichtige die Ausgaben für Heimtiere steuerlich geltend machen. Dies merken auch gewerblich tätige Schildkrötenzüchter, vor allem dann, wenn die Ausgaben (Energiekosten, Anzeigenkosten, Futterkosten, Tierarztkosten, anteilige Steuerberatungskosten usw.) über mehrere Jahre hinweg höher sind als die erzielten Einnahmen (Verkauf von Elterntieren, Verkauf von Nachzuchten usw). Die Finanzämter sprechen dann von „Liebhaberei“, die nicht steuerbegünstigt ist.
Demzufolge waren bis etwa Mitte des letzten Jahres (2016) nach Auffassung der Finanzverwaltung Tierbetreuungs-, pflege- und -arztkosten keine begünstigten haushaltsnahe Dienstleistungen. Aufgrund von Einsprüchen mehrerer Steuerpflichtiger haben sich in neuerer Zeit mindestens zwei deutsche Finanzgerichte gegen diese Auffassung ausgesprochen. Haushaltsnahe Dienstleistungen, so wurde argumentiert, sind auch solche, die normalerweise durch Mitglieder der Familie selbst erledigt werden. Dazu gehört eben auch die Versorgung von z.B. Katze oder Hund mit Wasser, Futter und die sonstige Beschäftigung mit ihnen. Erweitert werden kann dies auch auf andere Haustiere, wie Zierfische, Reptilien oder Vögel.
Also gilt: Wenn Fremdleistungen infolge einer Urlaubsabwesenheit im Haus (bzw. der Wohnung) selbst, zu dem auch der Garten zählt, erbracht werden, sind die Kosten daraus gemäß § 35 a EStG begünstigt. Diese Begünstigung ist jedoch, was für sämtliche haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse sowie Dienst- und Handwerkerleistungen gilt, nur auf die Arbeits- und Fahrtkosten beschränkt. Erkrankt das Tier während der Abwesenheit seines Besitzers und wird ein Tierarztbesuch notwendig, können nur die Fahrtkosten dorthin und die reinen Arbeitskosten des Tierarztes abgesetzt werden, nicht aber die verabreichten oder verschriebenen Medikamente.
Eine Gruppe von fünf Spornschildkröten (Centrochelys sulcata) unterschiedlichen Alters im Freien, mit Sepiaschalen als Futterzusatz. Bild: Bob Nosbusch, Luxembourg
Am 9. November 2016 erließ das Bundesministerium für Finanzen (BMF) aufgrund von verschiedenen Urteilen des Bundesfinanzhofes (BFH) ein Schreiben „Erweiterung der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen“ und änderte damit gleichzeitig die bisherige strenge Regelung der Finanzbehörden. Denn in diesem Schreiben lautete einer der Punkte wie folgt:
„Wer seine Haustiere zu Hause versorgen und betreuen lässt, wird in Zukunft auch von dem Steuervorteil des § 35 a EStG profitieren, da Tätigkeiten wie das Füttern, die Fellpflege, das Ausführen und die sonstige Beschäftigung des Tieres als haushaltsnahe Dienstleistung anerkannt werden können.“
Voraussetzungen
Wer die Kosten für die Urlaubsbetreuung seiner Schildkröte (Hund, Katze usw.) steuerlich geltend machen will, muss folgende Punkte beachten:
- Das Tier (die Tiere) muss (müssen) privat gehalten werden.
- Sie müssen im Haushalt des Steuerpflichtigen, also in der Wohnung und/oder im Garten, betreut werden.
- Der Betreuer sollte idealerweise ein Gewerbe angemeldet haben, also ein professioneller Dienstleister sein. Sollten zuhause gebliebene Kinder oder ein Rentner aus der Nachbarschaft die Tierpflege übernehmen, empfiehlt sich eine Rücksprache beim zuständigen Finanzamt. Doch vor allem, wenn das Entgelt nicht zu steuerpflichtigen Einkünften beim Empfänger führt, kann von einer haushaltsnahen Dienstleistung ausgegangen werden
- Die Rechnung darf nicht bar bezahlt werden. Sie muss detailliert nach den verrichteten Arbeiten ausgeführt sein (siehe nächster Absatz).
- Steuerbegünstigt sind nur die Fahrt- und Arbeitskosten, nicht also Aufwendungen für Futter, Medikamente usw.
Was wird anerkannt?
Bei der Urlaubspflege von Landschildkröten durch einen Beauftragten werden nach der geänderten Vorschrift die Kosten für folgende Arbeiten steuerlich anerkannt, z.B.:
- An- und Abfahrt
- Versorgung der Schildkröte mit Futter und Wasser – im Haushalt des Besitzers (Achtung: eine etwaige vorübergehende Unterbringung in einer Tierpension ist keine haushaltsnahe Dienstleistung)
- Reinigung des Terrariums bzw. der Freianlage, z.B. von Kotausscheidungen, regelmäßiges Anfeuchten des Substrates
- Arbeiten am Schildkröten-Schutzhaus im Freien (Öffnen des Daches bei schönem Wetter am Morgen, Schließen bei Regen/Hagel, evtl. Sichern der Eingangsöffnung am Abend zur Vermeidung des Eindringens von Mardern und Ratten, Öffnen des Einganges am Morgen, Funktionskontrolle etwaiger Bestrahlungslampen)
- Untersuchung des Freigeländes (Terrariums) nach abgesetzten Gelegen
- Befindet sich die Schildkröte während des Urlaubs ihres Besitzers in der Wohnung: tägliche Kontrolle der Zeitschaltuhr(en) für das Ein- und Ausschalten der Bestrahlungslampen (Wärme, Licht, UVB).
Wichtig ist, dass als haushaltsnahe Dienstleistung nur 20 % des Rechnungsbetrages des Betreuers direkt von der Steuer absetzbar sind, und zwar maximal 4.000 € jährlich für alle angefallenen haushaltsnahen Aufwendungen zusammen (d.h. maximale Summe aller Rechnungsträge = 20.000 €). Berechnet ein Betreuer für die im obigen Absatz aufgelisteten Betreuungsarbeiten incl. Fahrtkosten für einen 14-tägigen Einsatz beispielsweise 20 € täglich, sind
14 x 20 = 280 €
in Zeile 72 des Hauptformulars der Einkommensteuererklärung einzutragen; die tarifliche Einkommensteuer ermäßigt sich in diesem Fall um
280 x 0,2 = 56 €.
Die Entscheidung, ob ein Schildkrötenbesitzer die während seiner Urlaubszeit angefallenen Ausgaben eines beauftragten Betreuers angesichts der meist nur überschaubaren Vergünstigung steuerlich geltend macht oder nicht, muss der Steuerpflichtige selbst treffen. Unter Umständen ist es für ihn günstiger, gegen ein geringes Entgelt einen Nachbarn nach vorheriger Einweisung mit der täglichen Aufsicht und Pflege seines Tieres zu beauftragen.
Dieser Beitrag wurde am 29. Mai 2017 online gestellt.